
Sicherheit im Verein – Die neue Norm DIN TS 79183
Was Vereine zur Inspektion von Sportanlagen und Sportgeräten wissen müssen
25.03.2025 • 5 min Lesezeit
Definition und Bedeutung der DIN TS 79183
Die DIN TS 79183 ist die erste Technische Spezifikation, die klare Vorgaben dazu macht, wie und wann Sportanlagen, Sportgeräte, Sportschutzausrüstungen und Ausstattungen inspiziert werden müssen. Sie stellt damit einen wichtigen Meilenstein in der Normierung der Prüfung von Sportstätten dar.
Eine Technische Spezifikation (TS) wird erstellt, wenn eine vollständige Normierung noch nicht möglich ist. So wird es der Öffentlichkeit ermöglicht, frühzeitig auf Normungsergebnisse zuzugreifen und praktische Erfahrungen mit den Vorgaben zu sammeln. Jede TS wird nach den Grundsätzen und Regeln der Normungsarbeit entwickelt und alle drei Jahre überprüft.
Als Vorstufe zu einer vollständigen DIN-Norm dient die neue Technische Spezifikation DIN TS 79183 als Leitlinie zur Anwendung, ist jedoch noch nicht genauso verbindlich wie eine DIN-Norm. Nach einer Erprobungsphase kann sie als vollständige Norm übernommen oder gegebenenfalls angepasst werden. Sie definiert aber bereits jetzt einheitliche Anforderungen für die Inspektion von Sportanlagen, Sportgeräten und Sportschutzausrüstungen. Dadurch hilft sie Betreibern von Sportstätten wie z. B. Vereinen und Kommunen, ein sicheres Umfeld für Sportler und Mitglieder zu gewährleisten.
Sportstätten, Sportgeräte und Sportanlagen strukturiert überprüfen
Sicherheit ist im Sport essenziell. Defekte Sportgeräte oder unzureichend gewartete Sportanlagen können zu schweren Unfällen führen. Vereine, Kommunen oder private Betreiber sind als Verantwortliche für die Verkehrssicherheit ihrer Sportstätten gesetzlich verpflichtet, Inspektionen durchzuführen und entsprechende Maßnahmen zu ergreifen.
Bisher fehlte jedoch eine einheitliche Norm, die genau vorgibt, wie, in welchen Intervallen und mit welchen Prüfkriterien Sportstätten, Sportgeräte und Schutzausrüstungen inspiziert werden müssen. Lediglich für den Schulbereich gab es bisher schon in der „DGUV Information 202-044 Sportstätten und Sportgeräte“ Hinweise zur Sicherheit und Prüfung. Die DIN TS 79183 wurde entwickelt, um Hinweise auch für andere Träger von Sportstätten, insbesondere für Sportvereine mit eigenen Anlagen, zu geben. Sie bietet eine verlässliche Orientierung für alle Verantwortlichen und hilft, die Verkehrssicherungspflicht rechtskonform zu erfüllen, Haftungsrisiken zu minimieren und die Sicherheit im Sport nachhaltig zu verbessern.
Die DIN TS 79183 richtet sich somit insbesondere an:
- Sportvereine und deren Vorstände, die für die Sicherheit der Sportstätten und Geräte verantwortlich sind
- Kommunen und Schulträger, die öffentliche Sportstätten betreiben und unterhalten
- Schulen und Bildungseinrichtungen, die Sportgeräte und -anlagen regelmäßig nutzen
- Betreiber privater Sportstätten, wie Fitnessstudios oder Kletterhallen
- Hersteller und Händler von Sportgeräten, um Inspektionsanforderungen bereits in der Produktentwicklung zu berücksichtigen
- Sportverbände und Versicherungen, um Sicherheitsstandards zu etablieren und Haftungsrisiken zu minimieren
Die Verkehrssicherungspflicht und die Pflicht der Verantwortlichen
Die Verkehrssicherungspflicht ist die gesetzliche Verpflichtung, Gefahrenquellen zu vermeiden, die Dritte schädigen könnten. Im Vereinskontext bedeutet das:
- Regelmäßige Prüfung von Sportgeräten: Sportgeräte müssen regelmäßig geprüft werden, um Unfälle durch Materialermüdung oder Defekte zu verhindern.
- Sicherheit der Sportanlagen: Sportanlagen müssen sicher sein, um das Risiko für Verletzungen zu minimieren.
- Dokumentation: Eine sorgfältige Dokumentation ist erforderlich, um im Schadensfall nachweisen zu können, dass alle Sicherheitsmaßnahmen eingehalten wurden.
Ein Verein, der dieser Pflicht nicht nachkommt, kann für Schäden haftbar gemacht werden – mit möglicherweise weitreichenden rechtlichen und finanziellen Konsequenzen.
Die Zuständigkeit für die Verkehrssicherungspflicht hängt davon ab, wer als Betreiber der Sportstätte fungiert. In vielen Fällen sind Kommunen oder Vereine die Betreiber und tragen somit die Verkehrssicherungspflicht. Allerdings kann diese Pflicht auch bei kommunalen Sportstätten durch entsprechende vertragliche Vereinbarungen auf den Verein übertragen werden. Auch in solchen Fällen ist der Vereinsvorstand dann gemäß §26 BGB verantwortlich für die Erfüllung der Verkehrssicherungspflicht. Obwohl der Vorstand auch Aufgaben delegieren kann, bleibt die Gesamtverantwortung dennoch bei ihm. Daher ist es essenziell, die Zuständigkeiten klar zu definieren und schriftlich festzuhalten, um sicherzustellen, dass regelmäßige Prüfungen und Wartungen ordnungsgemäß durchgeführt werden.
Was regelt die Norm konkret?
Die DIN TS 79183 definiert Inspektionsarten, -häufigkeit und -anforderungen für folgende Bereiche:
- Sportanlagen (z. B. Sporthallen, Sportplätze, Kletterhallen)
- Sportgeräte (z. B. Turngeräte, Tore, Fitnessgeräte)
- Sportschutzausrüstungen (z. B. Matten, Polsterungen)
- Ausstattung (z. B. Bänke mit Kleiderhaken in den Umkleidekabinen, Ballfangnetze)
Inspektionsarten und Häufigkeit
- Visuelle Inspektion: Vor jeder Nutzung durch Trainer oder verantwortliche Personen. Hierbei werden offensichtliche Mängel wie lockere Schrauben, beschädigte Polster oder Stolperfallen identifiziert.
- Operative Inspektion: In festen Zeitintervallen (z. B. monatlich oder quartalsweise) durch geschulte Vereinsmitarbeitende. Dabei werden nicht nur offensichtliche Mängel geprüft, sondern auch Funktionsprüfungen durchgeführt, um die Sicherheit und Gebrauchstauglichkeit zu gewährleisten.
- Hauptinspektion: Mindestens jährlich durch sachkundige oder befähigte Personen zur umfassenden Sicherheitsüberprüfung. Diese Inspektion erfordert eine detaillierte Analyse aller relevanten Aspekte, darunter auch statische Belastbarkeit, Materialermüdung und Korrosion.
Darüber hinaus enthält die DIN TS 79183 detaillierte Vorgaben zur Dokumentation der Inspektionen, um sicherzustellen, dass Vereine ihre Prüfpflichten ordnungsgemäß nachweisen können. Protokolle, Checklisten und Berichte sind essenziell, um im Schadensfall rechtlich abgesichert zu sein.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Qualifikation der Prüfenden. Während visuelle und operative Inspektionen von entsprechend qualifizierten Vereinsmitarbeitenden durchgeführt werden können, erfordert die Hauptinspektion spezialisierte Fachkenntnisse. In vielen Fällen ist die Beauftragung externer Sachverständiger sinnvoll, um eine fachgerechte Bewertung zu gewährleisten.
Zusätzlich definiert die Norm Empfehlungen für Maßnahmen bei festgestellten Mängeln. Dazu gehören beispielsweise sofortige Stilllegung und Reparatur bei sicherheitskritischen Defekten sowie präventive Wartungsmaßnahmen zur Verlängerung der Lebensdauer der Sportgeräte und -anlagen.
Die DIN TS 79183 auf den Punkt gebracht
Sicherheit von Sportstätten ist kein Zufall – sie erfordert eine klare Struktur und konsequente Umsetzung. Die DIN TS 79183 stellt den aktuellen Stand der Technik dar und bietet eine verlässliche Grundlage, um die Verkehrssicherungspflicht zu erfüllen und Unfälle zu vermeiden. Damit die Norm effektiv in den Vereinsalltag integriert werden kann, sollten Vereine die folgenden Maßnahmen beachten:
1. Zuständigkeiten im Verein klären
Damit die Inspektionen reibungslos ablaufen, müssen klare Verantwortlichkeiten festgelegt werden:
- Wer trägt die Verantwortung? Der Vereinsvorstand ist laut DIN TS 79183 für die Durchführung regelmäßiger Inspektionen zuständig. Die Aufgaben können zwar delegiert werden, aber die rechtliche Verantwortung bleibt beim Vorstand.
- Wer darf Inspektionen durchführen? Je nach Inspektionsart (visuelle, operative oder Hauptinspektion) sind unterschiedliche Qualifikationen erforderlich.
- Gefahren frühzeitig erkennen: Übungsleiter und Sportler sollten wissen, welche Risiken es gibt und wie sie diese melden können.
2. Prüfintervalle definieren
Damit alle Sportanlagen und -geräte regelmäßig überprüft werden, sollten klare Intervalle festgelegt werden:
- Wie oft müssen Inspektionen durchgeführt werden? Die Norm unterscheidet zwischen verschiedenen Prüfarten mit unterschiedlichen Zeitabständen (z. B. tägliche Sichtkontrollen vs. jährliche Hauptinspektionen).
- Welche Vorgaben sind verbindlich? Viele Hersteller geben spezifische Inspektionsintervalle vor – diese sollten unbedingt in die Vereinsplanung übernommen werden.
3. Schulungen anbieten
Ein geschultes Team ist die beste Grundlage für sichere Sportanlagen:
- Braucht es Schulungen? Oft ist es sinnvoll, externe Fachkräfte hinzuzuziehen oder Vereinsmitarbeitende qualifizieren zu lassen, um die Verantwortlichen bestmöglich vorzubereiten. Bei größeren Vereinen sind auch vereinsinterne Schulungen denkbar.
- Bewusstsein schaffen: Trainer und Vereinsverantwortliche sollten verstehen, warum regelmäßige Prüfungen wichtig sind.
- Qualifizierung: Personen, die Sichtprüfungen und operative Inspektionen durchführen, sollten unterwiesen bzw. geschult sein. Hauptinspektionen müssen durch sogenannte „befähigte Personen“ durchgeführt werden, die entweder von extern kommen oder im Verein oder der Kommune selbst tätig sind. Für alle genannten Gruppen legt die TS Anforderungen fest.
4. Dokumentation sicherstellen
Eine gründliche Dokumentation schützt den Verein und dient als Nachweis, dass die Inspektionspflicht erfüllt wurde:
- Nachweise führen: Jedes Prüfprotokoll sollte festhalten, wer, wann und was geprüft hat.
- Effiziente Systeme nutzen: Checklisten für visuelle Inspektionen, digitale Tools zur Erfassung von Prüfungen und Wartungen, detaillierte Protokolle für operative und Hauptinspektionen mit Angaben zu Prüfer, Datum und festgestellten Mängeln.
5. Maßnahmen bei Mängeln umsetzen
Wird ein Mangel festgestellt, muss schnell und professionell gehandelt werden:
- Mängel bewerten und Maßnahmen priorisieren: Jede festgestellte Schwachstelle sollte nach Schweregrad eingestuft und entsprechend behandelt werden.
- Sofort handeln: Sicherheitsrelevante Mängel sollten umgehend behoben und betroffene Sportgeräte gesperrt werden.
- Reparaturen fachgerecht ausführen: Falls nötig, sollten entsprechende Fachkräfte für die Instandsetzung hinzugezogen werden.
- Langfristige Lösungen finden: Neben der Beseitigung aktueller Mängel sollten präventive Maßnahmen wie verbesserte Wartungsstrategien oder technische Optimierungen in Betracht gezogen werden.
Konsequenzen bei Nichteinhaltung
Wenn Inspektionen vernachlässigt werden, kann das zivil- und strafrechtliche Folgen haben. Zudem kann der Versicherungsschutz entfallen, falls ein Unfall auf mangelnde Sicherheitsmaßnahmen zurückzuführen ist.
- Zivilrechtliche Haftung: Der Verein kann für entstandene Schäden haftbar gemacht werden.
- Strafrechtliche Konsequenzen: Bei grober Fahrlässigkeit oder Vorsatz kann es zu strafrechtlichen Ermittlungen kommen.
- Versicherungsschutz: Versicherungen könnten Zahlungen verweigern, wenn festgestellte Sicherheitsmängel nicht beseitigt wurden.
Fazit: Sicherheit aktiv gestalten
Die DIN TS 79183 setzt einen neuen Standard für die Sicherheit im Vereinssport und bietet klare Handlungsempfehlungen für Betreiber von Sportstätten. Durch die konsequente Umsetzung der Norm können Vereine:
- Unfälle vermeiden und ein sicheres Umfeld für Sportler schaffen.
- Rechtssicherheit gewährleisten, indem sie ihrer Verkehrssicherungspflicht nachkommen.
- Haftungsrisiken minimieren, indem sie eine lückenlose Dokumentation führen.
- Die Lebensdauer von Sportgeräten und -anlagen verlängern durch gezielte Wartung.
- Den Versicherungsschutz sicherstellen, indem alle Sicherheitsmaßnahmen nachweisbar erfüllt werden.
Vereine sollten die Anforderungen der TS nicht als Pflichtaufgabe, sondern als Chance verstehen. Wer Sicherheit als festen Bestandteil des Vereinsalltags etabliert, handelt nicht nur im Interesse seiner Mitglieder, sondern stärkt auch das Vertrauen von Sportlern, Eltern, Sponsoren und Versicherungen.
Deshalb unser Rat: Setzen Sie sich als Verein frühzeitig mit den Anforderungen der DIN TS 79183 auseinander und erarbeiten Sie ein an die TS angelehntes Sicherheitskonzept für alle Sportstätten, für die Sie die Verkehrssicherungspflicht haben.
Könnte Sie auch interessieren
Sporthallen und Sportplätze modernisieren & sanieren
Für die erfolgreiche Arbeit eines Sportvereins braucht es zeitgemäße Sportstätten. Eine Übersicht zur Instandhaltung und Sanierung von Sporthallen und Sportplätzen.
Häufige Sportverletzungen und wie die PECH-Regel hilft
Verletzungen kommen im Sport immer wieder vor. Hier eine Übersicht über den richtigen Umgang mit ihnen und Tipps zur Vorbeugung.