Wenn der Baum aufs Haus fällt: Fünf Fragen zur Versicherung
Die Folgen von Naturgewalten sind zum Teil beträchtlich: abgedeckte Dächer, verbeulte Autos oder Flutschäden. ARAG Expertin Stephanie Windmann beantwortet Fragen zur Versicherung.
03.12.2024 • 3 min Lesezeit
Wenn der Baum aufs eigene Haus fällt
Ein Sturm tobt, der Wind heult und plötzlich kracht der Baum aus dem Garten aufs Dach. Zum Glück springt in solchen Fällen meist Ihre Gebäudeversicherung ein – vorausgesetzt Sie haben selbst die richtigen Vorkehrungen getroffen.
So sollten Sie die Bäume auf Ihrem Grundstück regelmäßig auf ihre Standfestigkeit überprüfen. Ist der Baum krank oder morsch und wurde das von Ihnen übersehen, kann es sein, dass die Versicherung nicht einspringt. Wenn der Baum trotz guter Pflege fällt, ist das kein Problem und die Versicherung übernimmt den Schaden.
Gut zu wissen: Die meisten Versicherungen zählen umgestürzte Bäume erst ab Windstärke 8 als Sturmschaden. Also werfen Sie lieber rechtzeitig einen Kontrollblick auf die grünen Riesen, das erspart Ihnen späteren Ärger.
Was tun, wenn ein Baum umgestürzt ist?
Ist auf Ihrem oder dem Grundstück des Nachbarn ein Baum umgestürzt? Dann sollten Sie die folgenden Schritte in Betracht ziehen:
- Ruhe bewahren und sicherstellen, dass keine unmittelbare Gefahr für andere Personen besteht (der Baum könnte instabil sein oder unter Spannung stehen).
- Dokumentieren Sie die entstandenen Schäden mit Fotos.
- Informieren Sie Ihre Versicherung über den Vorfall.
- Beauftragen Sie professionelle Hilfe, um den umgefallen Baum oder zu große Äste zu beseitigen.
Ist der Baum auf einer Straße oder in den öffentlichen Raum gefallen, informieren Sie die zuständigen Behörden (z. B. Feuerwehr, Ordnungsamt oder Straßenmeisterei), damit diese die Verkehrssicherheit wiederherstellen.
Gibt es eine Baumversicherung?
Eine spezielle "Baumversicherung" gibt es so nicht. Schäden, die durch Bäume verursacht werden, können jedoch in verschiedenen Versicherungen abgedeckt sein, insbesondere in der Wohngebäudeversicherung.
Baum vom Nachbar fällt auf mein Grundstück: Wer zahlt?
In der Regel gilt: Wenn ein Baum des Nachbarn durch höhere Gewalt (wie einen Sturm) auf Ihr Grundstück fällt und es dadurch zu Schäden kommt, ist Ihre eigene Wohngebäudeversicherung für die Regulierung des Schadens zuständig. Der Nachbar kann nur dann haftbar gemacht werden, wenn er seine Verkehrssicherungspflicht verletzt hat. War der Baum vor dem Sturm gesund und standfest, haftet der Nachbar nicht. War der Baum jedoch bereits morsch oder krank und der Nachbar hat dies trotz erkennbarer Anzeichen nicht behoben, kann er haftbar gemacht werden und muss für den Schaden aufkommen.
Was zahlt eine Wohngebäudeversicherung?
Stephanie Windmann
Jeder Hauseigentümer sollte eine solche Versicherung haben. Die Gebäudeversicherung für Eigentumswohnungen wird in der Regel von der Hausverwaltung abgeschlossen. Die heute übliche Wohngebäudeversicherung deckt alle Sturmschäden am Gebäude ab. Sie schließt ebenfalls Feuer-, Leitungswasser- und Hagelschäden mit ein. Auch Folgeschäden sind meist mitversichert – wenn beispielsweise durch ein abgedecktes Dach Regenwasser ins Haus eindringt und Wände, Decken oder Fliesen beschädigt. Die Versicherung übernimmt die Kosten, die der Eigentümer braucht, um das Haus nach einem Sturm wieder instandzusetzen.
Zahlt die Versicherung jeden durch Wind und Sturm entstandenen Schaden?
Stephanie Windmann
Nein, nur so genannte Sturmschäden werden grundsätzlich von den Gebäude-, Hausrat- und Kaskoversicherungen abgedeckt. Allerdings spricht man bei einem Unwetter erst dann von einem Sturm, wenn mehr als acht Windstärken herrschen, bzw. der Wind eine Geschwindigkeit von über 62 km/h erreicht.
Wer zahlt, wenn ein gesunder Baum ein Nachbarhaus beschädigt?
Stephanie Windmann
Wenn der Schaden durch einen versicherten Sturm verursacht wurde, leistet in aller Regel die Wohngebäudeversicherung des geschädigten Nachbarn (alle Kosten: Reparatur, Abtransport etc.). Diese nimmt dann je nach Fallkonstellation den Schadenverursacher in Regress.
Wie ist die Lage, wenn ein vorgeschädigter Baum ein Gebäude beschädigt?
Stephanie Windmann
Wenn kein versicherter Sturm und/oder eine massive Vorschädigung des Baumes vorlag, kann der Geschädigte sich direkt an den Nachbarn als Schadenverursacher wenden. Auch hier greift entweder dessen Haftpflichtversicherung - dies kann beispielsweise die private Haftpflichtversicherung oder eine Haus- und Grundbesitzerhaftpflichtversicherung sein. Falls der Verursacher keine Haftpflichtversicherung abgeschlossen hat, haftet er sowieso mit seinem Privatvermögen.
Oder ein vorgeschädigter Baum bei leichtem Sturm aufs Eigenheim fällt?
Stephanie Windmann
Wenn ein versicherter Sturm die Schadenursache war, zahlt die eigene Gebäudeversicherung den Schaden. Ein „sturmloses“ Umstürzen eines krankhaften Baums geht zulasten des Hauseigentümers.
Nachträgliche Sturmschäden durch Bäume
23.02.2022
Auch wenn Bäume erst Tage später nach dem Sturm umknicken und dabei Schäden verursachen, muss die Gebäudeversicherung zahlen. Vorausgesetzt natürlich, das Umknicken ist ursächlich auf den Sturm zurückzuführen. In einem konkreten Fall war eine Buche erst sechs Tage nach einem Orkan mit Windstärke 8 und mehr auf das Haus des Klägers gefallen. Die Haftpflichtversicherung des Nachbarn zahlte einen Betrag in Höhe von gut 18.000 Euro zwar sofort, doch als der Kläger seine Gebäudeversicherung mit der Bitte informierte, die weiteren Schäden an anderen Gebäudeteilen zu übernehmen, weigerte sich der Versicherer zunächst mit der Begründung, es liege kein versichertes Ereignis vor. Ein Sachverständiger stellte jedoch fest, dass die Ursache für das Umstürzen des Baumes eindeutig der Sturm war. Also musste die Gebäudeversicherung auch den Schaden am Wintergarten und Sachverständigenkosten erstatten (Oberlandesgericht Hamm, Az.: 6 U 191/15).
Äste dürfen abgeschnitten werden
22.06.2021
Ein Grundstücksnachbar darf überhängende Äste auch dann abschneiden, wenn dadurch das Absterben des Baums oder der Verlust seiner Standfestigkeit droht. Dies hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden. Das Selbsthilferecht aus § 910 BGB könne aber durch naturschutzrechtliche Regelungen eingeschränkt sein (Az.: V ZR 234/19). Sie wollen mehr erfahren? Lesen Sie die dazugehörige Pressemitteilung des BGH.
Versicherung zahlt nicht bei Sturmschäden durch Walnussbaum
14.02.2018
Hauseigentümer haften nicht für Schäden durch Walnussbäume, die über die Grundstücksgrenze des Nachbarn ragen. Der Kläger hatte im konkreten Fall seinen Pkw auf einem Grundstück geparkt, das an das Grundstück des Beklagten grenzt. Auf dem Grundstück des Beklagten stand ein Walnussbaum, dessen Äste circa 1,5 Meter auf das Nachbargrundstück ragten. Der Beklagte hatte diesen Walnussbaum regelmäßig zurückgeschnitten. Der Kläger behauptet, dass durch starke Winde mehrere mit Nüssen behangene Äste von dem Walnussbaum des Beklagten auf das Klägerfahrzeug gefallen seien und dabei mehrere Dellen am Gehäuse, der Motorhaube und dem Dach verursacht hätten. Insgesamt sei ein Sachschaden von circa 3.000 Euro entstanden. Der Kläger meint, der Beklagte hätte dafür sorgen müssen, dass von dem Walnussbaum keine Gefahren ausgehen.
Das aufgerufene Gericht entschied, dass der Kläger im Herbst bei einem Walnussbaum mit dem Herabfallen von Nüssen hätte rechnen müssen. Dies sei eine natürliche Gegebenheit. Anhaltspunkte dafür, dass der Baum krank gewesen sei, habe es nicht gegeben (AG Frankfurt am Main, Az.: 32 C 365/17 (72)). Grundsätzlich sei es auch im Interesse der Allgemeinheit wünschenswert, dass in Städten Nussbäume vorhanden seien; daher müssten die Verkehrsteilnehmer im Herbst damit rechnen, dass Walnussbäume ihre Nüsse verlieren. Wer unter einem Nussbaum parkt, trägt also auch das allgemeine natürliche Lebensrisiko.
Wenn ein Ast aufs Auto kracht
27.07.2017
Eigentümer von Bäumen müssen darauf achten, dass durch die Bäume keine Schäden entstehen. Eine Frau hatte ihr Auto unter einer Rotbuche an einer Wohnanlage geparkt. Dort hatte es ein heruntergefallener Ast beschädigt. Die Frau verlangte, dass die Hausverwaltung den Sachschaden von rund 9.000 Euro übernimmt, weil diese den Baum nicht ausreichend untersucht und überwacht habe.
Ein im Prozess eingeholtes Sachverständigengutachten ergab, dass die Rinde an einer Astgabelung länglich verdickt war, was ein Anzeichen für eine mögliche Instabilität ist. Die Klägerin war der Auffassung, die Hausverwaltung hätte deswegen fachmännischen Rat einholen müssen. Das Gericht wies die Klage ab. Zwar müsse der Eigentümer eines Baumes grundsätzlich dafür Sorge tragen, dass von dem Baum keine Gefahr ausgehe und die Bäume auf seinem Grundstück regelmäßig auf Schäden und Erkrankungen und auf ihre Standfestigkeit untersuchen. Dies gelte in erhöhtem Maße, wenn der Baum im Bereich von Verkehrsflächen stehe und damit potenziell andere Personen gefährde. Privatleute müssten nicht laufend, sondern nur in angemessenen zeitlichen Abständen eine äußere Sichtprüfung durchführen. Vorliegend sei die Instabilität der Rotbuche nur für einen Baumfachmann mit forstwirtschaftlichem Wissen, nicht aber für einen Laien erkennbar gewesen. Der Hausverwaltung sei daher kein Vorwurf zu machen – die Frau müsse daher ihren Schaden selbst tragen (OLG Oldenburg, Az.: 12 U 7/17).
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