Rechtstipps und Urteile
05.09.2013
Keine Kostenübernahme für Gebärdensprachekurs der Eltern
Eltern gehörloser Kinder können vom Sozialhilfeträger nicht die Übernahme der Kosten für das Erlernen der Gebärdensprache verlangen. Die zu gewährenden Leistungen der Eingliederungshilfe umfassen zwar die Unterrichtung des behinderten Kindes selbst, nicht aber die Finanzierung eines Gebärdensprachkurses für dessen Eltern. Im verhandelten Fall leidet die bei ihren Eltern wohnende mehrfach schwerbehinderte Klägerin an einer beidseitigen Schwerhörigkeit, die an Taubheit grenzt. Das siebenjährige Mädchen besucht einen Regelkindergarten und erhält vom Sozialhilfeträger pädagogische und begleitende Hilfen. Für das Erlernen der Gebärdensprache gewährt ihr der Landkreis zudem ein sogenanntes "persönliches Budget" in Höhe von 2.400 Euro monatlich. Um mit ihrer Tochter kommunizieren zu können, lassen sich auch die Eltern in der Gebärdensprache unterrichten. Sie haben hierfür einen Hauslehrer engagiert, der einmal wöchentlich für zwei Stunden anreist und insgesamt 14.250 Euro in Rechnung gestellt hat.
Bislang war ein Großteil der Kosten von einer gemeinnützigen Stiftung übernommen worden; deren Höchstförderdauer ist jedoch zwischenzeitlich ausgeschöpft. Der zuständige Sozialhilfeträger lehnte den Antrag, auch die Kosten für die Unterrichtung der Eltern zu übernehmen, ab. Den Eltern sei es zuzumuten, die Gebärdensprache aus Büchern oder an der Volkshochschule zu erlernen. Das Sozialgericht Heilbronn erklärte jedoch die Ablehnung der Kostenübernahme für rechtswidrig und verurteilte den Landkreis dazu, über den Antrag der Klägerin erneut zu entscheiden. Dem widersprachen nun die Richter des Landessozialgerichts Baden-Württemberg in zweiter Instanz und hoben die Heilbronner Entscheidung auf. Leistungen der Eingliederungshilfe stünden grundsätzlich nur dem behinderten Menschen selbst zu. Ein Anspruch auf Erstattung der Kosten für die Unterrichtung der Eltern ergebe sich hier auch nicht aus dem Grundgesetz, der Europäischen Grundrechtecharta oder dem Behindertenrechtsübereinkommen der Vereinten Nationen, so ARAG Experten (LSG Baden-Württemberg L 7 SO 4642/12).