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15.09.2022

Nach zwei Jahren Corona-bedingter Pause heißt es im September 2022 bereits zum 187sten Mal wieder "O'zapft is!". Bis zum 3. Oktober wird in München geschuhplattelt, geschunkelt, gezuzelt und nicht zuletzt Bier getrunken. Und davon oft mehr, als dem ein oder anderen Wiesn-Besucher guttut. Die ARAG Experten beleuchten das wohl größte Volksfest der Welt von der rechtlichen Seite.

Sicherheit auf der Wiesn

Zahlreiche Ordner werden im Einsatz sein und an den Eingängen intensive Taschenkontrollen durchführen. Die ARAG Experten weisen darauf hin, dass Taschen und Rucksäcke mit einem Fassungsvermögen von mehr als drei Litern und Maßen von über 20 Zentimeter (cm) x 15 cm x 10 cm im Regelfall verboten sind. Rund um das Wiesn-Gelände werden daher auch in diesem Jahr wieder Gepäckaufbewahrungsstationen eingerichtet. Grundsätzlich darf der Veranstalter – in diesem Fall die Landeshauptstadt München – die Taschenkontrolle zur Bedingung machen, wenn sie nicht unverhältnismäßig und überraschend ist.

Verboten sind laut ARAG Experten alle Gegenstände, mit denen geschlagen, gestoßen oder gestochen werden kann, ebenso Gassprühdosen mit schädlichem Inhalt oder Glasflaschen. Auch Behältnisse mit ätzenden oder färbenden Substanzen sind nicht erlaubt.

Safe Space – Aktion „Sichere Wiesn“
Der Safe Space (sicherer Raum) ist ein Angebot für weibliche Festgäste im Falle von Belästigungen, Diebstahl oder wenn der Kontakt zur Gruppe verloren wurde. Hier kann auch ein Taxi bestellt oder der Akku aufgeladen werden. Der Schutzraum befindet sich nach Auskunft der ARAG Experten zwischen der „Wiesnwache“ (Polizei) und der Ersten Hilfe.

Festzelt: Reservierung empfohlen

Trotz des stolzen Maß-Preises lassen sich echte Wiesn-Fans natürlich nicht vom Besuch des Oktoberfestes abhalten und so werden wieder zahlreiche Besucher aus aller Welt erwartet. Zwar wird immer ein Teil der Tische für Spontanbesucher freigehalten, doch wer abends oder in einer größeren Gruppe in eines der Festzelte will, sollte sich so früh wie möglich einen Platz im Lieblingszelt reservieren; eine Reservierung in den Biergärten ist nicht möglich. Auch wenn der Eintritt in die Festzelte kostenlos ist, weisen die ARAG Experten darauf hin, dass in den meisten Zelten ein Mindestverzehr gilt – in der Regel zwei Maß Bier und ein halbes Hendl.

Tischreservierungen müssen immer im jeweiligen Zelt getätigt werden, meist geht das online oder auch telefonisch. Damit soll verhindert werden, dass mit Reservierungen gehandelt wird und sie für ein Vielfaches weiterverkauft werden. Die ARAG Experten verweisen auf einen aktuellen Fall, in dem eine Eventagentur zehn Reservierungen für etwa 400 Euro eingekauft hatte und die Tickets für über 3.000 Euro weiterverkaufen wollte. Die Richter sahen darin einen Wettbewerbsverstoß (Oberlandesgericht München, Az.: 6 U 7831/21).

Paparazzi-Paragraf: Fotografieren verboten

Ein Besuch der Wiesn muss natürlich im Bild festgehalten werden und Fotoaufnahmen von sich und den eigenen Begleitern sind kein Problem. Nicht erlaubt ist laut ARAG Experten hingegen das Fotografieren fremder Personen ohne deren Einverständnis. Das stellt einen Eingriff in die Persönlichkeitsrechte dar und kann sogar laut Strafgesetzbuch (StGB, Paragraf 201a, auch Paparazzi-Paragraf) strafbar sein – etwa, wenn hilflose Personen, die beispielsweise unter Einfluss von Alkohol oder Drogen stehen und mit dem Bild zur Schau gestellt würden, fotografiert werden. Doch nicht nur das Filmen und Fotografieren ist laut ARAG Experten tabu, sondern auch das Verbreiten im Internet. Das Strafmaß beträgt bis zu zwei Jahre Freiheitsentzug.

Sturz(-betrunken) auf der Wiesn

Eine Dame war zum besonders ausgelassenen Schunkeln auf die Sitzbank geklettert. Dummerweise konnte der Gleichgewichtssinn der Feiernden nicht mit ihrem Bewegungsdrang mithalten; die Darbietung endete, wen mag es wundern, mit einem Sturz. Dabei landete sie auf einem anderen Festzeltbesucher, der gerade seinen Maßkrug an die Lippen führen wollte. Dies bezahlte der Unglücksrabe mit einer erheblichen Zahnverletzung. Die folgende Schmerzensgeldforderung mochte die Gestürzte nicht bezahlen. Vielmehr gab sie an, von einer unbekannten dritten Person von der Bierbank gestoßen worden zu sein. Die Richter sprachen dem Geschädigten trotz der plausiblen Ausrede 500 Euro Schmerzensgeld zu. Rempler können im Festzelttrubel nie ganz ausgeschlossen werden, finden auch die ARAG Experten. Daher müssen Besucher darauf gefasst sein, dass sie selbst, aber auch andere, das Gleichgewicht verlieren können (AG München, Az.: 155 C 4107/07).

Hausrecht gilt auch im Festzelt!

Auch bei Gaudi, Maß und Blasmusik dürfen die Sicherheitsmitarbeiter eines Festzeltes zur Durchsetzung des Hausrechts den "Polizeigriff" anwenden! Das erfuhren ein 45-jähriger Mann und seine vier Bekannten. Sie hatten auf dem Münchner Oktoberfest bis 17 Uhr einen Tisch in einem Festzelt reserviert. Danach wurden sie gebeten, den Tisch zu räumen. Dieser Aufforderung kamen die fünf nach, blieben aber trotz mehrfacher Ermahnung des Sicherheitspersonals im Gangbereich des Festzeltes stehen. Schließlich kam es zu verbalen Auseinandersetzungen, in dessen Verlauf der 45-Jährige von einem Sicherheitsmitarbeiter in den "Polizeigriff" genommen und aus dem Festzelt geführt wurde.

Der Mann klagte, denn er erlitt dabei einen Strecksehnenausriss am rechten Ringfinger und musste sechs Wochen lang eine Schiene tragen. Er verlangte vom Beklagten Schmerzensgeld; schließlich sei das Packen und Verdrehen der Arme auf den Rücken unangemessen gewesen. Der Sicherheitsmitarbeiter weigerte sich zu zahlen. Der Gang sei aus Sicherheitsgründen und zur Gewährleistung des ungestörten Arbeitsablaufs der Bedienungen freizuhalten. Man habe dem Kläger, der offensichtlich angetrunken gewesen sei, ein Hausverbot erteilt, weil er trotz mehrfacher Aufforderung nicht gegangen sei. Nachdem er daraufhin immer noch nicht den Gang geräumt, sondern im Gegenteil gepöbelt und beleidigt habe, wurde er mittels "Polizeigriff" entfernt.

Der zuständige Richter wies die Klage ab. Ein Anspruch auf Zahlung eines Schmerzensgeldes bestünde nicht. Der Beklagte sei zur Anwendung des "Polizeigriffes" berechtigt gewesen, erklären ARAG Experten. Es hat eindeutig eine verbotene Eigenmacht seitens des Klägers und seiner Begleiter vorgelegen. Verbotene Eigenmacht bedeute nicht nur ein unerwünschtes Eindringen, sondern auch die Nichtbefolgung einer Aufforderung zum Gehen. Der Sicherheitsmitarbeiter, dem das Hausrecht übertragen worden war, habe daher das Recht gehabt, sich gegen diese Eigenmacht zu wehren (AG München, Az.: 223 C 16529/07).

Autofahrer aufgepasst

In einem Urteil zeigte das Münchner Amtsgericht anlässlich des Oktoberfestes Verständnis für angetrunkene Wiesn-Besucher. Gemäß der Entscheidung müssen Kraftfahrer ihre Fahrweise nämlich an betrunkene Fußgänger anpassen, berichten ARAG Experten. Zu urteilen hatten die nachsichtigen Richter über einen Fall, in dem eine Motorradfahrerin während des Oktoberfestes einen Betrunkenen angefahren hatte, der bei Rot über die Ampel gelaufen war. Der Bikerin wurde eine Mitschuld zugesprochen. Sie habe während des Festes mit derartigen Vorfällen rechnen müssen, so die Richter (AG München, Az.: 331 C 22085/07).

Diese Dinge sind tabu!

Wildpinkeln ist auch auf dem Oktoberfest nicht erlaubt und wird als Ordnungswidrigkeit mit einem Bußgeld von bis zu 100 Euro geahndet. In Maß umgerechnet, wären das etwa acht weitere Gläser Bier – also besser eine der zahlreichen Toiletten aufsuchen. Auch, wenn sie für viele Besucher ein beliebtes Souvenir sind: Maßkrüge gehören der jeweiligen Brauerei und müssen zurückgegeben werden, ansonsten handelt es sich um Diebstahl, der angezeigt wird. Natürlich kann man den Krug auch kaufen, in dem Fall wird laut ARAG Experten eine farbige Plakette am Glas angebracht. Auch der offizielle Oktoberfestkrug kann im Souvenir-Shop für rund 27 Euro käuflich erworben werden.

Unfall bei der Betriebsfeier

Unfälle auf betrieblichen Veranstaltungen sind in der Regel Arbeitsunfälle und daher gesetzlich versichert. Auch der Weg zu oder von einer versicherten Tätigkeit ist als Wegeunfall abgedeckt. Doch gilt das auch für einen Betriebsausflug auf das Münchener Oktoberfest? Nach Auskunft von ARAG Experten ist der Rahmen hierbei recht eng gefasst und es sind bestimmte Voraussetzungen nötig, damit die Unfallversicherung zahlt.

In einem konkreten Fall wurde ein Monteur von seiner Firma bei einer Brauerei eingesetzt, die alle Beschäftigten in ihr Festzelt auf dem Oktoberfest eingeladen hatte. Auf dem Heimweg vom Fest brach er sich den Halswirbel, weil er in alkoholisiertem Zustand gegen einen Strommast prallte. Er beantragte bei seiner Berufsgenossenschaft die Anerkennung als Arbeitsunfall. Immerhin habe der Brauereinachmittag auf dem Oktoberfest der Beziehungspflege zwischen der Firma des Monteurs und der Brauerei als wichtiger Kundin gedient. Zudem war die Teilnahme des Monteurs teilweise während seiner vergüteten Arbeitszeit erfolgt und von seinem Arbeitgeber gebilligt. Doch dies reicht nach Auskunft der ARAG Experten nicht aus. Der Brauereinachmittag sei nicht von der Firma des Klägers, sondern von einer Kundin durchgeführt worden. Es habe sich auch eher um eine Motivationsveranstaltung gehandelt, bei der keine betrieblichen Interessen im Vordergrund standen. Hier ging es um Freizeit und Unterhaltung. Daher wurde der Unfall nicht als Arbeitsunfall gewertet (Sozialgericht Berlin, Az.: S 115 U 309/17).

Nach der Wiesn ins Taxi…

Wer betrunken ein Taxi besteigt, muss damit rechnen, dass er sich eventuell übergeben muss. Grundsätzlich schuldet der Fahrgast dann die Erstattung der Reinigungskosten. Das hat laut ARAG Experten das Amtsgericht München entschieden. In dem Fall eines Gastes des Münchner Oktoberfestes, dem nach der zweiten Maß schlecht wurde, sprachen die Richter dem Taxifahrer allerdings nur Schadensersatz in Höhe der Hälfte der anfallenden Reinigungskosten zu. Denn den Taxifahrer hatte im konkreten Fall ein Mitverschulden getroffen, weil er trotz der Bitte des beklagten Fahrgasts nicht angehalten hatte (AG München, Az.: 271 C 11329/10).

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