Pflegekräfte aus dem Ausland: Das sollten Sie beachten
06.07.2021
Viele Familien benötigen Hilfe bei der Pflege von nahen Angehörigen. Diese Hilfe bekommen sie immer öfter von Männern und Frauen aus Polen und anderen osteuropäischen Staaten der EU. Der Kreis dieser Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wurde in den vergangenen Jahren stetig erweitert. Seit 2015 gilt die volle Arbeitnehmerfreizügigkeit für alle EU-Staaten. Damit können nicht nur Pflegekräfte aus Estland, Lettland, Litauen, Polen, der Slowakei, Slowenien, Tschechien und Ungarn, sondern auch rumänische, bulgarische und kroatische Staatsangehörige ohne weitere Formalitäten in Deutschland arbeiten. Zudem entfielen auch Beschränkungen der Dienstleistungsfreiheit für Unternehmen dieser Staaten, die ihr Personal vorübergehend nach Deutschland entsenden, um hier Aufträge auszuführen. ARAG Experten sagen, was das für Haushalts- und Pflegekräfte aus dem Ausland und ihre deutschen Gastfamilien bedeutet.
Familien, die legal eine Hilfskraft aus der EU vor allem für die häusliche Pflege einstellen möchten, können dies selbst oder über die Vermittlung der Zentralen Auslands- und Fachvermittlung (ZAV) der Bundesagentur für Arbeit tun. Haushaltskräfte aus Staaten außerhalb der EU wie z.B. der Ukraine, Russland, Weißrussland oder Moldau/Moldawien dürfen ohne ein Arbeitsvisum nach wie vor in Deutschland nicht beschäftigt werden. Mehr Infos gibt's bei der Zentralen Auslands- und Fachvermittlung der Arbeitsagentur.
Für die Bezahlung der Haushaltshilfen können Familien, die ihre Angehörigen zu Hause versorgen, das Pflegegeld von der Pflegekasse verwenden. Die Ausgaben für die Haushaltshilfe können außerdem im Rahmen der Einkommensteuererklärung als sogenannte haushaltsnahe Dienstleistung steuerlich abgesetzt werden.
Die Einstellung der Hilfskräfte bringt bestimmte Pflichten mit sich. Familien, die eine Haushaltshilfe beschäftigen, werden zu Arbeitgebern. Sie müssen die Haushaltshilfe bei einer Krankenkasse in Deutschland anmelden und die Sozialversicherungsbeiträge an diese Krankenkasse (die so genannte Einzugsstelle) abführen. Die Einzugsstelle leitet die den Rentenversicherungsträgern und der Bundesagentur für Arbeit zustehenden Anteile weiter. Die Beiträge zur Unfallversicherung werden direkt an die Berufsgenossenschaft gezahlt. ARAG Experten empfehlen auch dringend den Abschluss eines schriftlichen Arbeitsvertrages. In diesem sollten Arbeitszeit, Anzahl der Urlaubstage, Kündigungsfristen und das Arbeitsentgelt vereinbart werden.
Wichtig zu wissen: Auch die Haushaltshilfe aus Osteuropa hat einen Anspruch auf den jeweils gültigen Mindestlohn, der derzeit bei 9,60 Euro pro Stunde liegt, und darf nur innerhalb der Grenzen des Arbeitszeitgesetzes beschäftigt werden. Wer Arbeitgeber wird, benötigt zudem eine Betriebsnummer, die von der Bundesagentur für Arbeit vergeben wird.
Viele Familien scheuen den Aufwand und beschäftigen die Hilfskräfte schwarz. Das ist nicht ungefährlich: Die Haushaltshilfe ist nicht unfall- und krankenversichert. Bei einem Unfall trägt die Familie die Kosten für Arzt, Krankenhausaufenthalt und Arzneimittel. Falls die Behörden feststellen, dass man eine Haushaltshilfe schwarz beschäftigt, drohen Geldbußen und die Nachzahlung der Sozialabgaben. Da in der Regel auch ein Arbeitsvertrag fehlt, sind Arbeitsbedingungen nicht geregelt, die Streitpotential bergen, wie z.B. Arbeitsentgelt, Freistellung bei Krankheit und Urlaub.
Die Beschäftigung einer Haushaltshilfe, die in Deutschland als selbstständige Kraft angemeldet ist, ist ebenso mit gewissen Risiken verbunden. Der Zoll geht in der Regel von einer Scheinselbstständigkeit aus, da die Hilfskraft bei dem Betreuten wohnt und deshalb ihre Arbeit nicht frei bestimmen kann.
Als Alternative zur Festanstellung der Haushaltshilfe kann eine ausländische Firma mit der Vermittlung einer Hilfskraft beauftragt werden. Der Auftraggeber schließt einen Dienstleistungsvertrag mit dieser Firma, die dann eine Hilfskraft zum Auftraggeber schickt. Steuern und Sozialabgaben entrichtet das Unternehmen für die Haushaltshilfe in deren Heimatland. Auch der Haushaltshilfe, die von einer ausländischen Firma nach Deutschland entsandt wird, muss laut einem aktuellen Urteil des Bundesarbeitsgerichts allerdings der in Deutschland geltende Mindestlohn gezahlt werden – und zwar auch für Zeiten, in denen sie nur „Rufbereitschaft“ hat (Az.: AZR 505/20).
Außerdem wichtig: Lassen Sie sich die sogenannte A1-Bescheinigung des ausländischen Sozialversicherungsträgers vorlegen, weil Sie nur so sichergehen können, dass die Hilfskraft nicht schwarz arbeitet.