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02.10.2017

Das Grundgesetz sagt es deutlich in Art. 14 Abs. 2: „Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen“. Darum müssen Gerichte die Gründe, die ein Vermieter für eine sogenannte Verwertungskündigung angibt, sorgfältig prüfen. Dies entschied kürzlich der Bundesgerichtshof (BGH). ARAG Experten erläutern das Urteil.

Der Fall

Konkret ging es um ein Haus in der Innenstadt von St. Blasien im Schwarzwald. Eine Kommanditgesellschaft (KG) hatte das Haus vermietet, kündigte 2015 aber allen Mietern, weil das Haus abgerissen werden sollte. Stattdessen sollte auf dem Grundstück ein Erweiterungsbau für das benachbarte Modehaus entstehen.

Der Vermieter-KG gehörten beide Häuser, das abzureißende Haus hat sie allerdings erst 2015 gekauft. Das Nachbargrundstück mit dem Modehaus ist an eine weitere KG verpachtet. Laut BGH werden die Vermieter-KG und das besagte Modehaus von derselben Geschäftsführerin vertreten, die auch deren jeweils einzige Kommanditistin ist.

Aus dem abzureißenden Haus sollte unter anderem eine Familie ausziehen, die eine 7-Zimmer-Wohnung mit 190 Quadratmetern für 850 Euro pro Monat gemietet hatte. Die Familie wehrte sich gegen die Kündigung. Darauf klagte die Vermieter-KG auf Räumung und Herausgabe der Wohnung. Sie berief sich nicht auf Eigenbedarf, sondern auf eine andere Kündigungsmöglichkeit, die das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) bietet: die sogenannte Verwertungskündigung. Danach kann ein Vermieter seinem Mieter kündigen, wenn ihn die Fortsetzung des Mietverhältnisses an einer „angemessenen wirtschaftlichen Verwertung“ des Grundstückes hindert. Zudem müssen dem Vermieter laut Gesetz ohne die Kündigung „erhebliche Nachteile“ drohen.

Die Richter hatten keinen Zweifel, dass der Neubau des Hauses mit Vermietung an das Modehaus eine sinnvolle wirtschaftliche Verwertung des Grundstückes ist. Umstritten war aber, ob der Vermieter-KG ein „erheblicher Nachteil“ drohte, wenn sie auf dieses Geschäft hätte verzichten müssen.

Das Urteil

Der BGH definierte zunächst einen Rahmen, wann solche „erheblichen Nachteile“ vorliegen können. Demnach kann ein Vermieter seinen Mietern nicht nur kündigen, wenn ihm ansonsten wirtschaftlich existenzielle Gefahr droht. Andererseits genügt es aber noch nicht, dass der Vermieter durch die Verwertungskündigung größtmögliche wirtschaftliche Vorteile erzielen möchte. Denn der Vermieter habe keinen „Anspruch auf Gewinnoptimierung“, erläutert der BGH.

So erklärte der BGH die Kündigung im aktuellen Fall für unwirksam, denn im Kündigungsschreiben seien keine „erheblichen Nachteile“ aufgeführt worden. Zudem können laut Gericht auch nur solche Nachteile berücksichtigt werden, die dem Vermieter selbst entstehen würden. Unabhängig von den persönlichen Verflechtungen sei die das Modehaus betreibende KG aber eine von der Klägerin verschiedene Personengesellschaft.

Die Folgen des Urteils

Mit dem ergangenen Urteil wurden auch die gerichtlichen Vorinstanzen – das Amtsgericht St. Blasien und das Landgericht Waldshut-Tiengen – gerüffelt, die aus Sicht des höchsten deutschen Zivilgerichts die Umstände nicht gründlich genug geprüft hatten. Das Landgericht muss den Fall nun erneut prüfen, so die ARAG Experten (Az.: VIII ZR 243/16).

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