Hinterbliebenenrente – damit die Existenz gesichert ist
28.02.2019
Bei einem Todesfall in der Familie bleiben meist tief trauernde Angehörige zurück. Und gerade jetzt muss vieles geregelt und entschieden werden. Nicht zuletzt, wie es weitergeht – auch finanziell. Mit der Hinterbliebenenrente sollen Rentenansprüche, die der Verstorbene erworben hat, die wirtschaftliche Existenz der Angehörigen sichern.
Nach Auskunft der ARAG Experten gibt es zwei Regelungen für die Witwen- und Witwerrente. Die alte, günstigere Regel gilt, wenn der Ehepartner vor dem 1. Januar 2002 gestorben ist. Oder wenn der Ehepartner nach dem 31. Dezember 2001 gestorben ist, aber die Ehe vor dem 1. Januar 2002 geschlossen wurde und mindestens einer der beiden Ehepartner vor dem 2. Januar 1962 geboren ist. Wer nicht zu diesem Personenkreis gehört, bekommt weniger Rente und muss höhere Anspruchsvoraussetzungen erfüllen. Wer nach dem 1. Januar 2002 geheiratet hat, bekommt die Witwen- und Witwerrente nur noch gezahlt, wenn die Ehe mindestens ein Jahr Bestand hatte, es sei denn, der Verstorbene ist durch einen Unfall ums Leben gekommen.
Grundsätzlich können Hinterbliebene eine Rente beziehen, wenn sie bis zum Tod des Partners verheiratet waren, die Ehe also nicht geschieden oder für nichtig erklärt wurde. Ob man während der Ehe zusammen oder getrennt lebt, ist nach Angaben der ARAG Experten unerheblich. Die Partner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft stehen einer gültigen Ehe gleich. Für verlobte Paare gibt es keine Witwen- und Witwerrente, auch nicht für Paare, die in so genannter wilder Ehe ohne Trauschein zusammenleben oder in Deutschland nur kirchlich getraut wurden. Darüber hinaus muss der Verstorbene eine Mindestversicherungszeit von fünf Jahren erfüllt oder selbst bereits eine Rente bezogen haben.
Wer noch keine 47 Jahre alt, noch nicht erwerbsgemindert ist und keine Kinder erzieht, bekommt die so genannte kleine Witwenrente. Sie beträgt 25 Prozent der Rente, die der verstorbene Ehepartner bekommen hat oder hätte. War der Verstorbene noch keine 65 Jahre alt, wird die Rente um einen Abschlag – je nach Lebensalter zwischen 0,3 und 10,8 Prozent gemindert. Die kleine Witwenrente wird nach neuer Regelung auf zwei Jahre begrenzt. Nach altem Recht ist sie hingegen unbegrenzt.
Hinterbliebene, die das 47. Lebensjahr bereits vollendet haben, bekommen die große Witwenrente. Auch wer erwerbsgemindert, berufs- oder erwerbsunfähig ist oder ein Kind erzieht, das noch nicht 18 Jahre alt ist, bekommt die große Rente. Dabei kann das Kind das eigene sein oder das des Verstorbenen. Unter bestimmten Voraussetzungen zählen nach Auskunft der ARAG Experten auch Stief- oder Pflegekinder, Enkel und Geschwister dazu, die im Haushalt des hinterbliebenen Partners leben. Allerdings gibt es auch bei der großen Witwen- und Witwerrente eine Anhebung der Altersgrenzen von 45 auf 47 Jahre. Sie steigt stufenweise um einen Monat jährlich (ab dem Jahr 2024 um zwei Monate jährlich). Die Anhebung ist vom Todesjahr des Versicherten abhängig und gilt für Todesfälle ab 2012. Ein Beispiel: Hinterbliebene, die ihren Partner 2012 verloren haben, bekommen die große Witwen- und Witwerrente erst, sobald sie 45 Jahre und einen Monat alt sind. Wer 2013 verwitwet ist, musste 45 Jahre und zwei Monate alt sein. Wer 2017 seinen Partner verloren hat, bekommt erst die große Witwen- und Witwerrente, wenn er 45 Jahre und sieben Monate alt ist. Nach dieser komplizierten Rechnung findet daher die Altersgrenze von 47 Jahren erst Anwendung, wenn der Todeszeitpunkt im Jahre 2029 oder später liegt.
Nach neuem Recht erhalten Hinterbliebene 55 Prozent der Rente des verstorbenen Ehepartners, gilt noch das alte Recht, sind es 60 Prozent. Dafür gibt es nur nach neuem Recht einen Zuschlag, wenn man ein Kind bis zum dritten Lebensjahr erzieht oder erzogen hat. Ist die große Witwenrente damit allerdings höher als die volle Monatsrente des Verstorbenen, wird der Zuschlag begrenzt.
Um Hinterbliebenen den Übergang in einen neuen Lebensabschnitt zumindest finanziell zu ebnen, erhalten sie die Witwen- und Witwerrente für die folgenden drei Kalendermonate in Höhe der vollen Rente des Versicherten. Das eigene Einkommen wird während dieser Zeit nicht angerechnet.
Wer neben der Hinterbliebenenrente weitere Einkünfte hat, muss nach dem Sterbevierteljahr mit Abzügen rechnen. Dabei gibt es Freibeträge, die nicht auf die Witwen- und Witwerrente angerechnet werden. In den alten Bundesländern liegt dieser derzeit bei 819,19 Euro und in den neuen Bundesländern bei 783,82 Euro. Für jedes Kind, das Anspruch auf eine Waisenrente hat, erhöht sich der Freibetrag in den alten Bundesländern um 173,77 Euro, in den neuen Bundesländern um 166,26 Euro. Alle Nettoeinkünfte, die darüber hinaus gehen, werden zu 40 Prozent auf die Witwen- und Witwerrente angerechnet.
Angerechnet wird nach Auskunft der ARAG Experten zunächst eigenes Erwerbseinkommen wie etwa Arbeitsentgelt oder Beamtenbezüge. Auch eine eigene gesetzliche Rente oder eine Beamtenversorgung, so genanntes Erwerbsersatzeinkommen, wird angerechnet. Darüber hinaus werden eigene Einkünfte aus Vermögen, Betriebsrenten, privaten Renten und das Elterngeld bei der Berechnung der Hinterbliebenenrente berücksichtigt. Erträge aus sogenannten Riester-Renten werden dagegen nicht angerechnet.
Die Abzüge ergeben sich aus dem vom Rentenversicherungsträger ermittelten Nettoeinkommen. Hierbei werden vom Bruttoeinkommen Pauschalwerte, beispielsweise für Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträge, abgezogen. Demnach bleibt bei hinterbliebenen Ehepartnern in den alten Bundesländern ein monatlicher Bruttoverdienst von 1.365,32 Euro von diesen Abzügen unangetastet und in den neuen Bundesländern 1.306,37 Euro.
Auch leibliche und adoptierte Kinder, Stief- und Pflegekinder, Enkel und Geschwister, die im Haushalt des Verstorbenen lebten oder überwiegend von ihm unterhalten wurden, haben nach dem Tod eines Elternteils Anspruch auf eine Rente. Diese Waisenrente wird mindestens bis zum 18. Geburtstag gezahlt. Befindet sich das hinterbliebene Kind in der Schul- oder Berufsausbildung oder leistet einen Freiwilligendienst, wird die Rente bis zum 27. Lebensjahr gezahlt. Auch behinderte Kinder, die nicht für sich selbst sorgen können erhalten so lange die Waisenrente.
Die kleine Rente endet nur nach neuem Recht mit Ablauf des 24. Kalendermonats nach dem Tod des Ehepartners. Nach altem Recht wird sie ebenso wie die große Rente unbegrenzt gezahlt. Sobald der überlebende Partner allerdings wieder heiratet oder eine eingetragene Lebensgemeinschaft eingeht, ist die Witwen- und Witwerrente in diesen Fällen futsch. Allerdings gibt es dann eine Abfindung in Höhe von zwei Jahresbeiträgen der Witwen- oder Witwerrente, die in den letzten zwölf Monaten durchschnittlich gezahlt wurde. Wer eine kleine Rente nach neuem Recht bezieht und vor Ablauf der 24 Monate eine neue Ehe oder Lebenspartnerschaft eingeht, erhält immerhin noch den nicht verbrauchten Restbetrag bis zum Ende der Rentenlaufzeit. Die Abfindung muss nach Auskunft der ARAG Experten allerdings beantragt werden. Dazu genügt ein formloses Schreiben an die Rentenversicherung mit Versicherungsnummer des verstorbenen Partners sowie der neuen Ehe- oder Partnerschaftsurkunde.
Das passende Urteil
Die betriebliche Hinterbliebenenversorgung stellt auch nach dem Tod des Arbeitnehmers sicher, dass die Witwe oder der Witwer versorgt sind. So weit so gut. Doch die ARAG Experten geben zu bedenken, dass der Arbeitgeber durchaus Bedingungen für die betriebliche Witwen- bzw. Witwerrente festlegen darf, um das eigene finanzielle Risiko zu minimieren. So kann beispielsweise ein zu hoher Altersunterschied zwischen verstorbenem Mitarbeiter und Hinterbliebenem dafür sorgen, dass die Rente gekürzt wird.
In einem konkreten Fall lag die eigentliche Höhe der betrieblichen Hinterbliebenenrente bei 60 Prozent der vollen Betriebsrente. Bei einem Altersunterschied von mehr als zehn Jahren sah die Versorgungsverordnung des Unternehmens jedoch eine Verringerung um jährlich fünf Prozent vor.
Dagegen wehrte sich eine Witwe, die 15 Jahre jünger war als ihr verstorbener Mann. Sie sah darin eine Altersdiskriminierung. Doch die ARAG Experten weisen darauf hin, dass bei einer Ehe mit so großem Altersunterschied für die Lebensplanung klar sein muss, dass der jüngere Hinterbliebene in der Regel einen sehr großen Teil seines Lebens ohne den Versorger auskommen muss.
Außerdem können Arbeitgeber die Zahlung einer betrieblichen Witwen- bzw. Witwerrente auch ganz verweigern, wenn der Altersunterschied zwischen hinterbliebenem Partner und ehemaligem, verstorbenem Mitarbeiter mehr als 15 Jahre beträgt (Bundesarbeitsgericht, Az.: 3 AZR 43/17).
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