Bis dass der Tod uns scheidet? Über Kurzehe und Blitzscheidung
27.08.2020
Längst nicht jede Ehe hält ein Leben lang. Im Gegenteil: Fast jede dritte Ehe wird laut Statistischem Bundesamt hierzulande geschieden. Die einen merken erst nach vielen Jahren des Zusammenlebens, dass sie mit dem Partner nicht gemeinsam alt werden wollen. Bei anderen entpuppt sich die Eheschließung schon nach kurzer Zeit als Fehlentscheidung. Doch auch in diesem Fall kann eine Heirat nicht einfach rückgängig gemacht werden, wissen die ARAG Experten – und erläutern, welche Regeln zur finanziellen Absicherung (auch) bei der Scheidung einer kurzen Ehe gelten.
Haben die Partner vertraglich keine andere Regelung getroffen, bilden sie automatisch eine Zugewinngemeinschaft. Dabei behält jeder Partner das, was ihm auch schon vor der Ehe gehörte. Bringt ein Partner beispielsweise eine Eigentumswohnung mit in die Ehe, bleibt er während und nach der Ehe der alleinige Eigentümer. Alles, was nach dem Tag der Eheschließung erwirtschaftet wird, muss dagegen bei einer Scheidung ausgeglichen werden. Dazu werden die von beiden Partnern hinzugewonnenen Vermögen verglichen. Derjenige, der mehr erwirtschaftet, muss die Hälfte der Differenz an den anderen abgeben: den Zugewinnausgleich. Dieser wird in der Regel als Summe ausgezahlt und ist steuerfrei. Wird die Ehe tragischerweise durch den Tod eines Partners beendet, erhält der noch lebende Partner ein Viertel des Vermögens steuerfrei als Zugewinn.
Eine Sonderform hierbei ist die modifizierte Zugewinngemeinschaft. Ehepaare können bestimmte Teile des Vermögens vom Zugewinn vertraglich ausschließen. Dies findet beispielsweise Anwendung, wenn Betriebsvermögen nach einer Trennung nicht aufgesplittet werden oder Erbschaften vom nicht erbberechtigten Partner unangetastet bleiben sollen.
Auch wenn sie auf den ersten Blick als Garant für eine unkomplizierte Scheidung ohne lästige Rechnerei daherkommt, warnen die ARAG Experten vor den Tücken, die auch die Gütertrennung bereithält: Zunächst einmal behält auch hier jeder das, was ihm ohnehin gehört. Und das, was er im Laufe der Ehe erwirtschaftet. Ein Zugewinnausgleich muss nicht gezahlt werden. Diese Form der Eheführung wird dann gewählt, wenn z. B. beide Partner vermögend sind oder sie ein Unternehmen führen, dessen Betriebsvermögen im Scheidungsfall nicht aufgelöst werden soll. Oft sind bei diesem Modell einmalige Abfindungssummen an den finanziell schlechter gestellten Partner vertraglich festgelegt. Dabei raten die ARAG Experten jedoch zur Vorsicht: Selbst wenn eine sechsstellige Summe zunächst gut klingt, ist sie oft nach wenigen Jahren verbraucht. Ein Weg in die Altersarmut ist dann meist vorprogrammiert, wenn eine Rückkehr in den Beruf nicht gelingt. Ein Tipp der ARAG Experten: Der erwerbstätige Partner sollte von Anfang an die Altersvorsorge des anderen ergänzen. Eine weitere Tücke zum Schluss: Trennt hier der Tod beide Partner, erhält der überlebende Ehegatte seinen Anteil am Nachlass als Erbe und muss die komplette Summe, abzüglich der Freibeträge, voll versteuern.
Hierbei werden die Güter beider Partner gemeinschaftliches Vermögen. Bei einer Scheidung wird das Gesamtgut hälftig geteilt, unabhängig davon, wer was mit in die Ehe gebracht hat. Etwaige Ausgleichszahlungen, Vorsorge- und Rentenansprüche sind frei verhandelbar. Kein Wunder also, dass die Gütergemeinschaft zu den eher selten geführten Ehemodellen gehört.
Grundsätzlich ja, wenngleich sehr begrenzt, so die ARAG Experten. Unterhalt an den geschiedenen Partner muss bis zum dritten Lebensjahr des jüngsten Kindes gezahlt werden. Danach müssen die Partner, die sich bislang um Kinder und Haushalt gekümmert haben, wieder arbeiten gehen oder sich zumindest um einen Teilzeitjob bemühen.
Auch wenn sie am Tag nach dem romantischen Ja-Wort feststellen, dass der vermeintliche Traumprinz doch nicht der Richtige ist: Auf eine „Blitzscheidung“ können Frischvermählte nicht hoffen. Denn nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) gilt für alle Scheidungen grundsätzlich dieselbe Voraussetzung, unabhängig davon, wie lange die Eheleute verheiratet waren. Und die lautet: Die Ehe muss gescheitert sein, damit sie geschieden werden kann. Dieses Scheitern wiederum wird laut Gesetz erst vermutet, wenn die Ehegatten mindestens ein Jahr getrennt gelebt haben und beide mit der Scheidung einverstanden sind. Ohne Einhaltung des Trennungsjahres gibt es also in der Regel auch kein Scheidungsurteil. Weigert sich der Ehegatte, dem Scheidungsantrag zuzustimmen, verlangt das Gesetz als unwiderlegbaren Beweis für das Scheitern der Ehe sogar eine Trennungszeit von mindestens drei Jahren!
Alles Wissenswerte zum Trennungsjahr
Gesetzliche Regelung
Nach Paragraf 1566 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) müssen Ehepartner mindestens ein Jahr getrennt leben, bevor sie die Scheidung einreichen können. In diesem Jahr sollen sich beide Eheleute darüber klar werden, ob das Ende der Lebensgemeinschaft unausweichlich ist. Nach diesem Zeitraum vermutet der Gesetzgeber, dass die Ehe gescheitert ist, zumindest wenn beide Partner anschließend die Scheidung einvernehmlich beantragen bzw. einer der beiden die Scheidung einreicht und der andere Ehepartner ihr zustimmt.
Fristen für das Trennungsjahr
Wer es mit der Scheidung ganz eilig hat, kann nach Auskunft der ARAG Experten etwa vier bis sechs Wochen vor Ablauf des Trennungsjahres den Scheidungsantrag einreichen. Etwas problematischer könnte es werden, wenn nur einer der beiden Eheleute die Scheidung will und der andere Partner sich quer stellt und die Trennung sogar abstreitet. Er muss zwar beweisen, dass die Ehe nicht gescheitert ist, kann aber den ganzen Prozess verlangsamen. Nach Ablauf einer dreijährigen Trennungszeit wird eine Scheidung aber auch gegen den Willen des Partners vollzogen.
Die ARAG Experten weisen allerdings auf einen Sonderfall hin: Eine Ehe kann auch vor Ablauf des Trennungsjahres geschieden werden, wenn ein Härtefall wie beispielsweise bei gewalttätigem Verhalten oder dauerhaftem Alkohol- oder Drogenkonsum vorliegt. Eine Affäre mit einem anderen Partner ist hingegen meist kein ausreichender Grund für eine vorzeitige Beendigung des Trennungsjahres.
„Trennung von Tisch und Bett“
Während des Trennungsjahres darf es keine häusliche oder wirtschaftliche Gemeinschaft der Eheleute geben. Gegenseitige Versorgungsleistungen sind tabu. Mit anderen Worten: Man schläft, isst und urlaubt getrennt. Ist eine räumliche Trennung durch einen Auszug nicht möglich, kann ein Trennungsjahr nach Auskunft der ARAG Experten auch unter einem Dach absolviert werden (Paragraf 1567 Absatz 1 Satz 2 BGB). Aber dazu sollten – ähnlich wie in einer Wohngemeinschaft – klare Regeln definiert werden, etwa zur Zahlung der Miete und anderer Wohnkosten, zur Nutzung von Küche, Kühlschrank, Bad oder Waschmaschine. Vor allem, wenn Kinder im Haushalt leben, sind gemeinsame Mahlzeiten und auch Freizeitaktivitäten ab und zu erlaubt, ohne dass dies Auswirkungen auf die Dauer des Trennungsjahres hat. Sogar Sex mit dem Ex ist in Ordnung, wenn es grundsätzlich bei getrennten Betten bleibt.
„Wer schreibt, der bleibt“
Zwar muss das Trennungsjahr weder offiziell angemeldet oder gar beantragt werden. Aber um Ärger über die Dauer des Trennungsjahres zu vermeiden, raten die ARAG Experten, den Trennungswunsch und das Datum der Trennung schriftlich festzuhalten. Wer auf Nummer sicher gehen will, lässt eine entsprechende Vereinbarung von einem Anwalt unterzeichnen.
Trennungsunterhalt
Sind die Einkommensverhältnisse beider Ehepartner unterschiedlich, muss unter Umständen schon im Trennungsjahr Unterhalt gezahlt werden. Das Geld erhält der geringer verdienende Partner über den gesamten Zeitraum der Trennung, auch wenn dieser länger als zwölf Monate dauert. Der Anspruch endet nach Auskunft der ARAG Experten erst mit dem rechtskräftigen Scheidungsurteil. Wie beim so genannten nachehelichen Unterhalt , der unter Umständen nach der Scheidung gezahlt werden muss, ist die Höhe des Trennungsunterhaltes abhängig vom jeweiligen Einkommen der beiden Partner. Vereinfacht gesagt, steht jedem Ehepartner grundsätzlich die Hälfte des Gesamteinkommens zu. Der weniger verdienende Teil hat daher einen Anspruch auf entsprechenden Unterhalt. Nicht gezahlt werden muss der Unterhalt, wenn beide gleich viel verdienen oder das Ehepaar nur einige Wochen zusammengelebt hat. Der Anspruch kann aber auch schon vor der Scheidung enden, etwa wenn der Berechtigte in einer verfestigten Lebensgemeinschaft mit einem neuen Partner zusammenlebt.
Der besondere Ehevertrag: die Trennungs- und Scheidungsfolgenvereinbarung
Die ARAG Experten raten Ehepaaren die Zeit des Trennungsjahres auch für Anschlussregelungen zu nutzen, um langwierige und vor allem kostenintensive Scheidungsverfahren vor Gericht zu vermeiden. In einer so genannten Trennungs- und Scheidungsfolgenvereinbarung sollte z. B. notariell geklärt werden, wie das Vermögen aufgeteilt wird, wer wem wie viel Unterhalt zahlt oder wie mit dem Sorge- und Umgangsrecht verfahren wird. Auch die Aufteilung des Hausrates kann hier festgehalten werden.
Wie so oft gilt aber auch in puncto Scheidung der Grundsatz „Keine Regel ohne Ausnahme“: Liegt ein sogenannter „Härtefall“ vor, ist eine Scheidung auch ohne das ansonsten obligatorische Trennungsjahr möglich. Das setzt voraus, dass „die Fortsetzung der Ehe für denjenigen, der die Scheidung beantragt, aus Gründen, die in der Person des anderen Ehegatten liegen, eine unzumutbare Härte darstellen würde“, so die gesetzliche Regelung in Paragraf 1565 Absatz 2 BGB. In der Praxis kommen solche Fälle allerdings selten vor. Denn bloße Schwierigkeiten, Unstimmigkeiten oder ehetypische Zerwürfnisse reichen dafür nicht aus. Vielmehr darf es einem der Eheleute nicht mehr zumutbar sein, mit dem Ehegatten überhaupt noch verheiratet zu sein, also auch nicht die einjährige Trennungszeit abzuwarten. Umstände, die eine unzumutbare Härte rechtfertigen können, sind dabei zum Beispiel Gewalttätigkeiten oder Alkoholmissbrauch durch den Ehepartner. Auch schwere Beleidigungen und grobe Ehrverletzungen können im Einzelfall für eine Unzumutbarkeit sprechen.
War das Eheglück nur von kurzer Dauer, stehen die Chancen gut, dass das Scheidungsverfahren selbst deutlich schneller abgewickelt werden kann, als dies bei längeren Ehen regelmäßig der Fall ist. Das liegt zum einen daran, dass es beim Zugewinnausgleich und der Hausratsaufteilung nach kurzem Zusammenleben deutlich weniger Konfliktpotential gibt. Zum anderen kann man bei einer kurzen Ehe auf die Durchführung eines Versorgungsausgleichs verzichten.
Beim Versorgungsausgleich werden im Rahmen der Scheidung die verschieden hohen Rentenanwartschaften für die Altersrente, die die Ehegatten während der Ehe erworben haben, ausgeglichen. Grundsätzlich muss das Familiengericht den Versorgungsausgleich von Amts wegen durchführen. Für Ehen, die nicht länger als drei Jahre dauern, macht das Versorgungsausgleichsgesetz (VersAusglG) jedoch eine Ausnahme: Hier findet ein Versorgungsausgleich nur noch statt, wenn einer der Ehegatten dies beantragt. Als Ehezeit im Sinne des Gesetzes gilt der Zeitraum vom ersten Tag des Monats, in dem geheiratet wurde, bis zum letzten Tag des Monats vor Zustellung des Scheidungsantrags. Wer von dieser Regelung bei seiner Scheidung profitieren will, sollte den Scheidungsantrag so früh bei Gericht einzureichen, dass die Zustellung an den Ehepartner noch rechtzeitig vor Ablauf der Dreijahresfrist erfolgen kann.