Was ist erlaubt im Stau?
01.08.2022
Was meinen Sie? Hilft ein Spurwechsel im Stau? Darf man aussteigen? Oder lohnt es, einen Stau zu umfahren? Unsere Experten sagen es Ihnen und haben Tipps, wie Sie trotz Stau erholt ans Ziel kommen.
Keiner steht gerne im Stau – auch Motorradfahrer nicht. Geht auf allen Fahrstreifen nichts mehr, dürfen sie aber trotzdem nicht rechts an den stehenden Autos vorbeifahren oder sich zwischen den Fahrstreifen durchschlängeln. Denn rechtlich ist klar: Das Rechtsüberholen – auch beim Durchschlängeln – ist grundsätzlich unzulässig und kann als Verstoß gegen die StVO mit einem Bußgeld und einem Punkt in Flensburg geahndet werden.
Kommt es zum Unfall, rechnen die Gerichte dem Fahrer außerdem ein Mitverschulden an (LG Tübingen, Az.: 5 O 80/13). Auch das Ausweichen auf den Seitenstreifen ist nicht zulässig. Der gilt nämlich laut StVO nicht als Fahrbahn und darf deshalb nicht zum Fahren benutzt werden. Links überholen dürfen Motorradfahrer zwar grundsätzlich, aber nur innerhalb der Fahrbahnmarkierung – und das dürfte oft am fehlenden Platz scheitern.
Anders sieht die Lage nach der StVO für Mofa- und Radfahrer aus: Sie dürfen einen Stau oder wartende Fahrzeuge an der Ampel vorsichtig rechts überholen.
Der leere Standstreifen lädt eilige Verkehrsteilnehmer dazu ein, schnell an den anderen Autos vorbeizuhuschen. Doch Vorsicht! Das Manöver kann Sie 75 Euro Bußgeld und einen Punkt in Flensburg kosten. Wenn dabei auch noch ein Unfall passiert, müssen Sie zudem die Kosten der Schadensregulierung unter Umständen allein tragen. Das gleiche gilt, wenn der Standstreifen zum Überholen genutzt wird. Auch dann riskiert man bei einem Unfall eine erhebliche Mithaftung.
In einem konkreten Fall hatten ein Pkw- und ein Lkw-Fahrer den gleichen verbotenen Gedanken und nutzten den Standstreifen, um den Stau zu umgehen. Der Lkw hatte das Auto beim Ausscheren jedoch übersehen und es war zum Crash gekommen. Zwei Drittel des Schadens musste der Lkw-Fahrer übernehmen, weil er seine besonders hohe Sorgfaltspflicht bei einem Fahrspurwechsel nicht beachtet hatte. Auf einem Drittel des Schadens blieb der Pkw-Fahrer allerdings sitzen, da die Nutzung der Standspur verboten ist (Landgericht Bochum, Az.: 11 S 44/15).
Sollte sich die Autoschlange gar nicht mehr fortbewegen, raten die ARAG Experten, den Motor abzustellen. Verlassen werden darf das Fahrzeug nur zur Hilfeleistung oder Absicherung einer Unfallstelle. Selbst wenn die Blase drückt, ist das Aussteigen tabu und es droht ein Bußgeld. Wer im Notfall das Auto verlassen muss, sollte auf Motorradfahrer achten, die sich – auch wenn es unzulässig ist – am Stau vorbeischlängeln könnten.
Vermeintlich clevere Autofahrer versuchen, die Wartezeit abzukürzen, indem sie fleißig auf die scheinbar schnellere Spur wechseln. Doch dieses „Lane Hopping“ ist laut ARAG Experten wenig sinnvoll. Stattdessen sollten Autofahrer auf der rechten Spur in den Stau hineinfahren, da sie in der Regel weniger stark befahren wird. Erst am Staukopf macht ein Spurwechsel auf die linke Spur Sinn, weil hier am Stauende zügiger gefahren wird. Doch die ARAG Experten warnen: Zwar sollte beim Spurenwechsel zügig beschleunigt werden, um hintere Fahrer nicht zum Bremsen zu zwingen, doch der nötige Sicherheitsabstand muss jederzeit eingehalten werden.
Das Bilden einer Rettungsgasse ist Pflicht, sobald der Verkehr ins Stocken gerät. Wer erst bei Blaulicht und Martinshorn reagiert, muss mit einem Bußgeld von 200 Euro, zwei Punkten und einem Monat Fahrverbot rechnen. Noch teurer wird es, wenn man eine außerorts bei stockendem Verkehr gebildete Rettungsgasse unberechtigt nutzt. Hier werden laut ARAG Experten mindestens 240 Euro und zwei Punkte fällig. Außerdem droht ebenfalls ein Monat Fahrverbot. Die Rettungsgasse wird immer zwischen dem linken und den übrigen Fahrstreifen gebildet. Autos auf dem linken Fahrstreifen müssen also an den linken Fahrbahnrand fahren, Fahrzeuge auf allen anderen Fahrstreifen müssen möglichst weit nach rechts ausweichen.
Neben dem häufigen Fahrbahnwechsel gibt es weitere Fahrfehler, die den Stau nicht vermeiden, ihn aber deutlich anstrengender für alle Beteiligten macht. Dazu gehören beispielsweise zu dichtes Auffahren und unweigerlich darauf folgende Bremsmanöver. Gleichmäßiges und vorausschauendes Fahren hingegen ist nicht nur ungefährlicher, sondern grundsätzlich auch besser für den Verkehrsfluss. Auch Tagträumereien haben im Stau nichts zu suchen; die ARAG Experten mahnen zur Aufmerksamkeit, um jederzeit auf einen sich ändernden Verkehrsfluss reagieren zu können.
Sollte sich die Autoschlange gar nicht mehr fortbewegen, raten die ARAG Experten, den Motor abzustellen. Verlassen werden darf das Fahrzeug nur zur Hilfeleistung oder Absicherung einer Unfallstelle. Selbst wenn die Blase drückt, ist das Aussteigen tabu und es droht ein Bußgeld. Wer im Notfall das Auto verlassen muss, sollte auf Motorradfahrer achten, die sich – auch wenn es unzulässig ist – am Stau vorbeischlängeln könnten.
Ziel, Zeit und Route sind die entscheidenden Faktoren, ob man in einem Stau landet oder nicht. Während am Ziel meist wenig geändert werden kann, sind Route und Zeit durchaus flexibel. Wer kann, sollte Randzeiten nutzen, um loszufahren, z. B. spät abends oder früh morgens und eher am Wochenanfang als am Wochenende. Auch bei der Wahl der Route können Urlauber einige Vorbereitungen treffen, indem sie sich über aktuelle Stauprognosen informieren und mögliche Ausweichrouten einplanen.
Die meisten Navigationsgeräte sind mit einem sogenannten TMC-System (Traffic Message System) ausgestattet. Das TCM verarbeitet alle Verkehrsinformationen von Verkehrssendern und schlägt Alternativrouten vor, sobald auf der eingegebenen Strecke ein Stau gemeldet wurde. Dadurch können Staus umfahren werden. Das System ist aber nur so genau wie die Staumeldungen.
Ihre rechtliche Absicherung im Straßenverkehr
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Das passende Gerichtsurteil
Warnblinker bei Stauende missachten kann teuer werden
Wer die eingeschalteten Warnblinker missachtet, handelt fahrlässig und muss bei einem Auffahrunfall unter Umständen tief in die Tasche greifen. Autofahrer, die im Straßenverkehr aufgrund einer Unachtsamkeit gegen die allgemeine Sorgfaltspflicht (§ 1 Straßenverkehrs-Ordnung - StVO) verstoßen und dadurch einen anderen schädigen, müssen in der Regel mit einer Geldbuße von 35 Euro rechnen. Dazu gehört auch ein Auffahrunfall an einem Stauende. Werden dem Fahrer weitere fahrlässige Verkehrsordnungswidrigkeiten nachgewiesen, kann sich das Bußgeld leicht vervielfachen.
Mindestabstand einhalten!
Wurde vor dem Auffahren beispielsweise der Mindestabstand zum vorausfahrenden Fahrzeug nicht eingehalten oder war die Geschwindigkeit trotz einer angekündigten Gefahrenstelle nicht angepasst, kann ein fahrlässiger Verstoß gegen § 4 Abs. 1 bzw. § 3 Abs. 1 StVO vorliegen. Und der wird höher geahndet. In einem konkreten Fall war ein unachtsamer Fahrer eines Sattelschleppers ungebremst in einen vorausfahrenden Lkw gefahren, obwohl dieser den Warnblinker gesetzt und die Geschwindigkeit von 80 auf 40 km/h gedrosselt hatte. Es entstand ein Sachschaden von 20.000 Euro. Der Fahrer des Sattelschleppers bekam jedoch statt des Regelbußgeldes von 35 Euro gleich 165 Euro aufgebrummt. Gegen die hohe Strafe wehrte sich der Lkw-Fahrer vor Gericht. Sein Argument: Bei einer Verurteilung wegen eines fahrlässigen Verstoßes gegen § 3 Abs. 1 StVO hätte es eine angekündigte Gefahrenstelle durch ein Verkehrszeichen geben müssen. Doch ARAG Experten weisen darauf hin, dass auch ein eingeschalteter Warnblinker eine Gefahrenstelle ankündigen kann.
Für Wiederholungstäter wird es teurer
Was in diesem Fall erschwerend hinzukam, war das verkehrswidrige Vorleben des unaufmerksamen Fahrers. Denn er war schon mehrfach wegen der Unterschreitung des Mindestabstands auffällig geworden. Daher musste er jetzt tief in die Tasche greifen (Oberlandesgericht Celle, Az.: 2 Ss 263/15).