Lenk- und Ruhezeiten: So urteilten die Gerichte
04.04.2017
Lkw-Fahrer: Keine Ruhezeit im Fahrzeug?
In einem aktuell verhandelten Fall ging es vor Gericht letztendlich um die Frage, ob eine europäische Vorschrift regelt, dass ein Fahrer seine regelmäßige wöchentliche Ruhezeit in seinem Fahrzeug verbringen darf oder nicht.
Die fragliche Unionsverordnung verpflichtet die Fahrer, eine regelmäßige tägliche Ruhezeit von mindestens elf Stunden (die unter bestimmten Voraussetzungen auf neun Stunden reduziert werden darf) sowie eine regelmäßige wöchentliche Ruhezeit von 45 Stunden (die unter bestimmten Voraussetzungen auf 24 Stunden reduziert werden darf) einzuhalten.
Außerdem können nach der Verordnung, wenn sich ein Fahrer hierfür entscheidet, nicht am Standort eingelegte tägliche Ruhezeiten und reduzierte wöchentliche Ruhezeiten im Fahrzeug verbracht werden, sofern das Fahrzeug über geeignete Schlafmöglichkeiten für jeden Fahrer verfügt und nicht fährt (Art. 8 Abs. 8 VO (EG) 561/2006).
Der EuGH stellte klar, dass der Unionsgesetzgeber die Absicht hatte, dem Fahrer zu erlauben, die reduzierten wöchentlichen Ruhezeiten im Fahrzeug zu verbringen, und ihm dies umgekehrt für die regelmäßigen wöchentlichen Ruhezeiten zu verbieten. Zudem sei – so der Gerichtshof – wesentliches Ziel der Verordnung die Verbesserung der Arbeitsbedingungen des Personals im Straßentransportsektor sowie die Straßenverkehrssicherheit im Allgemeinen. Der Gesetzgeber habe somit den Fahrern die Möglichkeit geben wollen, ihre regelmäßigen wöchentlichen Ruhezeiten an einem Ort zu verbringen, der geeignete und angemessene Unterbringungsbedingungen biete. Eine Lastkraftwagenkabine sei aber offensichtlich kein geeigneter Ort für längere Ruhezeiträume als die täglichen Ruhezeiten und die reduzierten wöchentlichen Ruhezeiten. Ferner ist es Sache der Mitgliedstaaten, festzulegen, welche Sanktionen geeignet sind, um die Geltung und die Wirksamkeit der Verordnung zu gewährleisten, ergänzen ARAG Experten (EuGH, Az.: C-102/16).
Transportunternehmen müssen Einhaltung von Lenk- und Ruhezeiten nachweisen
Transportunternehmen sind grundsätzlich verpflichtet, zur Überprüfung der Einhaltung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften auf Aufforderung der zuständigen Aufsichtsbehörde Daten aus dem Massenspeicher des Kontrollgeräts eines Lkws vorzulegen. Anlässlich einer polizeilichen Kontrolle wurden bei einem Fahrzeug des klagenden Transportunternehmens mehrere Verstöße gegen die gesetzlichen Lenk- und Ruhezeiten festgestellt. Gegen den Unternehmensinhaber erging ein Bußgeldbescheid in Höhe von 300 Euro. Die zuständige Behörde forderte daraufhin von dem Unternehmen die Vorlage der Daten aus dem Massenspeicher des digitalen EG-Kontrollgeräts im betreffenden Fahrzeug für einen zurückliegenden Zeitraum von vier Monaten und verwies darauf, dass mit Blick auf die der Allgemeinheit drohenden Gefährdungen und Schäden durch übermüdetes und überarbeitetes Fahrpersonal die Beachtung der im Straßenverkehr geltenden Rechtsvorschriften zu überprüfen sei.
Der Kläger wandte sich gerichtlich gegen die behördliche Anordnung und machte geltend, das seinerzeitige Fehlverhalten sei in einem Zusammenhang mit einer besonderen betrieblichen Situation zu sehen. Dies dürfe nicht dazu führen, einen Verdacht über einen längeren Zeitraum aufrecht zu erhalten. Die Maßnahme gefährde außerdem wegen des damit verbundenen Aufwands den Betrieb. Die Klage hatte keinen Erfolg – Aufsichtsbehörden dürfen zur Überprüfung der Einhaltung europarechtlicher und inländischer Vorschriften betreffend den Verkehr mit Kraftfahrzeugen Unterlagen von den Transportunternehmern verlangen. Die Aufsichtsbehörden seien routinemäßig oder – wie hier nach der Feststellung von Verstößen – anlassbezogen berechtigt, die Übermittlung von Unterlagen zur Gewährleistung der Verkehrssicherheit und des Schutzes von Rechtsgütern wie Leben und Gesundheit der Verkehrsteilnehmer zu verlangen. Der Kläger habe nur Daten herauszugeben, zu deren Speicherung er ohnehin verpflichtet sei, und auch nur innerhalb der gesetzlichen Aufbewahrungsfrist von einem Jahr, so die ARAG Experten (Az.: 3 K 621/16.MZ).
Zu schnell gefahren: Was tun beim Bußgeldbescheid?
Sie sind geblitzt worden? Da sind Sie nicht allein, denn jedes Jahr erhalten zahlreiche Autofahrer wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung einen Bußgeldbescheid. Aber nicht immer sind sie auch zu schnell gefahren. Lesen Sie, wie Sie sich wehren können.