Reisewarnung: Wann kann ich meine Reise stornieren?
Wie informiere ich mich am besten, welche Rechte habe ich und was ist mit den Kosten, wenn ich zu Hause bleibe? Unser Tipp: Lesen Sie die Reisewarnungen und Sicherheitshinweise des Robert Koch Instituts und des Auswärtigen Amtes. Wir sagen Ihnen, warum.
29.08.2022 • 4 min Lesezeit
Was ist eine Reisewarnung überhaupt?
Die Reisewarnung ist die höchste Warnstufe des Auswärtigen Amts. Sie beinhaltet einen dringenden Appell, Reisen in ein Land oder in eine Region eines Landes zu unterlassen. Eine Reisewarnung wird in der Regel dann ausgesprochen, wenn Gefahr für Leib und Leben durch eine Naturkatastrophe, Epidemie, Krieg oder Terror im ganzen Land beziehungsweise bestimmten Regionen besteht.
Was es konkret bedeutet, wenn eine Reisewarnung ausgesprochen wird
- Es wird offiziell davon abgeraten, das betroffene Land oder die Region zu bereisen.
- Deutsche Staatsangehörige, die in einem Land leben, für das eine aktuelle Reisewarnung vorliegt, werden gegebenenfalls aufgefordert, das Gebiet zu verlassen.
- Urlaubern vor Ort wird empfohlen, abzureisen.
Informieren Sie sich über aktuelle Reisewarnungen des Auswärtigen Amts
Reisehinweise & Sicherheitshinweise
Beim Auswärtigen Amt finden Reisende neben gegenwärtigen Reisewarnungen auch folgende wichtige Informationen:
Kann ich Unterkunft und Flug stornieren bei einer Reisewarnung?
Wer individuell eine Unterkunft im Ausland gebucht hat, die von einer vorliegenden Reisewarnung betroffen ist, muss auf die Kulanz der Vermieter hoffen. Ein automatisch geltendes kostenloses Rücktrittsrecht gibt es für Individualreisende in der Regel nach ausländischem Recht nicht. Trotzdem raten wir zur Nachfrage beim Hotel bzw. Vermieter. Eine kostenlose Umbuchung, eine günstigere Stornorate oder ein Gutschein können unter Umständen für beide Seiten eine zufriedenstellende Alternative sein. Anders kann es aussehen, wenn die Unterkunft tatsächlich nicht erreichbar ist, etwa wegen einer Naturkatastrophe oder eines Einreiseverbots des Urlaubslandes: Dann stehen die Chancen auf eine kostenlose Stornierung besser.
Einen Anspruch auf Rückerstattung des Ticketpreises für einen individuell gebuchten Flug haben Sie nur, wenn die Airline den Flug wegen außergewöhnlichen Umständen annulliert. Geht der Flieger dagegen wie geplant, bleiben Sie auf den Kosten sitzen, wenn Sie sich entscheiden, den Flug wegen einer Reisewarnung nicht anzutreten. Unter Umständen zeigt sich die Airline aber auch kulant und ermöglicht eine Umbuchung auf einen anderen Flug.
Reise stornieren bei außergewöhnlichen Umständen
Unter außergewöhnlichem Umständen versteht man ein unvorhersehbares und unabwendbares Ereignis, das durch Naturkräfte oder die Handlungen Dritter herbeigeführt wird. Eine Reisewarnung des Auswärtigen Amts für ein bestimmtes Gebiet gilt meist als ausreichendes Indiz für einen außergewöhnlichen Umstand. Beispiele dafür sind:
- Naturkatastrophen wie Wirbelstürme, Erdbeben, Vulkanausbrüche, Blitzeinschläge oder Lawinen
- Epidemien und Pandemien
- Politische Unruhen oder Kriegsausbruch
- Gezielte Terroranschläge auf Touristen
- Streiks bei Fluglotsen oder Flughafenpersonal (Hängt vom Einzelfall ab.)
Seit dem 1. Juli 2018 zählen die vom Reiseveranstalter nicht beeinflussbaren Risiken als Reisemangel. Das frühere gesetzliche Kündigungsrecht wegen höherer Gewalt ist entfallen. Das räumt den Reisenden besondere Rechte ein: Ist die Pauschalreise nämlich mangelhaft, können Sie, sofern vertraglich nichts anderes bestimmt ist, nach § 651 i (3) BGB den Vertrag kündigen sowie Abhilfe oder eine Minderung des Reisepreises verlangen.
Reise stornieren bei Waldbrand
Immer öfter werden wir mit Waldbränden und anderen Naturkatastrophen konfrontiert. Sie wirken sich nicht nur dramatisch auf Bewohner, Tiere und Natur der betroffenen Regionen aus, sie betreffen auch Urlauber, die eigentlich die Schönheit ihres Urlaubslandes genießen möchten. Manchmal müssen Touristen evakuiert werden, andere reisen früher ab oder treten ihren Urlaub gar nicht erst an. Doch wer übernimmt die Kosten für Stornierungen, Umbuchungen oder außerplanmäßige, teurere Heimreisen wegen Umweltkatastrophen?
Waldbrände in der Reiseregion: Kann ich jetzt stornieren?
Pauschalurlauber, die ihre gebuchte Reise aufgrund von Waldbränden nicht antreten können, können ihren Urlaub kostenfrei stornieren. Voraussetzung dafür ist, dass die Reise kurz bevorsteht und die Reiseregion direkt von den Bränden betroffen ist. Sind Urlauber bereits vor Ort, wenn Waldbrände ausbrechen und die Urlaubsregion gefährden, können sie den Vertrag kündigen. Sie dürfen dann auf Veranstalterkosten die Heimreise antreten und haben einen Anspruch auf Erstattung für nicht genutzte Reiseleistungen. Allerdings müssen sie die außergewöhnlichen Umstände beweisen können und sollten den Reiseveranstalter vorher über die frühere Abreise informieren.
Wer zahlt die Mehrkosten, wenn eine Abreise nicht möglich ist?
Mehrkosten – etwa, weil eine Abreise aufgrund der prekären Lage nicht möglich ist – muss der Reiseveranstalter für maximal drei Tage tragen.
Was passiert bei einer Programmänderung vor Ort?
Können durch die Feuergefahr gebuchte Programmteile nicht durchgeführt werden, besteht unter Umständen die Möglichkeit zu einer Preisminderung, weil ein Reisemangel vorliegt. Haben Urlauber beispielsweise eine Rundreise gebucht, die in Teilen durch gefährdete Gebiete führt, darf diese kostenlos storniert werden.
Welche Rechte haben Individualreisende bei Waldbränden?
Auch Individualreisende bekommen ihr Geld für Flug und Unterkunft zurück, wenn die Destination aufgrund von Waldbränden gesperrt oder gefährdet ist. Ansonsten sind Reisende auf die Kulanz des jeweiligen Anbieters angewiesen. Zudem hängt eine kostenfreie Stornierung bei einer Individualreise davon ab, in welchem Land die Anbieter ihren Sitz haben und wie die Rücktrittsbedingungen dort bei Waldbrand gesetzlich geregelt sind.
Angst vor Waldbränden: Kann ich meine Reise stornieren?
Ist der Urlaub allerdings noch einige Wochen hin, ist eine kostenlose Stornierung nicht möglich, weil sich die Lage vor Ort bis zum Reiseantritt entschärfen könnte. Allein die Angst vor einer möglichen Waldbrandgefahr oder vor zu großer Hitze rechtfertigen keinen kostenfreien Rücktritt von der Reise.
Pauschalreisen: Ihre Rechte bei Reisewarnung
Grundsätzlich dürfen Sie vor Antritt einer Pauschalreise jederzeit und ohne Angabe von Gründen vom Reisevertrag zurücktreten. Zwar verliert der Reiseveranstalter den Anspruch auf den Reisepreis, kann allerdings eine Entschädigung in Form von Stornogebühren verlangen (§ 651 h (1) BGB). Wenn jedoch am Reiseziel oder in dessen Nähe unvermeidbare außergewöhnliche Umstände auftreten, welche die Durchführung der Pauschalreise oder die Beförderung von Personen an den Bestimmungsort beeinträchtigen, kann der Reiseveranstalter keine Entschädigung verlangen (§ 651 h (3) BGB). Die kostenlose Stornierung einer Pauschalreise ist somit dann in der Regel möglich, wenn für das jeweilige Land bzw. Gebiet eine offizielle Reisewarnung des Auswärtigen Amts ausgesprochen wurde.
Wer zahlt bei Reisewarnung?
Haben Sie beispielsweise eine Reiserücktrittversicherung abgeschlossen, greift diese, sobald Sie die Reise aus einem der versicherten Gründe nicht antreten können – unabhängig davon, ob eine Reisewarnung vorliegt oder nicht. Die Reisewarnung zählt jedoch nicht als versicherter Rücktrittsgrund. Somit können Sie zwar von der Reise zurücktreten, erhalten jedoch keine Entschädigung von der Versicherung. Um zu bestimmen, ob sie kostenlos zurücktreten bzw. die begonnene Reise wegen eines Reisemangels abbrechen können, muss daher im Einzelfall die juristische Frage geklärt werden, ob außergewöhnliche, unvermeidbare Umstände vorliegen. Dabei ist die Reisewarnung nicht zwingend ausschlaggebend, die Gründe dafür werden von den Gerichten aber oft als „außergewöhnliche Umstände“ anerkannt.
Tipp: Sollten Sie Ihre Reise aufgrund einer Reisewarnung nicht mehr antreten wollen, besprechen Sie die Möglichkeiten am besten mit Ihrem Reiseveranstalter. Ein Rechtsanwalt für Reiserecht kann Ihnen beratend zur Seite stehen.
Wie storniert man die Reise?
Sie wollen Ihre Reise nicht mehr antreten, weil für Ihr anvisiertes Reiseziel eine offizielle Reisewarnung des Auswärtigen Amts vorliegt? Dann schreiben Sie dem Reiseveranstalter eine Mail oder besser noch einen Brief, indem Sie darlegen, dass Sie aufgrund außergewöhnlicher Umstände vom Reisevertrag zurücktreten möchten und verlangen Sie den Reisepreis zurück.
Gut zu wissen: Für unsere Kunden haben wir im ARAG Online Rechts-Service bereits drei verschiedene juristisch geprüfte Musterschreiben zur Reiserücktrittserklärung zum Ausfüllen hinterlegt. So wird eine Reisestornierung ganz einfach.
Auch wenn keine Reisewarnung vorliegt, können Sie eine Reise stornieren. Niemand zwingt Sie zum Antritt. Ihre Reise können Sie theoretisch noch am letzten Tag stornieren. Je später die Absage erfolgt, desto höher fallen die Stornogebühren gewöhnlich aus. Generell ist beim Stornieren einer Pauschalreise mit höheren Stornogebühren zu rechnen, da hier mehrere Parteien wie Unterkunft, Beförderung oder touristische Aktivitäten an der Gesamtreise beteiligt sind.
Gut zu wissen: Sollten Sie laut Reisevertrag Gründe für das Stornieren Ihrer Reise angeben bzw. vorlegen müssen, ist dies nicht zulässig.
Das passende Gerichtsurteil:
Nichterscheinen am Flughafen ist kein Rücktritt
Wer von einer Pauschalreise (hier: coronabedingt) Abstand nehmen will, muss seinen Rücktritt vor Beginn der Reise ausdrücklich erklären. Nicht am Flughafen zu erscheinen, reicht nicht, urteilte das Amtsgericht München (Az.: 242 C 15369/23).
Was ist, wenn man schon unterwegs ist und eine Reisewarnung kommt?
Wenn Sie als Pauschalreisender Ihre Reise schon angetreten haben und vor Ort von einer Reisewarnung ereilt werden, können Sie den Reisevertrag in der Regel kündigen. Dann verliert der Reiseveranstalter seinen Anspruch auf den vollständigen Reisepreis. Bereits beanspruchte Leistungen müssen Sie in der Regel allerdings trotzdem bezahlen. Zusätzliche Mehrkosten für den Rücktransport fallen dem Reiseveranstalter zur Last. Dazu heißt es im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) § 651 l (3): „Der Reiseveranstalter ist verpflichtet, die infolge der Aufhebung des Vertrags notwendigen Maßnahmen zu treffen, insbesondere, falls der Vertrag die Beförderung des Reisenden umfasste, unverzüglich für dessen Rückbeförderung zu sorgen; das hierfür eingesetzte Beförderungsmittel muss dem im Vertrag vereinbarten gleichwertig sein. Die Mehrkosten für die Rückbeförderung fallen dem Reiseveranstalter zur Last.“
Auf eigene Gefahr: Reisen in Krisengebiete
Als Krisengebiet gelten Länder oder Regionen, die sich in einer politischen oder wirtschaftlichen Krise befinden und in denen es schnell zu kriegerischen Auseinandersetzungen kommen kann – wenn nicht bereits Krieg herrscht. Seit Jahren zählen beispielsweise der Irak oder der Gazastreifen zu sehr riskanten Reisezielen.
Die einen suchen das nächste Abenteuer, andere wiederum zieht die Neugier ins Ungewisse. Gänzlich ohne Risiko sind Reisen in Krisengebiete aber nicht. Falls Ihnen in einem solchen Gebiet etwas zustößt, haften Sie in der Regel selbst. Als deutscher Staatsbürger haben Sie zwar das Recht auf konsularische Hilfe im jeweiligen Krisengebiet, Kosten für eventuell erforderlich werdende Hilfsmaßnahmen werden Ihnen aber in Rechnung gestellt. So bemüht man sich beispielsweise im Falle einer Entführung um Ihre Freilassung, Sie tragen die finanziellen Folgen der Rettungsmaßnahmen nach dem Konsulargesetz jedoch selbst.
Beispiel:
Im Jahr 2003 wurden in Kolumbien 8 Touristen als Geiseln genommen, darunter auch eine Deutsche. Über Vermittlungen des Internationalen Roten Kreuzes wurde die Deutsche nach 74 Tagen freigelassen. Aufgrund der allgemeinen Gefahrenlage im Land und einer bestehenden Reisewarnung des Auswärtigen Amts wurden ihr die Charterkosten für einen Hubschraubertransport in Rechnung gestellt. 2009 urteilte das Bundesverwaltungsgericht, dass die Entführte knapp 13.000 Euro zahlen müsse.
Die Weltkarte Risk Map gibt Ihnen Aufschluss darüber, welche Länder als besonders risikoreich eingestuft sind.
Krisenvorsorgeliste ELEFAND
Bei exotischeren Reisezielen oder notwendigen Reisen in Krisenländer empfehlen wir, sich in die Krisenvorsorgeliste „ELEFAND“ des Auswärtigen Amtes einzutragen. In dieser Liste können sich alle deutschen Staatsbürger aufnehmen lassen, egal ob nur vorübergehend oder dauerhaft im Ausland. Im Notfall können die jeweiligen deutschen Auslandsvertretungen dann unverzüglich Kontakt zu Ihnen aufnehmen.
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