Fahrlässige Körperverletzung: Verkehrsunfälle mit ernsten Folgen
Die meisten Unfälle im Straßenverkehr geschehen aus mangelnder Sorgfalt. Welche Konsequenzen drohen „fahrlässigen“ Verursachern?
02.02.2024 • 3 min Lesezeit
Wie definiert sich Fahrlässigkeit?
Die sogenannte Fahrlässigkeit, in der Rechtssprache auch „Negligentia“ genannt, bezeichnet das Verhalten einer Person, die ihre Sorgfaltspflicht verletzt und damit potenziell die Sicherheit anderer gefährdet. Der Begriff ist sowohl im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) zu finden, wo es in § 276 Abs. 2 heißt „Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt“, als auch im Strafgesetzbuch (StGB). Im Zivilrecht wird zudem zwischen der „einfachen“ und der „groben Fahrlässigkeit “ unterschieden.
Vorsatz und Fahrlässigkeit: Wo liegt der Unterschied?
In Abgrenzung zu einer vorsätzlichen Tat, die bewusst und absichtlich durchgeführt wird, ist von Fahrlässigkeit die Rede, wenn eine Tat durch eine Nachlässigkeit begangen wird, die vom Täter hätte vermieden werden können. Die „Verwirklichung des Tatbestands“ wird in letzterem Fall also nicht bewusst umgesetzt. In diesem Sinne geht es sowohl bei der Frage nach dem Vorsatz als auch bei der Frage nach der Fahrlässigkeit letztendlich um die innere Haltung des Täters.
Beispiele für Fährlässigkeit im Straßenverkehr
Gerade im Straßenverkehr kann die Vernachlässigung der Sorgfaltspflicht zu Folge haben, dass andere Menschen gefährdet bzw. Unfälle verursacht werden. „Fahrlässigkeit“ kann hier etwa dann eine Rolle spielen, wenn ein Verkehrsteilnehmer die vorgeschriebene Höchstgeschwindigkeit ignoriert, sich am Steuer von einem Telefonat ablenken lässt, unter dem Einfluss von Alkohol oder Drogen fährt, Verkehrssignale missachtet oder ein Fahrzeug führt, das nicht angemessen gewartet wurde.
Fahrlässige Körperverletzung bei Verkehrsunfall
Verursacht jemand einen Verkehrsunfall, dann ist in den meisten Fällen davon auszugehen, dass dieser mit Fahrlässigkeit zusammenhängt. Denn wenn alle Verkehrsteilnehmer stets ihrer Sorgfaltspflicht nachkommen würden, dann gäbe es auf deutschen Straßen wohl überhaupt nur einen Bruchteil der Unfälle, die sich dort Tag für Tag ereignen.
Kommt bei solch einem Unfall eine Person zu Schaden, dann handelt es sich hier womöglich um „fahrlässige Körperverletzung“, einen Tatbestand, der alles andere als ein Kavaliersdelikt ist. Denn § 229 des Strafgesetzbuchs (StGB) legt fest: „Wer durch Fahrlässigkeit die Körperverletzung einer anderen Person verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“
Fahrlässige Körperverletzung im Straßenverkehr kann etwa dann vorliegen, wenn jemand einen Rotlichtverstoß begeht oder ein Tempolimit überschreitet und dabei ein anderes Auto oder einen Passanten anfährt, also einen „Personenschaden“ verursacht. In welchem Maße diese Straftat belangt wird und ob sie ins Führungszeugnis eingeht, hängt von der Schwere des Vergehens bzw. den Folgen des Vergehens ab. So ist etwa davon auszugehen, dass ein Unfall, der schwere Verletzungen nach sich zieht, anders bewertet wird als beispielsweise ein Auffahrunfall, der in leichten Verletzungen resultiert.
Unfall mit Personenschaden: Welche Versicherung zahlt?
Kommt bei einem Unfall im Straßenverkehr jemand zu Schaden, dann greift hier in der Regel die Kfz-Haftpflichtversicherung des Verursachers. Die sogenannte Mindestdeckungssumme liegt bei 7,5 Millionen Euro. Je nach Tarif kann die Versicherungssumme jedoch noch deutlich höher ausfallen. Der Grund: Bei Personenschäden kann die Schadenssumme schnell in die Höhe schießen. Etwa dann, wenn der oder die Geschädigte durch den Unfall arbeitsunfähig oder sogar invalide wird. In diesem Fall müssen nicht nur Behandlungs- und Reha-Kosten gedeckt werden, sondern auch Verdienstausfälle und etwaige Schmerzensgelder.
Wichtig zu wissen: Einige Versicherer decken nur Schäden ab, die aufgrund einfacher Fahrlässigkeit entstanden sind – und schließen Leistungen bei anderen Graden der Fahrlässigkeit aus. Und gerade bei einer groben Fahrlässigkeit ist davon auszugehen, dass die Versicherung von ihren Leistungspflichten befreit wird.
Verfahren wegen fahrlässiger Körperverletzung
Ist es im Straßenverkehr zu einer fahrlässigen Körperverletzung gekommen, dann wird dieses Vergehen in der Regel zur Strafverfolgung gebracht, sobald der oder die Verletzte einen entsprechenden Strafantrag gestellt hat. Da die fahrlässige Körperverletzung jedoch als „relatives Antragsdelikt“ gilt, kann es auch ohne solch einen Antrag zu einem Ermittlungsverfahren kommen, wenn die Staatsanwaltschaft ein „besonderes öffentliches Interesse“ berührt sieht. Und gerade im Straßenverkehr lässt sich dieses „besondere Interesse“ nicht schwer verargumentieren. Immerhin ist die Vermeidung von Unfalltoten und Verletzten eine wichtige Aufgabe der Behörden.
Gerade im Fall eines Vergehens, bei dem der Täter unter Alkohol- oder Drogeneinfluss stand, erhebliche Verletzungen verursacht hat oder bereits vorbestraft ist, muss also davon ausgegangen werden, dass die Staatsanwaltschaft aktiv wird und eine Verurteilung anstrebt.
Wie stelle ich einen Strafantrag?
Der Strafantrag kann bei der Staatsanwaltschaft und bei Gerichten schriftlich oder zu Protokoll oder bei einer Polizeibehörde schriftlich gestellt werden. Die Frist hierfür beträgt drei Monate. Sie beginnt mit Ablauf des Tages, an dem der Antragsberechtigte vom Straftatbestand sowie der Person des Täters Kenntnis erlangt.
Schmerzensgeld wegen Körperverletzung nach Verkehrsunfall
Im Falle einer fahrlässigen Körperverletzung können Geschädigte verschiedene zivilrechtliche Ansprüche geltend machen. Dazu zählen neben Ansprüchen auf Schadensersatz wegen Sach- und Personenschaden auch Schmerzensgeldforderungen. Damit ein Schmerzensgeld in Betracht gezogen werden kann, muss allerdings ein bestimmter Verletzungsgrad vorliegen, der von einem Arzt attestiert wird. Leichte Verletzungen wie Abschürfungen, Schrammen oder geringfügige Prellungen fallen nicht in diese Kategorie.
Das Schmerzensgeld muss von dem Geschädigten im Fall einer fahrlässigen Körperverletzung von der Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers eingefordert werden. Die Höhe des Schmerzensgelds wird derweil von dem zuständigen Gericht festgelegt, das sich an einer sogenannten Schmerzensgeldtabelle orientiert.
Verkehrsrecht: Welche Strafe droht bei fahrlässiger Körperverletzung im Straßenverkehr noch?
Je nach Schwere des Vergehens kommen in Bezug auf eine fahrlässige Körperverletzung im Straßenverkehr verschiedene rechtlichen Folgen in Betracht. So zum Beispiel ein Eintrag in das polizeiliche Führungszeugnis (insbesondere bei erheblichen Verstößen gegen die Sorgfaltspflicht oder bei Wiederholungstaten) und Punkte in Flensburg. Letztere bemessen sich an der Frage, ob dem Täter ein Fahrverbot von einem bis drei Monate erteilt wurde, was zwei Punkte zur Folge hat, oder ob gar die Fahrerlaubnis entzogen wurde. In diesem Fall sind es drei Punkte. Ausgeschlossen ist derweil, dass zusätzlich noch ein Bußgeld verhängt wird. Der Grund: Bei einer fahrlässigen Körperverletzung hat das Strafgesetzbuch Vorrang vor dem Ordnungswidrigkeitenrecht. Zu einer Bußgeldzahlung kann der Unfallverursacher dementsprechend nur aufgefordert werden, wenn das Strafverfahren eingestellt wird und es zu einem anschließenden Bußgeldverfahren kommt.
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