Wildpinkeln: Strafen fürs Urinieren in der Öffentlichkeit
Stadtteil- und Straßenfeste, Kirmes und Karneval ziehen viele Besucher an. Zur Blasenentleerung ist der nächste Baum schnell gefunden. Doch das öffentliche Urinieren kann teuer werden.
23.11.2022 • 5 min Lesezeit
Ist Wildpinkeln verboten?
Wildpinkeln führt nicht nur zu unangenehmen Gerüchen und unschönen Anblicken, sondern ist nach § 118 Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG) verboten. Wer in der Öffentlichkeit uriniert, kann mit einem Bußgeld bestraft werden. Die Höhe der Strafe unterscheidet sich dabei je nach Kommune. In Ausnahmefällen kann öffentliches Urinieren in einigen Städten bis zu 5.000 Euro kosten. Zudem gibt es Unterschiede je nach dem Ort des Geschehens: Wer in seiner Not ein Gebüsch im nahegelegenen Park aufsucht, kommt in der Regel mit einer Verwarnung oder einem geringen Bußgeld – meist im mittleren zweistelligen Bereich – davon. Wer in der Innenstadt gegen eine Häuserwand pinkelt, muss mit einer höheren, meist dreistelligen Strafe rechnen. Wer ein Denkmal oder eine Kirche als öffentliche Toilette benutzt, kann nur noch hoffen, dass der liebe Gott ein Auge zudrückt; die meisten Ordnungshüter kennen in dem Falle kein Pardon mehr.
Ordnungswidrigkeit vs. Erregung öffentlichen Ärgernisses
Wer es nach ein paar Getränken nicht mehr rechtzeitig nach Hause oder zur nächsten öffentlichen Toilette schafft, kann für das unzulässige Verrichten der Notdurft unter Umständen noch mit dem Verständnis seiner Mitmenschen rechnen. Oft kommt es im Zuge von ausgelassenen Feiern aber auch vor, dass sich Menschen völlig ungehemmt ihrer Notdurft entledigen. Scheuen die Wildpinkler dabei die Blicke anderer nicht oder zeigen sogar gänzlich ungeniert ihre naturgegebene Ausstattung, kann es sich um die Erregung öffentlichen Ärgernisses handeln. Sie ist in Deutschland nach § 183a StGB eine Straftat und wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.
In besonders schweren Fällen, beispielsweise wenn das Wildpinkeln vor den Augen von Kindern oder Jugendlichen stattfindet, kann die Strafe höher ausfallen.
Das passende Gerichtsurteil
Das nächtliche Urinieren in die Ostsee stellt keine Ordnungswidrigkeit dar. Es liege keine "Belästigung der Allgemeinheit durch eine grob ungehörige Handlung" vor, entschied das Amtsgericht Lübeck. Man habe den Mann allenfalls schemenhaft erkennen können und es habe sich niemand belästigt gefühlt (Az.: 83a OWi 739 Js 4140/23 jug).
Was kostet Wildpinkeln in Deutschland?
Aachen 55 Euro | Augsburg 50 - 1.000 Euro | Bergisch-Gladbach 50 Euro | Berlin 20 Euro |
Bochum 55 Euro | Bonn 35 - 1.000 Euro | Bremen 50 Euro | Dortmund ab 35 Euro |
Dresden 40 - 1.000 Euro | Duisburg 30 Euro | Düsseldorf 35 - 150 Euro (zzgl. Bearbeitungsgebühr) | Erfurt 35 - 5.000 Euro |
Essen 50 - 500 Euro | Frankfurt/Main 70 Euro (zzgl. Bearbeitungsgebühr) | Görlitz 30 - 50 Euro | Halle/Saale 35 - 5.000 Euro |
Hannover 5 - 5.000 Euro | Kaiserslautern bis zu 5.000 Euro | Karlsruhe 100 Euro | Kiel 50 – 1.000 Euro |
Köln 60 - 200 Euro | Krefeld 35 Euro | Leipzig 35 - 1.000 Euro | Leverkusen 30 Euro |
Ludwigshafen 25 - 35 Euro | Magdeburg 50 Euro | Mülheim/Ruhr 5 - 1.000 Euro | Münster 50 Euro |
Oberhausen 25 Euro | Passau 40 Euro | Regensburg 35 Euro | Rostock 5 - 1.000 Euro |
Schwerin 100 - 1.000 Euro | Stuttgart 55 - 5.000 Euro | Wiesbaden 60 Euro | Würzburg 10 - 35 Euro |
Kein Anspruch auf öffentliche Toiletten
Ein Bürger hat nicht schon deshalb einen Anspruch auf Aufstellung zusätzlicher öffentlicher Toiletten beziehungsweise einen kostenfreien Zugang zu vorhandenen Toiletten, weil er unter krankhaftem Harndrang leidet. Im verhandelten Fall wollte der Kläger die Stadt Essen verpflichten, auf den öffentlichen Plätzen im Stadtgebiet öffentliche, kostenfrei benutzbare Toiletten zu schaffen und kostenfreien Zugang zu vorhandenen Toiletten zu ermöglichen. Hintergrund ist, dass der Kläger unter krankhaftem Harndrang leidet. Übergangsweise verlangte er im Eilverfahren die Aufstellung von Dixi-Toiletten. Das Verwaltungsgericht versagte den Prozesskostenhilfeantrag mangels Aussicht auf Erfolg der Klage.
Das Oberverwaltungsgericht hat die vorinstanzliche Entscheidung bestätigt – die Klage habe keine Aussicht auf Erfolg. Es gebe keine Rechtsvorschrift, auf deren Grundlage der Antragsteller die Aufstellung öffentlicher Toiletten von der Stadt verlangen könne. Dem Antragsteller böten sich andere Möglichkeiten, seinen gesundheitlichen Einschränkungen zu begegnen, um sich in der Öffentlichkeit aufhalten zu können. Dass das Verrichten der Notdurft auf Verkehrsflächen und Anlagen der Stadt ordnungsbehördlich untersagt sei, führe ebenfalls nicht zu einem subjektiven Recht auf Errichtung öffentlicher Toiletten. Der Essener könne auch nicht den kostenfreien Zugang zu bereits vorhandenen Toiletten verlangen, weil der Staat individuell zurechenbare Leistungen der Daseinsvorsorge nicht kostenlos erbringen müsse (OVG Münster, Az.:15 E 830/17, 15 E 831/17).
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