Was ist eine Vorsorgevollmacht?
Eine Vorsorgevollmacht entlastet und gibt Sicherheit in schwierigen Zeiten. Was Sie als Vollmachtgeber und als Bevollmächtigter darüber wissen sollten.
04.08.2023 • 5 min Lesezeit
Was ist eine Vorsorgevollmacht?
Zu wissen, wer sich kümmert, wenn man es selbst nicht kann, ist ein sehr gutes und beruhigendes Gefühl. Mit einer Vorsorgevollmacht können Sie eine oder mehrere Personen als Bevollmächtigte einsetzen und ermächtigen, Ihre vermögensrechtlichen und persönlichen Belange zu regeln.
Wer braucht eine Vorsorgevollmacht?
Niemand kann in die Zukunft sehen. Wenn Sie aber sichergehen möchten, dass eine von Ihnen bestimmte Vertrauensperson im Ernstfall das Ruder übernimmt, tun Sie gut daran, das mit einer Vorsorgevollmacht zu regeln. Der Bevollmächtigte ist aufgrund der Vorsorgevollmacht sofort handlungsfähig. Besprechen Sie mit ihm, wann er die Vollmacht einsetzen soll. Dafür braucht er das Dokument im Original. Überreichen Sie es ihm also direkt oder sagen ihm, wo Sie es aufbewahren, falls es erst im Notfall eingesetzt werden soll.
In nichtehelichen bzw. nicht eingetragenen Partnerschaften sind Vorsorgeverfügungen besonders wichtig. Stichwort Unfall: Ärzte geben Informationen über den Zustand des Patienten nur Ehegatten und eingetragenen Lebenspartnern im Rahmen des Notvertretungsrechts. Nichtverheiratete oder nicht eingetragene Partner haben in einer solchen Situation kein Recht darauf. Eine Vorsorgevollmacht betrifft also nicht unbedingt nur die letzte Phase des Lebens, sondern ist besonders wertvoll, wenn es zu einer vorübergehenden Entscheidungsunfähigkeit kommt.
Wen soll man bevollmächtigen und was kann man regeln?
Wählen Sie Ihren Bevollmächtigten mit Bedacht, schließlich kann er, wenn es so weit ist, weitreichende Entscheidungen treffen. Infrage kommen Familienmitglieder oder enge Freunde. Sie können auch einen Profi einsetzen, etwa den Mitarbeiter eines Betreuungsvereins oder einen Rechtsanwalt. Für alle gilt: Der Bevollmächtigte hat die gleichen Rechte wie der Vollmachtgeber. Daher sollten Sie genau beschreiben, für welche Situationen Sie die Vollmacht erteilen möchten.
Sinnvoll und möglich sind die Bereiche
- Aufenthalts- und Wohnungsangelegenheiten
- Gesundheitsfürsorge in ambulanter oder stationärer Pflege
- Vertretung bei Gericht, Behörden und Versicherungen
- Vermögensverwaltung und Leistung von Zahlungen
- Annahme der Post
- Erteilung von Untervollmachten
- Durchsetzung des Willens aus einer Patientenverfügung und Einsicht in die Krankenakte
Ist eine Vorsorgevollmacht auch über den Tod hinaus gültig?
Nein. Eine Vorsorgevollmacht erlaubt dem Bevollmächtigten, Ihre rechtlichen Angelegenheiten zu regeln, wenn Sie aufgrund von Krankheit, Unfall oder anderer Gründe nicht mehr dazu in der Lage sind. Daraus folgt automatisch, dass die Vorsorgevollmacht mit Ihrem Tod die Gültigkeit verliert. Nach Ihrem Ableben tritt das Testament oder Erbrecht in Kraft, um die Angelegenheiten Ihres Nachlasses zu regeln.
Das sind die Vorteile einer Vorsorgevollmacht
Mit einer Vollmacht ist Ihre bevollmächtigte Vertrauensperson sofort handlungsfähig. Sie sparen sich die Zeit, in der ein Gericht einen Betreuer bestellt. Außerdem bestimmen Sie den Umfang Ihrer Vertretung selbständig und können die Vollmacht jederzeit widerrufen.
Gibt es auch Nachteile?
Bei einer Vorsorgevollmacht besteht die Gefahr von Missbrauch, weil der Bevollmächtigte im Normalfall nicht gerichtlich kontrolliert wird. Außerdem kann es sein, dass die Vollmacht eine bestimmte Situation nicht erfasst, die später eintritt. Eine weitere Hürde könnte sein, dass manche Banken auf eine eigene, persönlich ausgefüllte Bankvollmacht bestehen.
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- Sie bekommen anwaltliche Hilfe, um ein Testament zu erstellen.
- Unser Dienstleister unterstützt Sie bei der Erstellung und Registrierung einer Patientenverfügung – einschließlich Organspendeausweis.
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Wo ist der Unterschied zu Betreuungsverfügung und Patientenverfügung?
Die drei wichtigsten Vorsorgemöglichkeiten Vorsorgevollmacht, Betreuungs- und Patientenverfügung haben jeweils unterschiedliche Aspekte – und lassen sich auf Wunsch kombinieren.
Was ist der Unterschied zwischen Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung? Die Patientenverfügung hält Ihre Wünsche für Ihre medizinische Versorgung fest. Mit einer Betreuungsverfügung oder der Vorsorgevollmacht bestimmen Sie dann beispielsweise, wer sich um deren Durchsetzung kümmern soll. Es ist also sinnvoll, die Verfügungen zu kombinieren. Wenn Sie niemanden haben, dem Sie so sehr vertrauen, dass Sie ihm eine umfassende Vorsorgevollmacht ausstellen wollen, kann eine Betreuungsverfügung die bessere Wahl sein, denn das Gericht kontrolliert den Betreuer.
Was ist der Unterschied zwischen einer Vorsorgevollmacht und einer Generalvollmacht?
Bei der Vorsorgevollmacht liegt der Fokus auf medizinischen, pflegerischen und persönlichen Belangen. Die Vorsorgevollmacht tritt nur in Kraft, wenn Sie selbst nicht mehr handlungsfähig sind. Eine Generalvollmacht hingegen umfasst ein breiteres Spektrum an Entscheidungsbefugnissen und ermächtigt den Bevollmächtigten dazu, in Ihrem Namen sämtliche rechtlichen und finanziellen Angelegenheiten zu regeln. Dies kann beispielsweise die Verwaltung von Bankkonten, Immobilienangelegenheiten oder Vertragsabschlüsse umfassen. Anders als bei der Vorsorgevollmacht ist eine Generalvollmacht auch gültig, solange Sie selbst noch handlungsfähig sind.
Was bedeutet das neue Notvertretungsrecht für Ehegatten und Lebenspartner?
Seit dem 1. Januar 2023 gilt das sogenannte Notvertretungsrecht für Ehegatten und eingetragene Lebenspartnerschaften. Dabei handelt es sich um eine automatische Vertretungsbefugnis für Ehepaare ohne Vorsorgevollmacht oder Betreuungsverfügung, die für längstens sechs Monate gilt.
Wird ein Ehegatte oder Lebenspartner infolge von Krankheit oder Unfall handlungs- bzw. entscheidungsunfähig, kann der andere Ehegatte oder Lebenspartner die Entscheidungen im Bereich der Gesundheitssorge übernehmen.
In erster Linie geht es hierbei um Entscheidungen über Behandlungen und Untersuchungen, aber auch um vermögensrechtliche Entscheidungen wie etwa den Abschluss eines Behandlungsvertrages. Dies ist in § 1358 BGB geregelt.
Vorsorgevollmacht aufsetzen
Schon aus Gründen der Beweiskraft sollten Sie Ihre Vorsorgevollmacht schriftlich aufsetzen. Hierzu können Sie gerne ein Musterformular verwenden. Soll die Vollmacht bestimmte, besonders einschneidende Maßnahmen wie zum Beispiel ärztliche Zwangsmaßnahmen oder die Einwilligung in eine medizinische Behandlung mit schwerwiegenden Folgen umfassen, muss die Maßnahme in der Vollmacht laut Gesetz allerdings schriftlich und ausdrücklich genannt sein. Handelt es sich lediglich um die Vollmacht für ein Bankkonto, sollten Sie unbedingt bei Ihrer Bank nachfragen, ob es dort besondere Formbestimmungen gibt.
Sie können Ihre Vorsorgevollmacht Ihrem Bevollmächtigten aushändigen oder sie bis zu ihrer Nutzung zu Hause verwahren, bei einem Rechtsanwalt oder Notar hinterlegen. Es besteht aber auch die Möglichkeit, die Vollmacht beim Zentralen Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer registrieren zu lassen. So ist sichergestellt, dass das Betreuungsgericht im Falle einer notwendigen Betreuung – etwa wenn der Arzt die Einwilligung zu einer lebensgefährdenden Operation benötigt – von der Vollmacht erfährt und keine Betreuung anordnen muss. Auch Ärzte selbst dürfen seit Anfang 2023 beim Vorsorgeregister abfragen, ob eine Vorsorgevollmacht oder eine andere Vorsorgeverfügung registriert wurde.
Bestätigen Sie von Zeit zu Zeit durch Unterschrift und das aktuelle Datum, dass die Vollmacht weiterhin gelten soll.
Kann man eine Vorsorgevollmacht widerrufen oder zurückgeben?
Die Vorsorgevollmacht gilt so lange, bis Sie sie widerrufen oder bis Sie wieder selbst handeln können. Wenn Sie dies nicht ausdrücklich anderweitig festgelegt haben, erlischt die Vollmacht außerdem mit Ihrem Tod.
Wenn Sie als Vollmachtgeber einen Missbrauch vermuten, verlangen Sie Ihre Vollmacht zurück. Ist sie verloren gegangen oder verweigert Ihr Bevollmächtigter die Herausgabe des Dokuments, können Sie beim Amtsgericht eine Kraftloserklärung beantragen.
Auch der Bevollmächtigte kann die Vorsorgevollmacht an Sie zurückgeben. Wenn Sie auf Hilfe angewiesen sind, muss er aber für eine Vertretung sorgen oder beispielsweise eine Betreuung anregen.
Ist eine Vorsorgevollmacht auch ohne Notar möglich?
In der Regel muss eine Vorsorgevollmacht nicht vom Notar beglaubigt werden. Es gibt nur eine Ausnahme: Wenn der Bevollmächtigte auch beurkundungspflichtige Geschäfte tätigen soll, zum Beispiel Immobilien kaufen oder verkaufen, dann muss der Notar die Vollmacht beglaubigen. Auch falls es Zweifel an der Geschäftsfähigkeit des Vollmachtgebers gibt (z. B. wegen Krankheit oder sehr hohen Alters), empfehlen wir, einen Notar aufzusuchen. Dieser prüft im Rahmen seiner Tätigkeit die Geschäftsfähigkeit und hält dies in der Urkunde fest. So kann späterer Streit über diese Frage vermieden werden.
Was kostet eine Vorsorgevollmacht beim Notar?
Die Kosten, die Notare und Notarinnen für eine Vorsorgevollmacht in Rechnung stellen dürfen, sind im Gerichts- und Notarkostengesetz festgelegt und richten sich nach dem Wert Ihres Vermögens. Sie können zwischen 60 Euro und 1.735 Euro liegen. Dafür ist Ihre Vollmacht aber auch vollständig und auf Ihre Bedürfnisse zugeschnitten und der Notar klärt Sie über Risiken auf.
Wenn die Bevollmächtigten nicht einig sind...
Eine Mutter hatte in einer notariellen Vorsorgevollmacht ihre drei Söhne bevollmächtigt. Als die demenzkranke Frau stürzte, wollte ein Sohn die Mutter in einem Pflegeheim betreut wissen, ein anderer wollte sie zu Hause betreuen. Weil sie nicht in ein Pflegeheim wollte, widerrief die Betroffene in Anwesenheit ihres Notars die Vollmacht des Sohnes, der für ein Heim gestimmt hatte. Der beantragte daraufhin beim Amtsgericht, einen Kontrollbetreuer zu bestellen – und scheiterte vor dem BGH (Az.: XII ZB 537/10). Es muss nämlich der konkrete Verdacht bestehen, dass der Bevollmächtigte der Vollmacht und den Interessen des Vollmachtgebers zuwiderhandelt. Im konkreten Fall verneinten die Richter das. Der Hausarzt hatte nämlich bestätigt, dass die Betroffene auch in ihrer Wohnung gepflegt werden könne. Außerdem könne der eine bevollmächtigte Sohn, der die Mutter zu Hause pflegen wollte, auch durch den dritten Bruder kontrolliert werden.
Wenn ein Betreuer bestellt werden muss
In einem anderen Fall (Az.: XII ZB 584/10) bestätigte der BGH die Betreuerbestellung. Auch dort waren drei Personen bevollmächtigt worden. Zwei von ihnen wollten die Vollmacht nicht wahrnehmen. Bei der dritten bestand der Verdacht, dass die Vollmacht missbraucht wurde. Es war zu finanziellen Unregelmäßigkeiten gekommen. Die Karlsruher Richter verwiesen auf das Betreuungsrecht, nach dem eine Betreuung nicht erforderlich ist, wenn der Bevollmächtigte die Angelegenheiten genauso gut erledigen kann. Daran hatten sie hier indes wegen des drohenden Missbrauchs der Vollmacht Zweifel.
Kein Betreuer bei Vorsorgevollmacht?
Eine Betreuung hat nicht den Zweck, das Vermögen des Betroffenen zugunsten eines gesetzlichen Erben zu erhalten oder zu vermehren. Eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes (BGH) stellt klar, dass – wenn einem Angehörigen eine Vorsorgevollmacht erteilt wird – diese der Bestellung eines Betreuers entgegensteht. Entscheidend sei dabei der mutmaßliche Wille des Betreuten, der sich auf die Umsetzung seiner Vorstellungen aus gesunden Zeiten und seine eigene beste Versorgung und Pflege richte (Az.: II ZB 518/20).
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