Tätliche Beleidigung: Rechtliche Konsequenzen für Ohrfeige & Co.
Worin der Unterschied zwischen einfacher und tätlicher Beleidigung liegt und was man an rechtlichen Konsequenzen zu erwarten hat, wenn einem die "Hand ausrutscht".
03.04.2023 • 4 min Lesezeit
Was ist eine Beleidigung?
Beleidigungen sind leider keine Seltenheit im Alltag. Ob am Arbeitsplatz, im Straßenverkehr oder im persönlichen Umfeld. Eine Beleidigung ist eine Äußerung, die das Ansehen oder den Ruf einer Person herabsetzt und sie in ihrer Ehre verletzt. Das kann zum Beispiel durch abfällige Bemerkungen, verletzende Gesten oder schriftliche Mitteilungen wie E-Mails oder Social-Media-Posts geschehen. Dabei muss die Äußerung nicht unbedingt grob oder vulgär sein, um als Beleidigung zu gelten. Auch subtile oder versteckte Andeutungen können eine Verletzung der Ehre darstellen, so kann die Beleidigung mündlich, schriftlich oder durch nonverbale Handlungen erfolgen.
Beleidigungen können gegenüber Einzelpersonen oder bestimmbaren Gruppen geäußert werden und müssen nicht zwangsläufig eine bestimmte Form oder Intensität aufweisen, um strafbar zu sein. Notwendig ist lediglich eine ehrverletzende Äußerung. Die Beurteilung, ob eine Äußerung als Beleidigung einzustufen ist, hängt dabei immer vom konkreten Einzelfall ab und wird von den Gerichten im Rahmen einer Abwägung der beteiligten Interessen entschieden. Grundsätzlich gilt jedoch, dass jeder Mensch ein Recht auf den Schutz seiner Ehre und seines Ansehens hat und vor Beleidigungen geschützt werden sollte.
Ist Beleidigung eine Straftat?
Beleidigung ist in Deutschland strafbar. Sie wird als vorsätzliche Verletzung der Ehre einer Person durch Kundgebung der Missachtung oder Nichtachtung definiert. In § 185 StGB steht: „Die Beleidigung wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe […] bestraft.“ Bei schweren Beleidigungen oder Wiederholungstaten kann die Strafe höher ausfallen.
Wird eine Beleidigung auf der Stelle erwidert („Selber Idiot!“), kann der Richter nach § 199 StGB beide oder einen Beteiligten für straffrei erklären.
Beleidigung innerhalb der Familie: Geht das?
Innerhalb des engsten Familienkreises besteht ein ehrschutzfreier Raum, der es ermöglicht, sich frei auszusprechen, ohne gerichtliche Verfolgung befürchten zu müssen ("beleidigungsfreie Sphäre"). Dies gilt auch für Äußerungen in WhatsApp-Nachrichten, wie ein Urteil des Oberlandesgerichtes (OLG) Frankfurt am Main (Az.: 16 W 54/18) bestätigt.
Lohnt sich eine Anzeige wegen Beleidigung?
Beleidigung ist ein sogenanntes absolutes Antragsdelikt (§ 194 Abs. 1 StGB), d. h. es wird nur verfolgt, wenn fristgemäß Strafantrag gestellt wird. Allerdings lässt sich die Beleidigung, insbesondere im Zwei-Personen-Verhältnis, selten nachweisen. Diese Verfahren werden häufig von der Staatsanwaltschaft eingestellt.
Wer sich also in seiner Ehre verletzt fühlt und seinen Kontrahenten anzeigt, sollte vorher gut abwägen, ob sich der Aufwand lohnt. Denn der Gang vor Gericht kostet immer Zeit und Nerven. Wie die Sache aber letztendlich ausgeht, ist oft ungewiss.
Was ist tätliche Beleidigung?
Ist eine Beleidigung mit einer körperlichen Handlung verbunden, die das Opfer in seiner körperlichen Unversehrtheit beeinträchtigt, spricht man von einer tätlichen Beleidigung. Auch diese ist nach § 185 StGB strafbar und kann mit einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren geahndet werden.
Ist Anspucken eine Straftat?
Ja, Anspucken ist eine tätliche Beleidigung und somit eine Straftat. Es wird oft als besonders verachtenswerte Form der tätlichen Beleidigung angesehen. Denn Anspucken ist nicht nur eine körperliche Attacke, sondern auch eine ekelerregende und entwürdigende Handlung, die im schlimmsten Fall sogar zu gesundheitlichen Risiken durch die potenzielle Übertragung von Krankheiten übertragen werden können (Bundesgerichtshof, Urteil vom 12.02.2009 – 3 StR 569/08).
Ohrfeige: Tätliche Beleidigung oder Körperverletzung?
Die Beibringung einer Ohrfeige kann im Falle einer Strafanzeige durch den Betroffenen zu einem Strafverfahren wegen Körperverletzung in Tateinheit mit einer tätlichen Beleidigung führen. Eine „leichte“ Ohrfeige, welche die „körperliche Unversehrtheit“ nur unerheblich beeinträchtigt, stellt keine Körperverletzung dar, verwirklicht in der Regel jedoch den Tatbestand der tätlichen Beleidigung gemäß § 185 StGB. Für die Körperverletzung sieht das StGB als Strafmaß eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren oder eine Geldstrafe vor. Die tätliche Beleidigung wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
Obwohl eine Ohrfeige – im Vergleich z. B. zu einem Faustschlag in das Gesicht – landläufig mit einem eher geringen Verletzungsrisiko und geringerer Schmerzhaftigkeit in Verbindung gebracht wird, gilt diese unter Erwachsenen doch als besonders ehrenrührig.
Die Ohrfeige als Erziehungsmaßnahme
Bis ins 20. Jahrhundert wurde die Ohrfeige als probates Erziehungsmittel betrachtet. Trifft eine Ohrfeige nicht lediglich die Wange, kann es sogar gefährlich werden. In Extremfällen können Ohrfeigen bei Kindern und Jugendlichen zu einer erheblichen traumatischen Rotationsbewegung des Kopfes mit resultierender Schädelinnenraumblutung und in der Folge zu bleibenden Hirnschäden mit Behinderung oder gar zum Tode führen. Wird ein Ohr getroffen, so kann die Wirkung der flachen Hand zu einem Überdruck im äußeren Gehörgang führen, was zu dessen Verletzung führt.
Die Ohrfeige als Erziehungsmaßnahme bei Kindern und Jugendlichen verbietet sich somit eigentlich schon von selbst. In Deutschland ist die körperliche Bestrafung gegenüber Kindern und Jugendlichen seit Erlass des Gesetzes zur Ächtung von Gewalt in der Erziehung im Jahr 2000 auch gesetzlich verboten und wer dagegen verstößt, macht sich zumindest der Körperverletzung strafbar. Dazu heißt es in § 223 Abs. 1 StGB: „Wer eine andere Person körperlich misshandelt oder an der Gesundheit schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“
Ohrfeigen: Das sagen die Gerichte
Bei einer Betriebsfeier
Ein Mitarbeiter, der einen Kollegen auf einer Betriebsfeier ohrfeigt, kann auch dann fristlos gekündigt werden, wenn er Betriebsratsvorsitzender ist und bereits über zwanzig Jahre in dem Unternehmen gearbeitet hat (Arbeitsgericht Osnabrück, Az.: 4 BV 13/08 ).
Im Krankenhaus
Die Ohrfeige eines Krankenpflegehelfers gegenüber dem Bewohner eines psychiatrischen Krankenhauses stellt einen wichtigen Grund zur fristlosen Kündigung dar. Eine derart schwere Verfehlung braucht vorher auch keine Abmahnung durch den Arbeitgeber. Dies gilt laut Landesarbeitsgericht auch, obwohl der Arbeitnehmer bereits 58 Jahre alt ist und seit 32 Jahren beschäftigt wird (LAG Schleswig-Holstein, Az.: 5 Sa 240/00).
Am Arbeitsplatz
In einem Schmerzensgeldverfahren wurde einem Arbeitnehmer ein Schadensersatz in Höhe von 800 Euro von seinem vorgesetzten Schichtleiter zugesprochen. Dieser Schichtleiter hatte ihm während des Dienstes im Rahmen einer verbalen Auseinandersetzung über seine Arbeitspflichten eine Ohrfeige verpasst (LAG Köln, Az.: 5 Sa 827/08).
In der Schule
Wird ein Schüler von einem Lehrer geohrfeigt, so steht ihm dann kein Schmerzensgeldanspruch zu, wenn es zu keiner schwerwiegenden Beeinträchtigung des körperlichen Wohlbefindens und des Persönlichkeitsrechts kam (LG Hanau, Az.: 4 O 1184/90). Allerdings kann die Ohrfeige eines Lehrers unter Umständen als Körperverletzung im Amt (§ 340 Abs. 1 StGB) strafrechtliche Konsequenzen haben. Zudem droht dem Pädagogen eine Disziplinarmaßnahme des Dienstherrn, etwa ein Verweis.
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