Pflegekind aufnehmen: Hilfe & Tipps für zukünftige Pflegeeltern
Sie möchten eine Familie auf Zeit oder dauerhaft für Pflegekinder sorgen? Nur Mut! Sie werden gebraucht.
15.08.2024 • 12 min Lesezeit
Als Pflegefamilie bewerben: Infos für zukünftige Pflegeeltern
Sie möchten sich als Pflegefamilie bewerben? Dann lohnt es sich, zunächst ein paar Dinge zum Pflegekinderwesen zu erfahren.
Im Jahr 2022 waren rund 88.000 junge Menschen in Pflegefamilien untergebracht. Im Jahr 2021 waren es 87.300 Kinder und Jugendliche. Unversorgtheit bzw. ein Ausfall der Bezugsperson und Kindeswohlgefährdung sind laut Statistischem Bundesamt die Hauptgründe für die Unterbringung in Pflegefamilien oder Heimen.
Was ist der Unterschied zwischen einem Pflegekind und einem Adoptivkind?
Eine Pflegschaft ist unter juristischem Gesichtspunkt deutlich von einer Adoption zu unterscheiden, denn wenn Sie ein Kind adoptieren, erhalten Sie automatisch sämtliche Rechte – einschließlich des Sorgerechts. Adoptiveltern sind mit leiblichen Eltern gleichzusetzen, während Pflegeeltern leibliche Eltern teilweise nur auf unbestimmte Zeit entlasten und dafür Anspruch auf finanzielle Leistungen gegenüber dem Jugendamt haben. Das Ziel ist es stets, das Kind möglichst schnell wieder in die leibliche Familie zu bringen. Den genauen Zeitrahmen legen Jugendämter und Gerichte fest – ebenso wie die Aufgaben, die Sie als Pflegeeltern übernehmen. Rechtlich bleibt ein Pflegekind also weiterhin das Kind der Herkunftsfamilie.
Solange den leiblichen Eltern das Sorgerecht nicht entzogen wurde, können diese alle wesentlichen Entscheidungen weiterhin selbst treffen. Das gilt zum Beispiel für die Schulwahl. Alltagsentscheidungen hingegen werden von den Pflegeeltern übernommen, wenn das Kind länger dort lebt.
Wann werden Pflegefamilien gebraucht?
Als Pflegefamilie sind Sie als Partner der Jugendämter im weitesten Sinne ein „Dienstleister“. Sind leibliche Eltern nicht mehr in der Lage, ihre Kinder zu versorgen und erziehen, können über das Jugendamt Pflegschaften beantragt werden. Ob Sie als Dauerlösung oder lediglich kurzfristig gefragt sind, hängt vom jeweiligen Fall ab. Eine Pflegschaft verlangt Ihnen komplexe Voraussetzungen ab, die erfüllt werden müssen.
Die Kinder stammen in vielen Fällen aus zerrütteten Verhältnissen und mussten viel Leid erfahren. Schließlich wurden sie ihren leiblichen Eltern nicht einfach so „genommen“ und in die Pflege übergeben. Mitunter kann auch eine Kommunikation mit den leiblichen Eltern erforderlich sein, was die Aufgabe deutlich erschwert, denn: Oftmals gehen die Meinungen auseinander, und eine tragbare Lösung zu finden ist in solchen Situationen eine Frage der Kompromissbereitschaft.
Wie wird man zu Pflegeeltern?
Die erste Anlaufstelle für Sie ist das zuständige Jugendamt. In einem telefonischen oder persönlichen Gespräch können Sie die einzelnen Möglichkeiten in Ruhe durchgehen. Die meisten Jugendämter agieren über einen Pflegekinderfachdienst, mit dem Sie in der Regel recht unbürokratisch einen ersten Kontakt herstellen können.
In manchen Regionen gibt es auch Verbände, die als Vermittlungsstelle für Pflegschaften arbeiten. Meist klärt schon das Erstgespräch, ob eine Bewerbung als Pflegefamilie Aussicht auf Erfolg hat.
Sie können unabhängig von Ihrem Familienstand ein Pflegekind aufnehmen. Die Chancen auf eine Zusage stehen aber am besten bei verheirateten Paaren oder langjährigen Lebensgemeinschaften.
Ist die Bewerbung eingereicht, führt das zuständige Jugendamt mehrere Gespräche durch. Auch ein Hausbesuch steht an. Der Weg von der Bewerberliste bis zur endgültigen Entscheidung kann durchaus mehrere Monate dauern.
In einem Seminar werden Sie auf Ihre neue Aufgabe als Pflegemutter oder Pflegevater vorbereitet. Ziel ist es, ein Kind zu finden, dass zu Ihren Lebensumständen passt und mit dem Sie in jeder Hinsicht zurechtkommen. Gerade diese Suche nimmt Zeit in Anspruch. Hier ist also Geduld gefragt.
Für welchen Zeitraum nimmt man ein Pflegekind auf?
Grundsätzlich gibt es verschiedene Arten der Pflege, die sich im Zeitraum unterscheiden. Wenn Sie sich zum Beispiel nicht dauerhaft an ein Kind binden oder lediglich in Notfallsituationen helfen möchten, ist die Bereitschaftspflege oder Kurzzeitpflege eine ideale Lösung.
Pflegeart |
Ziel |
Dauer |
---|---|---|
Kurzzeitpflege | Kurzzeitpflege wird oft genutzt, um akute Krisensituationen in der Herkunftsfamilie zu überbrücken oder während der Klärung der langfristigen Perspektive des Kindes, zum Beispiel während einer Gerichtsverhandlung. | Tage bis Monate |
Bereitschaftspflege | Zur Bereitschaftspflege werden Kinder in akuten Krisensituationen sofort aufgenommen, bis eine langfristige Lösung gefunden ist. Außerdem gibt es die Bereitschaftspflege für Säuglinge, welche unmittelbar nach der Geburt aus verschiedenen Gründen nicht bei ihren leiblichen Eltern bleiben können. | Einige Tage bis mehrere Wochen |
Langzeitpflege | Das Pflegekind wird für eine unbestimmte Zeit in die Pflegefamilie aufgenommen. Das Kind wird unterstützt und in einer sicheren Umgebung stabilisiert, bis die Herkunftsfamilie wieder in der Lage ist, das Kind aufzunehmen, oder bis eine andere langfristige Lösung gefunden wird (z. B. Adoption oder Dauerpflege). | Monate bis Jahre, mit Perspektive auf mögliche Rückkehr |
Dauerpflege | Diese Form ähnelt der Langzeitpflege, ist aber explizit darauf ausgelegt, dass das Pflegekind dauerhaft in der Pflegefamilie bleibt. Dies wird oft entschieden, wenn eine Rückkehr in die Herkunftsfamilie ausgeschlossen ist. | Langfristig, oft bis zur Volljährigkeit oder darüber hinaus |
Sonderpflege | Diese spezielle Form der Pflege ist für Kinder mit besonderen Bedürfnissen gedacht, zum Beispiel bei Behinderungen oder schweren traumatischen Erlebnissen. Die Dauer richtet sich nach den individuellen Anforderungen des Kindes. | Variiert je nach den individuellen Bedürfnissen des Kindes |
Was ist Voraussetzung, um Pflegeeltern werden zu können?
Eine Partnerschaft oder Ehe erleichtert den Prozess, ist aber im Pflegschaftsrecht nicht zwingend erforderlich. Wenn bereits eigene Kinder im Haushalt leben, muss das aufgenommene Pflegekind mindestens zwei Jahre jünger sein als Ihr jüngstes eigenes Kind.
Sie sollten finanziell abgesichert sein. Sofern eine Partnerschaft besteht, sollten Sie nachweisen können, dass die Finanzierung des aufgenommenen Kindes auch ohne den Verdienst des Partners möglich ist.
Es muss genug Wohnraum zur Verfügung stehen. In vielen Gemeinden wird ein eigenes Zimmer von mindestens zehn Quadratmetern vorausgesetzt, in welchem sich das aufgenommene Kind frei entfalten kann. Weitere Voraussetzungen sind Atteste zum Gesundheitszustand sowie ein polizeiliches Führungszeugnis beider Pflegeeltern.
Besonders hoch sollte Ihre Belastbarkeit sein und der Wille, das angenommene Kind mit seiner Lebensgeschichte zu respektieren und ihm den Halt geben zu können, den es benötigt.
Gibt es eine Altersgrenze für Pflegeeltern?
Eine rechtliche Altersgrenze für Pflegeeltern gibt es zwar nicht. Dennoch spielt das Alter eine wichtige Rolle bei der Entscheidung des Jugendamtes, ob Personen als Pflegeeltern geeignet sind. Meist erwarten die Behörden ein Mindestalter von 21 bis 25 Jahren. Eine ungefähre Altersgrenze zur Aufnahme eines Pflegekindes bezieht sich auf den Zeitpunkt, zu dem das Pflegekind volljährig werden wird. Dann sollten die Pflegeeltern in der Regel nicht älter als 63 Jahre alt sein. Je nach Behörde und Alter des Kindes, kann diese Altersgrenze variieren.
So kann zum Beispiel ein sehr großer Altersabstand zwischen Pflegeeltern und Pflegekindern problematisch sein. Das Jugendamt prüft also, ob die Pflegeeltern in der Lage sind, das Kind bis zur Volljährigkeit zu begleiten und zu unterstützen. Pflegeeltern muss es physisch und psychisch möglich sein, das Kind zu betreuen und zu erziehen. Auf der anderen Seite können ältere Bewerber, die bereits eigene Kinder erzogen haben oder in erzieherischen Berufen tätig waren, mit ihrer Erfahrung punkten. Das kann ein wichtiger Faktor sein, der das Alter relativiert.
Kann ich ein Pflegekind aufnehmen als Single?
Wenn Sie eine sichere und kontinuierliche Betreuung des Pflegekindes gewährleisten können, dürfte das kein Problem sein als Alleinstehender Pflegevater oder Pflegemutter zu werden. Dazu müssen Sie nachweisen, dass:
- das Kind bei Ihnen in stabilen und geregelten Lebensverhältnissen unterkommt,
- Ihre Wohnung genügend Platz bieten und kindgerecht ausgestattet ist,
- Sie Ihren Lebensunterhalt problemlos bestreiten, auch wenn das Pflegegeld eine finanzielle Unterstützung darstellt und
- Sie genügend Zeit für die Pflege und Erziehung haben – gerade bei der Betreuung von kleineren Kindern.
Was passiert mit dem Pflegekind bei einer Trennung der Pflegeeltern?
Oberste Priorität hat immer das Wohl des Pflegekindes. Deshalb entscheidet das Jugendamt nach Gesprächen mit den Pflegeeltern, dem Pflegekind (je nach Alter und Reife) und anderen beteiligten Fachkräften, bei welchem Elternteil das Kind am besten aufgehoben ist. Wenn beide Pflegeeltern nicht mehr in der Lage sind, das Pflegeverhältnis fortzusetzen, sucht das Jugendamt eine neue Pflegefamilie. Da eine Trennung von den Pflegeeltern für das Pflegekind sehr belastend sein kann, wird das Kind auch psychologisch begleitet, um den Übergang so gut wie möglich zu bewältigen.
Wie viele Pflegekinder darf man aufnehmen?
Prinzipiell dürfen Pflegefamilien auch mehrere Kinder aufnehmen, wenn Sie in der Lage sind, deren Bedürfnisse zu erfüllen. Es gibt keine einheitliche gesetzliche Obergrenze in Deutschland, aber in der Praxis empfehlen viele Jugendämter, nicht mehr als drei Pflegekinder gleichzeitig aufzunehmen, damit jedes Kind angemessen betreut werden kann.
Eine der wichtigsten Voraussetzungen ist ausreichend Wohnraum und Platz. Jedes Pflegekind sollte ein eigenes Bett und genügend Raum zum Spielen und Lernen haben. Idealerweise in einem eigenen Zimmer – besonders für ältere Kinder.
Zudem müssen Pflegeeltern in der Lage sein, jedem Kind die notwendige Aufmerksamkeit und Fürsorge zukommen zu lassen. Sie müssen genügend Zeit und Erfahrung mitbringen, um sich um jedes Kind individuell zu kümmern, sei es emotional, schulisch oder gesundheitlich. Pflegeeltern, die bereits Erfahrung mit der Betreuung von Pflegekindern haben, können unter Umständen mehr Kinder aufnehmen als unerfahrene Pflegeeltern.
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Rechte & Pflichten von Pflegeeltern
Damit das Jugendamt weiß, dass Ihr Pflegekind garantiert in einer stabilen und unterstützenden Umgebung aufwächst, müssen Sie eine Reihe von Pflichten erfüllen.
- Pflegeeltern sind verpflichtet, das Pflegekind fürsorglich zu betreuen und zu erziehen. Dazu gehört, das Kind in seiner körperlichen, geistigen und sozialen Entwicklung zu fördern. Für die Gesundheit des Kindes ist Sorge zu tragen, einschließlich regelmäßiger Arztbesuche und notwendiger medizinischer Behandlungen. Pflegeeltern müssen sicherstellen, dass das Pflegekind der Schulpflicht nachkommt und eine angemessene schulische Bildung erhält. Außerdem ist die kulturelle und religiöse Erziehung des Kindes zu achten und zu fördern, soweit dies dem Wohl des Kindes dient.
- Eine enge Zusammenarbeit mit dem Jugendamt ist unbedingt erforderlich. Die Pflegeeltern müssen sich an alle getroffenen Vereinbarungen halten und wichtige Informationen und Ereignisse, wie z.B. gesundheitliche oder schulische Probleme, mitteilen. Alle relevanten Entwicklungen und Ereignisse im Leben des Pflegekindes müssen dokumentiert und dem Jugendamt berichtet werden.
- Wenn möglich und im Interesse des Kindeswohls, müssen Pflegeeltern den Kontakt zur Herkunftsfamilie des Kindes unterstützen und fördern.
- Pflegeeltern sind zur Geheimhaltung verpflichtet und dürfen sensible Informationen über das Pflegekind und seine Herkunftsfamilie nicht unbefugt an Dritte weitergeben.
Pflegeeltern haben aber auch eine Reihe von Rechten, wie zum Beispiel das Recht auf Pflegegeld und auf Unterstützung bei der Organisation des täglichen Lebens. Das Jugendamt bietet Hilfestellungen an, wenn es um besondere Bedarfe des Kindes geht, etwa therapeutische Maßnahmen oder zusätzliche schulische Förderung. Außerdem haben Sie als Pflegefamilie ein Recht auf umfassende Beratungen und Schulungen, die Sie in ihrer Aufgabe unterstützen und auf Herausforderungen vorbereiten.
In allen wesentlichen Angelegenheiten, die das Pflegekind betreffen, haben Sie Mitspracherecht. Sie werden in Entscheidungen über Erziehung, Gesundheitsversorgung und schulische Bildung eingebunden. Zudem haben Sie ein Recht auf Information. Das heißt, Sie dürfen über alle Informationen verfügen, die die Betreuung und Erziehung Ihres Pflegekindes betreffen. Dazu gehören beispielsweise medizinische Unterlagen, schulische Berichte und Informationen über die Herkunftsfamilie, soweit dies notwendig und zulässig ist.
Schließlich haben Pflegeeltern das Recht, die Beziehung des Kindes zu seiner Herkunftsfamilie zu unterstützen, aber auch zu schützen. Wenn der Kontakt zur Herkunftsfamilie nicht im Interesse des Kindes ist, haben Sie das Recht, diesen Kontakt in Absprache mit dem Jugendamt zu begrenzen oder zu unterbinden.
Was dürfen Pflegeeltern nicht?
Pflegeeltern haben viele Rechte und Pflichten, um das Wohl des Pflegekindes zu gewährleisten, aber es gibt auch klare Grenzen, was sie nicht tun dürfen.
- Pflegeeltern dürfen keine rechtlichen Entscheidungen für das Pflegekind treffen. Dazu gehören Entscheidungen über die Namensänderung, Zustimmung zu Auslandsreisen etc. Diese Entscheidungen liegen in der Regel bei den leiblichen Eltern oder dem Jugendamt als Vormund. Sie möchten mit Ihren Pflegekindern in den Urlaub ins Ausland reisen? Auch dafür benötigen Sie die Zustimmung des Jugendamtes sowie die Einwilligung der sorgeberechtigten Eltern.
- Sie dürfen die familiären Bindungen des Kindes zu seiner Herkunftsfamilie nicht unterbrechen oder verändern, wenn Sie keine Zustimmung des Jugendamtes haben. Der Kontakt zur Herkunftsfamilie sollte, sofern im Interesse des Kindeswohls, gefördert und unterstützt werden.
- Bestrafungen, die das Wohl des Kindes gefährden, sind verboten. Körperliche Bestrafungen, seelische Grausamkeiten oder andere entwürdigende Maßnahmen sind untersagt!
- Pflegeeltern dürfen keine medizinischen Behandlungen ohne Zustimmung des Jugendamtes oder der sorgeberechtigten Personen durchführen lassen, außer es handelt sich um Notfallmaßnahmen, die das unmittelbare Leben des Kindes schützen.
- Pflegefamilien dürfen nicht eigenmächtig umziehen. Jeder Umzug muss in Absprache mit dem Jugendamt erfolgen, um sicherzustellen, dass die Betreuung des Kindes weiterhin gewährleistet ist. Wenn Sie mit Ihrem Pflegekind auswandern und ins Ausland ziehen möchten, wird das Prozedere besonders kompliziert. Zunächst benötigen Sie die Zustimmung des Jugendamtes, das sorgfältig prüfen wird, ob das Wohl des Pflegekindes im Ausland sichergestellt werden kann. Zudem ist die Einwilligung der leiblichen Eltern erforderlich, sofern diese das Sorgerecht innehaben. Möglicherweise werden auch Anwälte eingeschaltet, um die rechtlichen Rahmenbedingungen zu klären. Je nach Zielland müssen auch die dortigen gesetzlichen Bestimmungen für die Aufnahme eines Pflegekindes beachtet werden.
- Pflegeeltern haben kein eigenes Sorgerecht. Sie dürfen daher keine weitreichenden Entscheidungen treffen, die das Sorgerecht betreffen, wie z. B. Schulwechsel oder wichtige erzieherische Maßnahmen, ohne das Jugendamt einzubeziehen.
- Schließlich dürfen Pflegeeltern das Kind nicht gegen eine mögliche Rückkehr in die Herkunftsfamilie beeinflussen. Entscheidungen über die langfristige Perspektive des Kindes werden gemeinsam mit dem Jugendamt und, falls möglich, den leiblichen Eltern getroffen.
Werden Pflegeltern zum Vormund?
Pflegeeltern erhalten nicht automatisch die Vormundschaft für das Kind. Es besteht aber die Möglichkeit der Übertragung des Sorgerechts auf einen Pflegeelternteil – oder auch auf beide. Der Weg zum Vormund führt grundsätzlich über das zuständige Familiengericht. Im Grunde genommen geht es bei der freiwilligen Übertragung nur um die offizielle Bestätigung durch den Richter. Sicher ist es praktisch, das Sorgerecht inne zu haben und als Vormund mehr Entscheidungsgewalt zu haben, doch nicht immer funktioniert die Einigung so reibungslos wie gewünscht.
Wurde der Herkunftsfamilie das Sorgerecht entzogen, bleibt die Vormundschaft vorerst beim Jugendamt. Unter bestimmten Umständen kann sie jedoch von der Pflegefamilie beantragt werden. Dies ist dann relativ unbürokratisch möglich, wenn das Kind bereits seit Jahren in der Dauerpflege lebt.
Gibt es Elternzeit & Elterngeld für ein Pflegekind?
Pflegeeltern haben keinen Anspruch auf Elterngeld für Pflegekinder. Das Landessozialgericht Essen hat entschieden, dass im Fall von nicht leiblichen Kindern Elterngeld nur gezahlt wird, wenn eine auf Dauer angelegte und rechtlich verfestigte Familienbeziehung vorliegt. Laut der ausdrücklichen Regelung im Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) sei das aber nur bei der sog. Adoptionspflege der Fall, also dann, wenn das Kind mit dem Ziel der Adoption bei den Pflegeeltern lebt (LSG Essen, Az.: L 13 EG 37/11).
Elternzeit hingegen können Pflegeeltern in Anspruch nehmen, nämlich wenn sie ein Pflegekind in Vollzeitpflege nach § 33 des Sozialgesetzbuches VIII (SGB VIII) aufgenommen haben. Der Zeitraum kann sich pro Kind auf bis zu 3 Jahren erstrecken. Sobald das Pflegekind seinen 8. Geburtstag gefeiert hat, endet Ihr Anspruch auf Elternzeit.
Ab wann darf ein Pflegekind entscheiden?
Pflegekinder haben ein gesetzliches Recht auf Mitsprache in allen sie betreffenden Angelegenheiten. Dieses Recht ist im Sozialgesetzbuch VIII (SGB VIII) verankert und gilt unabhängig vom Alter des Kindes. Das Jugendamt und die Pflegeeltern sind verpflichtet, die Meinung des Kindes zu berücksichtigen und es entsprechend seinem Alter und Entwicklungsstand zu beteiligen. Dabei hängt diese Beteiligung natürlich von seinem Reifegrad ab.
Kleinkinder und jüngere Kinder werden in der Regel über wichtige Entscheidungen informiert und ihre Meinung wird so weit wie möglich berücksichtigt. Ab etwa 14 Jahren haben Jugendliche ein größeres Mitspracherecht und ihre Wünsche und Vorstellungen werden stärker berücksichtigt. In vielen Fällen wird ab diesem Alter der Meinung des Jugendlichen besonderes Gewicht beigemessen. Über grundlegende Lebensentscheidungen kann das Pflegekind jedoch nicht bestimmen, solange es minderjährig ist. Diese Entscheidungen müssen stets im Einvernehmen mit den Sorgeberechtigten und dem Jugendamt getroffen werden.
Wieviel Geld bekommt man für ein Pflegekind?
Für die Betreuung und Verpflegung eines Pflegekindes wird Pflegegeld gezahlt. Es setzt sich aus verschiedenen Fördermitteln zusammen, die je nach Bundesland und Kommune bzw. Landkreis variieren können. Das Grundpflegegeld ist nach Alter gestaffelt. Je älter das Kind, desto höher die Leistungen. Hinzu kommt ein altersunabhängiger Beitrag für die Erziehungsleistung. Weitere Leistungen in Form von Versicherungen und Altersvorsorge für einen erziehenden Elternteil können übernommen werden. Außerdem stehen Pflegeeltern bis zu 50 Prozent des Kindergeldes zu. Hier muss berücksichtigt werden, ob das aufgenommene Kind das älteste in der Familie ist oder nicht.
Außerdem erhalten Sie Beihilfe und Zuschüsse für besondere Anlässe, wie zum Beispiel für:
- Erstausstattung (notwendige Anschaffungen für das Pflegekind)
- besondere Anlässe (z. B. Kommunion oder Konfirmation)
- pädagogische Förderung (z. B. Nachhilfeunterricht)
- Einschulung
- Weihnachten
- Klassenfahrten
- Urlaubsreisen
Pflegegeld für Pflegekinder
Grundlage für die jährliche Neuberechnung des Pflegegeldes bildet die Empfehlung des Deutschen Vereins zur Fortschreibung der Pauschalbeträge in der Vollzeitpflege. Für das Jahr 2023 sah die Empfehlung wie folgt aus:
Alter des Pflegekindes |
Empfohlener Pauschalbetrag für den Sachaufwand |
Kosten für die Pflege und Erziehung |
Gesamtbetrag |
---|---|---|---|
0 – 6 | 639 Euro | 275 Euro | 914 Euro |
6 – 12 | 783 Euro | 275 Euro | 1.058 Euro |
12 – 18 | 919 Euro | 275 Euro | 1.194 Euro |
Gibt es Pflegegeld für Pflegekinder über 18?
Generell ist es möglich, dass Pflegekinder auch über das 18. Lebensjahr hinaus in der Pflegefamilie bleiben und Pflegegeld erhalten. Das Jugendamt leistet im Rahmen des § 41 SGB VIII ("Hilfe für junge Volljährige") Unterstützung, wenn dies zur Persönlichkeitsentwicklung und zur Befähigung zu einer eigenverantwortlichen Lebensführung notwendig ist. Konkret bedeutet das, dass der junge Erwachsene weiterhin finanzielle Unterstützung und Betreuung erhält, um die Herausforderungen des Übergangs ins Erwachsenenleben erfolgreich zu meistern.
Diese Unterstützung kann in verschiedenen Formen erfolgen, etwa durch Fortsetzung der Vollzeitpflege in der Pflegefamilie oder durch ambulante Hilfen, die den jungen Erwachsenen auf dem Weg zu einem eigenständigen Leben begleiten. Voraussetzung ist, dass der Unterstützungsbedarf weiterhin besteht und keine spürbare Verbesserung ohne diese Hilfe zu erwarten ist.
Die Hilfe kann in der Regel bis zum 21. Lebensjahr gewährt werden, in besonderen Fällen auch darüber hinaus, jedoch maximal bis zum 27. Lebensjahr. Der Bedarf wird individuell im Rahmen eines Hilfeplans geprüft und festgelegt.
Bekommt man Pflegegeld für Pflegekinder in Ausbildung?
Ja, das Pflegegeld wird in der Regel weitergezahlt, solange das Pflegekind in der Pflegefamilie lebt und keine eigene ausreichende Einkommensquelle hat, um seinen Lebensunterhalt selbst zu bestreiten. Ausbildungsvergütungen werden in der Regel teilweise auf das Pflegegeld angerechnet.
Wie lange müssen Pflegekinder Geld zurückzahlen?
Pflegekinder müssen das Pflegegeld nicht zurückzahlen, da es eine Unterstützung für ihre Betreuung und Erziehung darstellt und nicht als Darlehen oder rückzahlbare Leistung konzipiert ist.
Verwandtenpflege: Enkelkind, Neffe oder Nichte als Pflegekind aufnehmen
Die Verwandtenpflege funktioniert ähnlich wie die klassische Fremdpflege. Sie müssen ihre Eignung gegenüber dem Jugendamt nachweisen, d.h. die Wohnsituation, die finanzielle Stabilität und die persönliche Eignung zur Betreuung des Kindes müssen passen. Zwischen ihnen und dem Jugendamt wird ein Pflegevertrag geschlossen, der die Rechte und Pflichten beider Seiten regelt. Das Jugendamt unterstützt Sie durch Beratung und Begleitung und Sie haben Anspruch auf Pflegegeld. Wenn Sie mit dem Kind familienähnlich und auf Dauer zusammenleben, können Sie auch Kindergeld beantragen.
Ein Vorteil der Verwandtenpflege ist die bereits bestehende familiäre Bindung zwischen dem Kind und seinen Pflegeeltern. Diese familiäre Nähe kann dem Kind mehr emotionale Sicherheit bieten und seine Integration in die Pflegefamilie erleichtern.
Kann man Verwandtenpflege ohne Jugendamt regeln?
Theoretisch ist Verwandtenpflege auch ohne das Jugendamt möglich. Zum Beispiel, wenn ein Kind für eine kurze Zeit bei Verwandten untergebracht wird. Dies kann kurzfristig und unkompliziert geschehen, vor allem wenn es sich um eine temporäre Lösung handelt und wenn das Verhältnis zwischen den leiblichen Eltern und den Pflegeeltern sehr eng und vertrauensvoll ist. Finanzielle Unterstützung, Beratung und rechtliche Absicherung sind jedoch ohne die Einbeziehung des Jugendamtes nicht möglich.
Rückführung des Pflegekindes
Die wichtigste Voraussetzung für die Rückführung eines Pflegekindes in seine Herkunftsfamilie ist, dass die Bedingungen in der Familie sich deutlich verbessert haben. Die leiblichen Eltern müssen nachweisen, dass sich ihre Erziehungsfähigkeit verbessert hat und dass sie in der Lage sind, ihrem Kind stabile und sichere Lebensverhältnisse zu bieten.
Die Entscheidung, ein Pflegekind aus der Pflegefamilie herauszunehmen und in die Herkunftsfamilie zurückzuführen, wird niemals leichtfertig getroffen. Sie erfolgt auf Basis gründlicher Prüfungen und im Rahmen eines Hilfeplanverfahrens, in dem alle beteiligten Parteien eingebunden sind.
Die Wahrscheinlichkeit der Rückführung hängt also von den individuellen Umständen jedes Falles ab. Statistiken zeigen, dass eine Rückführung häufiger gelingt, wenn intensive und kontinuierliche Unterstützungsmaßnahmen für die Herkunftsfamilie bereitgestellt werden. Langzeitstudien und Erfahrungsberichte von Jugendämtern geben Aufschluss darüber, dass die Rückführung von Dauerpflegekindern seltener erfolgt, insbesondere wenn das Kind bereits über einen längeren Zeitraum in der Pflegefamilie lebt und dort gut integriert ist.
Abbruch des Pflegeverhältnisses
Manchmal muss ein Pflegeverhältnis abgebrochen werden. Zum Beispiel wenn die Pflegeeltern feststellen, dass sie den Anforderungen der Pflege nicht gerecht werden können oder das Pflegekind sich nicht in die Familie integriert. Manche Pflegekinder zeigen Verhaltensweisen, die trotz intensiver Bemühungen nicht bewältigt werden können. Dann muss das Kind aus der Pflegefamilie raus, um eine spezialisierte Betreuung in einer therapeutischen Einrichtung zu bekommen. Lebensveränderungen wie Umzug, Krankheit oder andere persönliche Umstände können ebenfalls dazu führen, dass die Pflegeeltern die Betreuung des Pflegekindes nicht mehr fortsetzen können.
Sollte ein Abbruch unvermeidlich sein, wird vom Jugendamt ein Plan für den Übergang des Kindes in eine neue Betreuungseinrichtung oder Pflegefamilie erstellt. Das sollte möglichst schonend erfolgen, um das Kind nicht noch mehr zu überfordern. Sowohl das Pflegekind als auch die Pflegeeltern erhalten Unterstützung, um den Abbruch des Pflegeverhältnisses zu verarbeiten und den Übergang in einen neuen Lebensabschnitt bestmöglich zu gestalten.
Pflegekind adoptieren
Sie möchten Ihr Dauerpflegekind adoptieren? Voraussetzung dafür ist das Einverständnis der leiblichen Eltern – es sei denn, das Sorgerecht wurde ihnen entzogen. Außerdem müssen Sie eine umfassende Eignungsprüfung bestehen, die vom Jugendamt durchgeführt wird. Hatten Sie mit Ihrem Pflegekind ein gutes, stabiles Verhältnis, erleichtert dies den Prozess erheblich.
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