Digitaler Nachlass: Wer erbt eigentlich mein Facebook?
Was passiert nach dem Tod mit persönlichen Daten und E-Mails? Welche Rechte haben Erben? So planen Sie Ihr digitales Erbe.
26.10.2021
Wenn ein Internet-User stirbt, lebt sein Profil weiter – bis sich jemand kümmert. Wer nicht ewig weiter in den unendlichen Weiten des Netzes schweben möchte, kann leicht vorsorgen. Zum Beispiel mit einem Testament. Das Facebook-Profil eines Verstorbenen wird mittlerweile in den sogenannten Gedenkzustand gesetzt, wenn Freunde oder Verwandte den Tod des Nutzers „melden“. Es sei denn, Sie geben vorher einen digitalen Nachlasskontakt an, der mit eingeschränkten Rechten Ihr Profil verwalten darf. Wir sagen Ihnen, wie Sie Ihr digitales Erbe am besten ordnen. Und berichten von einem aktuellen Urteil des Bundesgerichtshofs zum Erben von Daten im Internet.
Verträge über Nutzerkonten in sozialen Netzwerken wie zum Beispiel ein Facebook-Konto fallen nach dem Tod des Nutzers grundsätzlich an seine Erben. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) nun entschieden (Az.: III ZR 183/17). Bei Briefen und Tagebüchern sei das ganz üblich, betonte der Vorsitzende Richter. Es bestehe kein Grund, digitale Inhalte anders zu behandeln. Mit dem Urteil bekommen die Eltern eines toten Mädchens nach langem Rechtsstreit Zugang zum Facebook-Konto ihrer Tochter. Facebook hält die Inhalte seit fünfeinhalb Jahren unter Verschluss. Jetzt muss der US-Konzern den Eltern als Erben Einblick gewähren. Das Mädchen war Ende 2012 in Berlin vor eine U-Bahn gestürzt. Ob es ein Unglück war oder ein Suizid, ist bis heute nicht geklärt. Die Eltern erhoffen sich von den privaten Chat-Nachrichten auf der Seite Aufschluss über die Todesumstände der 15-Jährigen.
Bedeutung hat das Urteil aber nicht nur für Facebook, sondern auch für ganz reguläre E-Mail-Konten. Damit soll gesichert werden, dass Erben an die E-Mail-Konten des Verstorbenen herankommen können.
So einfach geht es: Gehen Sie in Ihrem Facebook-Profil im Bereich "Allgemeine Kontoeinstellungen" auf die Rubrik "Konto verwalten" – hier können Sie alle gewünschten Angaben machen. Fügen Sie einen Facebook-Freund als Nachlasskontakt hinzu und klicken Sie auf "Senden", um Ihren Kontakt per Direktnachricht zu informieren.
Facebook will seinen Nutzern das Verwalten ihres digitalen Nachlasses erleichtern: Mitglieder können Facebook im Voraus über die Einstellungen mitteilen, ob ihr Konto in den sogenannten Gedenkzustand versetzt werden soll. Außerdem kann ein digitaler Nachlassverwalter ernannt werden, der das in den Gedenkzustand versetzte Konto nach dem Tod weiterführt.
Die so ernannten Verwalter können dann zum Beispiel den Tod des Nutzers auf dessen Facebook-Seite bekannt geben und Bilder posten. So kann eine Art Gedenkstätte im Netz entstehen. Sie können sich allerdings nicht auf dem Facebook-Konto anmelden und auch nicht die Nachrichten des Verstorbenen lesen.
Ebenso können Nutzer in den Einstellungen auswählen, dass das Konto im Todesfall gelöscht wird. So soll verhindert werden, dass Verstorbene nicht mehr bei den automatisch erzeugten Vorschlägen für neue Freundschaften auftauchen, was oftmals für Verstörung sorgte.
Interessant in diesem Zusammenhang
Der Bundesgerichtshof hält in dem oben genannten Urteil die Klauseln zum Gedenkzustand für unwirksam. Facebook hat bislang auf seiner Seite keine Anpassungen vorgenommen und verweist nach wie vor nur auf die Möglichkeit des Nachlassverwalters bzw. des Gedenkzustands.
Erben handlungsfähig machen
Wer sich um sein digitales Erbe kümmert, hilft damit am meisten seinen Erben. Diese sind oftmals überfordert, weil sie nicht wissen, was sie mit den Daten tun sollen.
Ein Testament schreiben
Wenn Sie ein Testament errichten, sollten Sie daher nicht nur Verfügungen über Geld, Wertgegenstände und Immobilien treffen, sondern am besten auch Ihren digitalen Nachlass ordnen. Dann erleben die Erben keine Überraschungen – beispielsweise mit Verträgen für Online-Dienste, die weiterlaufen und bezahlt werden müssen – und sind vor allem schnell handlungsfähig.
Dabei wäre ein erster vernünftiger Schritt, eine oder mehrere Vertrauenspersonen zu benennen, die sich – analog zum Nachlassverwalter auf Facebook – kümmern sollen. Überlegen Sie, was mit Ihrem E-Mail-Postfach, dem Facebook-Profil oder Ihrer digitalen Fotosammlung passieren soll. Alles löschen? Welche Verträge sollen weiterbestehen, welche gekündigt werden? Dafür müssen diese erst einmal gefunden werden.
Daher befähigen Sie am besten die Ihnen vertrauten Menschen, in Ihrem Sinne zu handeln. Indem Sie besprechen, was zu tun ist und indem Sie ihnen Passwörter zugänglich machen. Oder zumindest mitteilen, wo Sie diese hinterlegt haben.
An alles gedacht?
Wir sind an vielen Stellen registriert und vernetzt. Hier hilft eine Übersicht, die zwar keine Vollständigkeit garantiert, aber für Denkanstöße sorgen kann: So könnten Social-Media-Profile auf Facebook, Instagram, Pinterest und Co. existieren. Mögliche Messenger-Dienste sind WhatsApp oder Signal. Daneben gibt es Arbeits-Tools wie E-Mail-Provider (z. B. Google, web.de, gmx.de), Internet-Provider (z. B. Ionos, United Domains, Microsoft Outlook), Dienstleister-Tools (z. B. Canva, Mailchimp), Co-Working-Tools (z. B. Dropbox, Slack, Asana) oder Cloud-Anbieter. Und es könnten Konten bei Foren, Internet- Shops oder Streaming-Portalen wie etwa Spotify oder Netflix bestehen.
Auf eine Übersichts-Liste gehören ebenso PIN- oder Passwort-geschützte Apps von Banken und Sparkassen, Payment Providern (z. B. PayPal, Apple Pay) oder einem Smart Home. Und um ohne Hacker einen digitalen Nachlass zu verwalten, gehören auch PINs oder Passwörter von Smartphone, Tablet und Co. auf eine Liste.
Passwörter sinnvoll hinterlegen
Passwörter in einem Safe oder Bankschließfach deponiert, lassen sich übrigens einfacher ändern, als wenn Sie sie bei einem Notar lagern. Denkbar wäre auch ein verschlüsselter USB-Stick oder ein Passwort-Manager, mit dem Sie Ihre Codewörter verwalten können. Er sammelt alle Zugänge digital und ist stets auf aktuellem Stand, wenn Passwörter geändert werden. So muss man sich nur noch ein einziges Passwort merken.
Vielleicht ist Ihnen wohler, einen Rechtsanwalt oder Notar insgesamt mit der Verwaltung Ihrer Daten zu bevollmächtigen, da diese zur Verschwiegenheit verpflichtet sind. Diese Tätigkeit ist allerdings gebührenpflichtig.
Eine Lösung bieten da spezialisierte Unternehmen, die Ihre Spuren verfolgen und eventuell tilgen. Das ist nicht unproblematisch, wenn solche Firmen Einsicht in den Computer verlangen. Denn man sollte bedenken, dass die Mitarbeiter in diesem Moment auch Zugriff auf alles Private haben. Ein weiteres gutes Argument, das für geordnete Verhältnisse zu Lebzeiten spricht.
Andere Anbieter verlangen lediglich Namen und Adresse des Verstorbenen, um in den Datenbanken der größten Internetfirmen nach Nutzerkonten zu forschen. Dann stellt sich schnell heraus, ob Sie bei einem Internetanbieter etwas bestellt haben, bei einer kostenpflichtigen Partnersuchagentur unter Vertrag stehen oder etwa ein Guthaben bei einem Bezahldienst haben. Alles Verträge, um die sich Erben kümmern müssen.
Der Vorteil ist, dass relativ schnell digitale Aktivitäten identifiziert werden können. Die Erben können dann per Knopfdruck verfügen, ob beispielsweise Verträge gekündigt werden sollen. Eine gute Methode, um fortlaufende Kosten zu beenden und Guthaben zu sichern.
Was den Umgang mit einem digitalen Erbe nicht gerade einfach macht: Es gibt keine einheitliche Regelung. Und selbst wenn, sind Anleitungen zum Löschen von Accounts nur äußerst schwer zu finden. Manchmal hilft ein Blick in die AGBs oder ein Durchforsten der Hilfe-Seiten.
Bei Google erhalten vom User festgelegte Personen über den so genannten „Inactive Account Manager“ Zugriff, wenn man länger inaktiv ist, also nicht nur im Todesfall. Man kann beispielsweise voreinstellen, dass der Account dann komplett gelöscht werden soll. Bei Twitter brauchen Familienmitglieder oder Nachlassverwalter zahlreiche Dokumente um den Account zu löschen, wie Kopien der Sterbeurkunde und einen Ausweis, der die Identität des Antragstellers bescheinigt, ein notariell beglaubigtes Dokument mit Name, E-Mail-Adresse, Kontaktdaten, der Beziehung zum Verstorbenen. Wird Xing ein Todesfall gemeldet, wird das Profil auf unsichtbar gestellt und drei Monate später gelöscht, wenn keine Reaktion auf die Nachfrage, ob der Account nicht mehr gebraucht wird, kommt. Bei GMX.de und Web.de können Erben nach Vorlage eines Erbscheins auf das Postfach zugreifen, es aufrechterhalten oder löschen.