Wenn der Baum aufs Haus fällt: Fünf Fragen zur Versicherung
Die Folgen von Naturgewalten sind zum Teil beträchtlich: abgedeckte Dächer, verbeulte Autos oder Flutschäden. ARAG Expertin Stephanie Windmann beantwortet Fragen zur Versicherung.
23.11.2022 • 3 min Lesezeit
Was zahlt eine Wohngebäudeversicherung?
Stephanie Windmann
Jeder Hauseigentümer sollte eine solche Versicherung haben. Die Gebäudeversicherung für Eigentumswohnungen wird in der Regel von der Hausverwaltung abgeschlossen. Die heute übliche Wohngebäudeversicherung deckt alle Sturmschäden am Gebäude ab. Sie schließt ebenfalls Feuer-, Leitungswasser- und Hagelschäden mit ein. Auch Folgeschäden sind meist mitversichert – wenn beispielsweise durch ein abgedecktes Dach Regenwasser ins Haus eindringt und Wände, Decken oder Fliesen beschädigt. Die Versicherung übernimmt die Kosten, die der Eigentümer braucht, um das Haus nach einem Sturm wieder instandzusetzen.
Zahlt die Versicherung jeden durch Wind und Sturm entstandenen Schaden?
Stephanie Windmann
Nein, nur so genannte Sturmschäden werden grundsätzlich von den Gebäude-, Hausrat- und Kaskoversicherungen abgedeckt. Allerdings spricht man bei einem Unwetter erst dann von einem Sturm, wenn mehr als acht Windstärken herrschen, bzw. der Wind eine Geschwindigkeit von über 61 km/h erreicht.
Wer zahlt, wenn ein gesunder Baum ein Nachbarhaus beschädigt?
Stephanie Windmann
Wenn der Schaden durch einen versicherten Sturm verursacht wurde, leistet in aller Regel die Wohngebäudeversicherung des geschädigten Nachbarn (alle Kosten: Reparatur, Abtransport etc.). Diese nimmt dann je nach Fallkonstellation den Schadenverursacher in Regress.
Wie ist die Lage, wenn ein vorgeschädigter Baum ein Gebäude beschädigt?
Stephanie Windmann
Wenn kein versicherter Sturm und/oder eine massive Vorschädigung des Baumes vorlag, kann der Geschädigte sich direkt an den Nachbarn als Schadenverursacher wenden. Auch hier greift entweder dessen Haftpflichtversicherung - dies kann beispielsweise die private Haftpflichtversicherung oder eine Haus- und Grundbesitzerhaftpflichtversicherung sein. Falls der Verursacher keine Haftpflichtversicherung abgeschlossen hat, haftet er sowieso mit seinem Privatvermögen.
Oder ein vorgeschädigter Baum bei leichtem Sturm aufs Eigenheim fällt?
Stephanie Windmann
Wenn ein versicherter Sturm die Schadenursache war, zahlt die eigene Gebäudeversicherung den Schaden. Ein „sturmloses“ Umstürzen eines krankhaften Baums geht zulasten des Hauseigentümers.
Passende Gerichtsurteile
Verspäteter Gebäudeschaden nach dem Sturm
23.02.2022
Auch wenn Bäume erst Tage später nach dem Sturm umknicken und dabei Schäden verursachen, muss die Gebäudeversicherung nach Auskunft der ARAG Experten zahlen. Vorausgesetzt natürlich, das Umknicken ist ursächlich auf den Sturm zurückzuführen. In einem konkreten Fall war eine Buche erst sechs Tage nach einem Orkan mit über acht Windstärken auf das Haus des Klägers gefallen. Die Haftpflichtversicherung des Nachbarn zahlte einen Betrag in Höhe von gut 18.000 Euro zwar sofort. Doch als der Kläger seine Gebäudeversicherung mit der Bitte informierte, die weiteren Schäden an anderen Gebäudeteilen zu übernehmen, weigerte sich der Versicherer zunächst mit der Begründung, es liege kein versichertes Ereignis vor. Doch ein Sachverständiger stellte fest, dass eindeutig der Sturm die Ursache für das Umstürzen des Baumes war. Also musste die Gebäudeversicherung auch den Schaden am Wintergarten und Sachverständigenkosten erstatten (Oberlandesgericht Hamm, Az.: 6 U 191/15).
Äste dürfen abgeschnitten werden
22.06.2021
Ein Grundstücksnachbar darf überhängende Äste auch dann abschneiden, wenn dadurch das Absterben des Baums oder der Verlust seiner Standfestigkeit droht. Dies hat nach Auskunft der ARAG Experten der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden. Das Selbsthilferecht aus Paragraf 910 Bürgerliches Gesetzbuch könne aber durch naturschutzrechtliche Regelungen eingeschränkt sein (Az.: V ZR 234/19). Sie wollen mehr erfahren? Lesen Sie die aktuelle Pressemitteilung des BGH.
Eine harte Nuss ...
14.02.2018
Hauseigentümer haften nicht für Schäden durch Walnussbäume, die über die Grundstücksgrenze des Nachbarn ragen. Der Kläger hatte im konkreten Fall seinen Pkw auf einem Grundstück geparkt, das an das Grundstück des Beklagten grenzt. Auf dem Grundstück des Beklagten stand ein Walnussbaum, dessen Äste circa 1,5 Meter auf das Nachbargrundstück ragten. Der Beklagte hatte diesen Walnussbaum regelmäßig zurückgeschnitten. Der Kläger behauptet, dass durch starke Winde mehrere mit Nüssen behangene Äste von dem Walnussbaum des Beklagten auf das Klägerfahrzeug gefallen seien und dabei mehrere Dellen am Gehäuse, der Motorhaube und dem Dach verursacht hätten. Insgesamt sei ein Sachschaden von circa 3.000 Euro entstanden. Der Kläger meint, der Beklagte hätte dafür sorgen müssen, dass von dem Walnussbaum keine Gefahren ausgehen.
Das aufgerufene Gericht entschied, dass der Kläger im Herbst bei einem Walnussbaum mit dem Herabfallen von Nüssen hätte rechnen müssen. Dies sei eine natürliche Gegebenheit. Anhaltspunkte dafür, dass der Baum krank gewesen sei, habe es nicht gegeben. Grundsätzlich sei es auch im Interesse der Allgemeinheit wünschenswert, dass in Städten Nussbäume vorhanden seien; daher müssten die Verkehrsteilnehmer im Herbst damit rechnen, dass Walnussbäume ihre Nüsse verlieren. Wer unter einem Nussbaum parkt, trage das allgemeine natürliche Lebensrisiko, ergänzen ARAG Experten (AG Frankfurt aM; Az.: 32 C 365/17 (72).
Wenn ein Ast aufs Auto kracht
27.07.2017
Eigentümer von Bäumen müssen darauf achten, dass durch die Bäume keine Schäden entstehen. Eine Frau hatte ihr Auto unter einer Rotbuche an einer Wohnanlage geparkt. Dort hatte es ein heruntergefallener Ast beschädigt. Die Frau verlangte, dass die Hausverwaltung den Sachschaden von rund 9.000 Euro übernimmt, weil diese den Baum nicht ausreichend untersucht und überwacht habe.
Ein im Prozess eingeholtes Sachverständigengutachten ergab, dass die Rinde an einer Astgabelung länglich verdickt war, was ein Anzeichen für eine mögliche Instabilität ist. Die Klägerin war der Auffassung, die Hausverwaltung hätte deswegen fachmännischen Rat einholen müssen. Das Gericht wies die Klage ab. Zwar müsse der Eigentümer eines Baumes grundsätzlich dafür Sorge tragen, dass von dem Baum keine Gefahr ausgehe und die Bäume auf seinem Grundstück regelmäßig auf Schäden und Erkrankungen und auf ihre Standfestigkeit untersuchen. Dies gelte in erhöhtem Maße, wenn der Baum im Bereich von Verkehrsflächen stehe und damit potenziell andere Personen gefährde. Privatleute müssten nicht laufend, sondern nur in angemessenen zeitlichen Abständen eine äußere Sichtprüfung durchführen. Vorliegend sei die Instabilität der Rotbuche nur für einen Baumfachmann mit forstwirtschaftlichem Wissen, nicht aber für einen Laien erkennbar gewesen. Der Hausverwaltung sei daher kein Vorwurf zu machen – die Frau müsse daher ihren Schaden selbst tragen, erklären ARAG Experten (OLG Oldenburg, Az.: 12 U 7/17).
Könnte Sie auch interessieren
Bäume fällen auf Privatgrundstück
Manchmal wachsen einem die Bäume im Garten buchstäblich über den Kopf, das Laub harken nervt oder man hat den Baum gar nicht selbst gepflanzt. Aber darf man Bäume einfach so fällen?
Hecke schneiden: Was wann erlaubt ist
Bevor Sie zur Heckenschere greifen: Lesen Sie unseren Ratgeber. Wir sagen Ihnen, was Sie als Gartenbesitzer zum Heckenschnitt unbedingt wissen sollten.