Die Baugenehmigung: Antrag, Kosten und Rechtsfragen
Egal ob Anbau, Wintergarten oder Carport: Für die meisten Bauvorhaben braucht man eine Baugenehmigung.
05.08.2022 • 6 min Lesezeit
Was ist eine Baugenehmigung?
Jede Privatperson in Deutschland darf ihr Grundstück grundsätzlich nach eigenem Ermessen nutzen, verändern und bebauen. Für die Umsetzung dieses Rechts bedarf es oft einer Baugenehmigung, mit der die zuständige Bauaufsichtsbehörde es dem Antragssteller genehmigt, eine bauliche Anlage zu errichten oder eine bauliche Änderung vorzunehmen. Der Grund dafür ist einfach: Nicht nur die Freiheit des Bauherren muss geschützt werden, sondern auch das Interesse der Gesellschaft – sei es in Bezug auf Einsturz- oder Brandgefahr, Naturschutz oder andere Faktoren. Denn ganz egal, ob es sich um eine neue Terrasse, ein Gartenhaus, ein zu restaurierendes Hausdach, einen Pool oder eine Sauna handelt: Von einem Bauprojekt können immer auch Gefahren und Konflikte ausgehen. Und diese gilt es bestmöglich zu vermeiden.
Ab wann braucht man eine Baugenehmigung?
In welchen konkreten Fällen eine Baugenehmigung erteilt werden muss, ist in Deutschland von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich und muss dementsprechend von Einzelfall zu Einzelfall geprüft werden. Grundsätzlich sollten Sie als Bauherr jedoch davon ausgehen, dass selbst kleinere Projekte – vom Anbau eines Wintergartens über die Errichtung eines Tiny House bis zum Carport – genehmigungspflichtig sind. Klarheit verschafft hier ein Blick in die jeweilige Landesbauordnung oder ein Gespräch mit der zuständigen Baubehörde.
Baugenehmigung beantragen: Welche Unterlagen sind wichtig?
Wollen Sie eine Baugenehmigung für ein bauliches Vorhaben beantragen, müssen Sie dafür einen entsprechenden Bauantrag bei der zuständigen Baubehörde stellen. Dies geschieht in der Regel in Absprache mit einem Ingenieur, einem Architekten oder einem von Ihnen beauftragten Bauunternehmen.
Welche Unterlagen und Dokumente für den Bauantrag benötigt werden, ist in der sogenannten Bauvorlagenverordnung festgelegt. Diese weicht zwar von Bundesland zu Bundesland ab, meist werden jedoch folgende Informationen abgefragt:
- Lageplan
- Bauzeichnungen und Baubeschreibungen
- Angaben zur Entwässerung und Wasserversorgung des Grundstücks
- Informationen zur straßenmäßigen Erschließung
- Nachweise über Statik, Schallschutz und Dämmung
- Abstandsflächenübernahmeerklärung
- Freiflächengestaltungsplan
Erst wenn diese Dokumente vorliegen, kann das Bauamt Ihren Antrag prüfen und ¬– insofern keine Verstöße gegen das Baurecht oder öffentlich-rechtliche Bedenken vorliegen – genehmigen.
Wichtig zu wissen: Wollen Sie zunächst einmal klären, ob ein Bauvorhaben prinzipiell verwirklicht werden könnte oder ob es ggf. Einschränkungen gibt, stellen Sie beim Bauamt eine sogenannte Bauvoranfrage. Diese ist mit deutlich weniger bürokratischem Aufwand verbunden als ein Bauantrag und kann Ihnen bereits dabei helfen, sich einen ersten Überblick zu verschaffen.
Was kostet eine Baugenehmigung?
Die Kosten einer Baugenehmigung bzw. die Kosten eines Bauantrags hängen grundsätzlich mit den Gesamtkosten des jeweiligen Bauprojekts zusammen. Als Faustregel gilt hier: Zwischen 0,5 und 1 Prozent der Bausumme müssen für die Baugenehmigung einkalkuliert werden. Wird also ein Anbau für 10.000 Euro geplant, dann bewegen sich die Kosten für den Bauantrag für gewöhnlich irgendwo zwischen 50 und 100 Euro. Bei einem Hausbau für 500.000 Euro muss der Bauherr wiederum mit Kosten von bis zu 5.000 Euro rechnen.
Erteilung: Wie lange dauert eine Baugenehmigung?
Wie lange die Erteilung einer Baugenehmigung dauert, ist nicht zuletzt von den Dimensionen des jeweiligen Bauprojekts abhängig. So kann allein schon die anfängliche amtliche Bearbeitung des Antrags unterschiedlich viel Zeit in Anspruch nehmen: Von einigen Tagen oder Wochen bei einem kleineren Vorhaben bis zu mehreren Wochen und Monaten bei größeren Projekten.
Die genauen Bestimmungen weichen darüber hinaus auch hier von Bundesland zu Bundesland bzw. von Landesbauordnung zu Landesbauordnung ab. So entscheidet die Bauaufsichtsbehörde in Berlin laut eigenem Bekunden etwa „innerhalb einer Frist von einem Monat“, nachdem „die vollständigen Bauvorlagen und alle für die Entscheidung notwendigen Stellungnahmen anderer Ämter und Behörden vorliegen“. Die Baurechtsbehörde in Baden-Württemberg gelobt währenddessen, den Bauantrag „innerhalb von zehn Arbeitstagen nach Eingang auf Vollständigkeit zu überprüfen“ und – je nach Fall – innerhalb von einem oder zwei Monaten zu entscheiden.
Wie lange ist eine Baugenehmigung gültig?
Die Gültigkeitsdauer einer Baugenehmigung ist in der jeweiligen Landesbauordnung festgeschrieben und dementsprechend deutschlandweit nicht einheitlich geregelt, sie beträgt zwischen zwei bis sechs Jahre. Eine Baugenehmigung kann in einigen Bundesländern bereits nach einem Jahr erlöschen, wenn die Bauausführung bereits begonnen und danach wieder unterbrochen wurde. Als Bauherr sollten Sie sich also frühzeitig mit der Landesbauordnung vertraut machen oder sich bei der zuständigen Baubehörde nach den geltenden Fristen in Ihrem Bundesland erkundigen.
Kann ich eine Baugenehmigung verlängern?
Insofern eine Baugenehmigung noch nicht erloschen ist, kann sie in der Regel verlängert werden. Dafür bedarf es jedoch erneut der Zustimmung der jeweiligen Bauaufsichtsbehörde und eines entsprechenden Antrags auf Verlängerung, der vor dem Ablauf der Geltungsdauer der Baugenehmigung beim Bauamt eingegangen sein muss. Werden alle Unterlagen fristgerecht eingereicht, dann kann eine Baugenehmigung, je nach Bundesland, bis zu dreimal verlängert werden.
Bundesland |
Gültigkeit der Baugenehmigung in Jahren |
Mögliche Verlängerung in Jahren |
---|---|---|
Baden-Württemberg | 3 | 3 |
Bayern | 4 | 2 |
Berlin | 2 | 1 |
Brandenburg | 6 | Keine Verlängerung möglich |
Bremen | 3 | 3 |
Hamburg | 3 | 1 |
Hessen | 3 | 2 |
Mecklenburg-Vorpommern | 3 | 1 |
Niedersachsen | 3 | 3 |
Nordrhein-Westfalen | 3 | 1 |
Rheinland-Pfalz | 4 | 4 |
Saarland | 3 | 1 |
Sachsen | 3 | 2 |
Sachsen-Anhalt | 3 | 1 |
Schleswig-Holstein | 3 | 2 |
Thüringen | 3 | 1 |
Kann man nachträglich eine Baugenehmigung erhalten?
Haben Sie für ein eigentlich genehmigungspflichtiges Bauvorhaben keine Baugenehmigung eingeholt, dann haben Sie damit gegen die Landesbauordnung verstoßen. Eine Baugenehmigung kann in manchen Fällen zwar auch nachträglich beantragt werden, neben etwaigen Bußgeldern und Sanktionen droht Ihnen hier jedoch womöglich Ungemach. Denn auch eine nachträgliche Baugenehmigung wird immer nur nach aktuell geltendem Baurecht erteilt und nicht rückwirkend. Das bedeutet: Verstößt Ihr bereits abgeschlossenes Projekt gegen baurechtliche Vorschriften, dann fallen ggf. kostspielige Anpassungen und Umbauten an – oder es droht gar ein Abriss.
Abweichung von Baugenehmigung: Strafen und Konsequenzen
Da eine Baugenehmigung immer nur für ein ganz spezielles Bauvorhaben erteilt wird, haben Sie sich als Bauherr in der Bauausführung auch an den Plan zu halten, den Sie dem Bauamt mitgeteilt haben. Ist dies nicht der Fall bzw. weicht die Bauausführung maßgeblich von den Plänen ab, auf denen die Baugenehmigung basiert, dann handelt es sich bei Ihrem Gebäude womöglich um einen „Schwarzbau“. Und dieser kann mit hohen Bußgeldern oder einer sogenannten Nutzungsuntersagungsverfügung geahndet werden. Zudem wird in diesem Fall auch die Erteilung einer neuen Baugenehmigung fällig werden, für deren Kosten Sie erneut aufkommen müssen.
Bauen ohne Baugenehmigung: Strafen, mit denen Sie rechnen müssen
Da in Deutschland für den Großteil aller baulichen Maßnahmen eine Baugenehmigung vonnöten ist bzw. nur wenige kleinere Bauprojekte genehmigungsfrei sind, ist der Bau ohne Baugenehmigung als direkter Verstoß gegen die Landesbauordnung zu werten. Ein solcher kann je nach Schwere des Falls (vom illegalen Anbau einer Terrassenüberdachung über den Dachausbau ohne Genehmigung bis hin zur Errichtung eines ganzen Hauses) mit Bußgeldern in vier-, fünf- oder gar sechsstelliger Höhe geahndet werden. Zudem kann die Bauaufsichtsbehörde den Bauherren auch zum Abriss oder zum Rückbau oder der Anpassung des von ihm errichteten Gebäudes oder Anbaus auffordern oder die Nutzung komplett untersagen.
Verjährung bei fehlender Baugenehmigung
Auch wenn in Internetforen und an Stammtischen oft gegenteilige Einschätzungen abgegeben werden: Ein Bau ohne Baugenehmigung bzw. ein „Schwarzbau“ erlangt in der Regel keinen Bestandsschutz, nur weil er lang genug existiert hat oder von niemandem angefochten wurde. Stellen die Behörden fest, dass ein Gebäude ohne Baugenehmigung errichtet wurde, können sie den Abriss oder den Rückbau des Objekts auch noch Jahre oder Jahrzehnte nach seiner Errichtung anordnen. Von Verjährung keine Spur. Gerade beim Erwerb von älteren Häusern sollte deshalb auch immer geprüft werden, ob für alle Um- und Anbauten die entsprechenden Baugenehmigungen vorliegen.
Mein Antrag auf Baugenehmigung wurde abgelehnt – was tun?
Hat das Bauamt Ihren Bauantrag abgelehnt, dann können Sie gegen diesen Beschluss innerhalb von vier Wochen schriftlichen Widerspruch einlegen. Er sollte jedoch gut begründet und mit entsprechenden Unterlagen, die Ihr Anliegen stützen, unterfüttert werden. Diese Informationen können Sie zwar auch nachreichen, sie werden dann jedoch womöglich nicht mehr ausreichend berücksichtigt.
Wird auch Ihr Widerspruch abgelehnt, dann bleibt Ihnen nur noch eine Klage gegen das Bauamt. An dieser Stelle sollten Sie sich angesichts der Kosten eines Verfahrens jedoch gut überlegen, wie groß ihre Chancen auf Erfolg sind. Besprechen Sie dies, falls möglich, am besten auch mit einem Juristen oder Anwalt, der sich im Baurecht auskennt.
Mögliche Gründe, warum der Bauantrag abgelehnt wird
Die Ablehnung eines Bauantrags kann aus ganz unterschiedlichen Gründen erfolgen. Zum Beispiel dann, wenn:
- sich ein Grundstück nach Einschätzung der Bauaufsichtsbehörde nicht für die geplante Bebauung eignet
- das geplante Objekt nicht ins Ortsbild passt
- naturschutzrechtliche Vorschriften verletzt werden
- eine Missachtung des Denkmalschutzes vorliegt
- eine Beeinträchtigung der Öffentlichkeit gegeben ist
Wann brauche ich die Zustimmung meines Nachbarn zum Bauvorhaben?
Ein Nachbar muss in der Regel nur dann an einem Bauprojekt beteiligt werden bzw. einem Bauvorhaben zustimmen, wenn bei diesem von nachbarschützenden Vorschriften abgewichen werden soll. Dies kann zum Beispiel dann der Fall sein, wenn eine Gartenlaube näher an die Grundstücksgrenze gebaut werden soll als es entsprechende Abstandsflächenvorschriften zum Nachbargrundstück vorschreiben – oder wenn ein neuer Balkon oder eine neue Terrassenüberdachung über das erlaubte Maß an das Haus des Nachbarn heranreicht.
Seine Zustimmung erteilt der betroffene Nachbar normalerweise durch die Unterzeichnung der entsprechenden Lagepläne und Bauzeichnungen. Sind diese einmal unterschrieben beim Bauamt eingegangen, dann kann die Zustimmung – insofern das Bauvorhaben später nicht unzulässig verändert wird – nicht mehr widerrufen werden.
Widerspruch oder Klage gegen die Baugenehmigung eines Nachbarn
Wollen Sie sich gegen das bereits genehmigte Bauvorhaben eines Nachbarn wehren? Dann sollten Sie einen begründeten Verdacht dafür haben, dass bei dem Bauprojekt landesbaurechtliche Vorschriften (wie beispielsweise festgelegte Grenz- und Gebäudeabstände oder bestimmte Rücksichtnahmegebote) verletzt werden. Sind Sie sich dessen sicher, legen Sie zunächst Widerspruch bei der zuständigen Baugenehmigungsbehörde ein. Dieser verhindert zwar nicht unbedingt, dass Ihr Nachbar sein Bauvorhaben zunächst fortführt (dafür braucht es ein Eilverfahren, mit dem Sie bei der Behörde eine zeitweilige Aussetzung der Baugenehmigung beantragen), garantiert jedoch, dass dies mit einem erheblichen Risiko verbunden ist. Denn hat Ihr Widerspruch Erfolg, müssen die bereits vollzogenen Baumaßnahmen später womöglich wieder rückgängig gemacht werden. Wird Ihr Widerspruch wiederum abgelehnt, dann bleibt Ihnen nur noch der Weg einer Anfechtungsklage bzw. einer sogenannten Drittanfechtungsklage beim Verwaltungsgericht.
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