Mehr Zeit für große Pläne – eine längere Reise trotz Job
Mit festem Job ausgiebig die Welt erkunden? Wer möchte, kann Arbeitszeiten ansparen – dank verschiedener Arbeitszeitmodelle und dem Flexi-II-Gesetz.
19.04.2015 • 3 min Lesezeit
Stellen Sie sich vor, Sie gehen zu Ihrem Chef und erklären ihm, dass Sie eine Reise planen – für ein halbes Jahr. Was von ihm folgt, ist kein Stirnrunzeln, sondern ein schlichtes: „Ok.“ Möglich wird's durch das Flexi-II-Gesetz und unterschiedliche Arbeitszeitmodelle, die es erlauben, weit über die gewöhnliche Urlaubsdauer hinaus eine Reise zu unternehmen.
Wer etwas mehr von der Welt sehen möchte, sollte vor allem eines einpacken: viel Zeit. Denn eine Reise kreuz und quer über den Planeten ist nicht in zwei oder drei Wochen erledigt. Einige Monate empfehlen sich eher.
Leicht gesagt, wenn man Student oder Rentner ist. Aber wie sieht es bei Menschen aus, die fest im Job stehen? Mittlerweile recht gut – die Grundlage dafür bilden Arbeitszeitkonten sowie das Flexi II-Gesetz, kurz „Flexi II“.
Das Flexi II-Gesetz trat im Januar 2009 in Kraft und schaffte bessere Rahmenbedingungen für das Ansparen von Arbeitszeiten auf Langzeitkonten, auch Wertguthaben genannt. Diese werden vertraglich vereinbart und sollen Beschäftigten mehr Freiraum und Flexibilität bei der Gestaltung ihrer Arbeitszeit ermöglichen. Und zwar auch über längere Zeiträume.
Das bedeutet: Die Beschäftigten haben die Möglichkeit, Arbeitszeiten auf diesen Konten zu sparen, um sie bei Bedarf für ihre außerberuflichen Vorhaben zu verwenden. Die angesparten Zeiten können Arbeitnehmer nutzen, um sich vorzeitig in den Ruhestand zu verabschieden oder um andere außerberufliche Pläne zu verwirklichen. Zum Beispiel für die Kindererziehung oder die Pflege eines Angehörigen.
Die Langzeitkonten sind aber auch für die Realisierung eines Sabbaticals gedacht, das unter anderem die Möglichkeit eröffnet, eine längere Reise anzutreten. Allerdings besteht kein gesetzlicher Anspruch auf eine solche Auszeit. Doch es empfiehlt sich, seinen Chef darauf anzusprechen. Die Bedeutung einer gesunden Work-Life-Balance ist Arbeitgebern bewusst und viele von ihnen unterstützen ihre Mitarbeiter bei deren Plänen.
Mit dem Flexi II-Gesetz hat der Gesetzgeber die Rahmenbedingungen für die Langzeitkonten verbessert. Die neue Regelung verpflichtet dazu, dass zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer eine schriftliche Vereinbarung zum Aufbau des Wertguthabens auf den Langzeitkonten vorliegen muss.
Darüber hinaus schreibt das Flexi II-Gesetz vor, dass der Beschäftigte
sein Wertkonto mitnehmen kann, wenn er seine Arbeitsstelle wechselt. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass der neue Arbeitgeber zustimmt. Zudem ist das angesparte Wertguthaben auf dem Langzeitkonto bei Insolvenz des Arbeitgebers geschützt. Das Flexi II-Gesetz hält fest, dass die Vertragsparteien eine effektive Insolvenzversicherung des Wertguthabens vereinbaren müssen.
Teilzeit
Für längere Zeit nicht arbeiten – und trotzdem Geld erhalten. Eines der Arbeitszeitmodelle, die das ermöglichen, ist die Teilzeitarbeit. Und so funktioniert es: Sie schließen mit Ihrem Arbeitgeber einen befristeten Teilzeitvertrag, der aus Ihrer Vollzeitstelle für eine bestimmte Zeit eine Teilzeitstelle macht. Allerdings nur auf dem Papier. In Abstimmung mit Ihrem Arbeitgeber treten Sie nicht kürzer, sondern arbeiten weiterhin Vollzeit. So generieren Sie jeden Tag eine Fülle an Überstunden, die direkt auf Ihr Arbeitszeitkonto wandern. Während Ihrer Reise bauen Sie die angesparte Zeit ab. Ihr Chef bezahlt Ihr Gehalt sowie Ihre Sozialversicherungsbeiträge – obwohl Sie gerade Fiji, Malta oder Korsika besichtigen.
Der besondere Vorteil bei dieser Form der Arbeitszeitmodelle: Als Arbeitnehmer haben Sie einen gesetzlichen Anspruch auf Teilzeitarbeit. Die Voraussetzungen dafür sind, dass Sie mindestens seit sechs Monaten in Ihrem Unternehmen tätig sind und dass Ihre Firma über 15 Mitarbeiter beschäftigt. Doch es gibt Ausnahmen. Zum Beispiel wenn betriebliche Gründe oder bestimmte Arbeitsabläufe gegen die Teilzeitarbeit sprechen.
Unbezahlter Urlaub
Eine weitere Art der flexiblen Arbeitszeitmodelle ist der unbezahlte Urlaub. Sein klares Plus: Die bei den anderen Modellen üblichen langen Vorlaufzeiten entfallen hier. Andererseits zahlt der Arbeitgeber in diesem Fall kein Gehalt und entrichtet keine Sozialversicherungsbeiträge. Das Arbeitsverhältnis ruht während der Reise.
Ganz wichtig: Beim unbezahlten Urlaub entfällt der Versicherungsschutz nach einer Zeit. Der Reisende ist noch einen Monat nach seinem Abschied in der gesetzlichen Renten-, Pflege- und Krankenversicherung versichert. Nach Ablauf dieses Monats ist er verpflichtet, sich selbstständig um einen Versicherungsschutz zu kümmern.
Ein gesetzlicher Anspruch auf unbezahlten Urlaub besteht bis auf wenige Ausnahmen nicht. Während des unbezahlten Urlaubs bleibt der Kündigungsschutz unangetastet, sodass Sie Ihre Reise unbeschwert genießen können.
Lohnverzicht
Diese Variante der flexiblen Arbeitszeitmodelle lässt vermuten, dass der Arbeitnehmer während seiner Welterkundung auf den Lohn verzichtet. Doch es ist anders. Lohnverzicht bedeutet in diesem Fall, dass der Beschäftigte bereits vor seiner längeren Reise Abstriche beim Gehalt macht.
Genauer gesagt: Er vereinbart mit seinem Arbeitgeber einen Zeitraum, innerhalb dessen er bewusst einen Teil seines Lohns nicht ausgezahlt bekommt. Stattdessen fließt das Geld beim Lohnverzicht auf ein Guthabenkonto, wo es der Beschäftigte anspart. Ist er dann in der Welt unterwegs, kann er sich dieses angesparte Guthaben auszahlen lassen. So freuen Sie sich trotz Abwesenheit über ein Einkommen sowie die vom Arbeitgeber geleisteten Sozialversicherungsbeiträge.
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