Wie Sie als Azubi Ihren Ausbildungsvertrag kündigen
Fristlose Kündigung, ordentliche Kündigung und Aufhebungsvertrag: Wir zeigen Ihnen, worauf Sie achten müssen.
18.08.2023 • 6 min Lesezeit
Das Berufsbildungsgesetz als rechtliche Grundlage der Ausbildung
Als Azubi genießen Sie einen besonderen rechtlichen Schutz vom Gesetzgeber, damit Ihr Arbeitgeber den Vertrag nicht einfach kündigen kann. Aber auch Sie müssen einiges beachten, wenn Sie Ihr Ausbildungsverhältnis vorzeitig kündigen wollen. Die rechtlichen Einzelheiten sind unter anderem im Berufsbildungsgesetz (BBiG) festgelegt.
Im BBiG ist geregelt, was der Ausbildungsvertrag beinhaltet und welche Pflichten Ausbildungsbetriebe haben, aber auch, wie viel Gehalt Azubis zusteht und wie lange die Probezeit geht. Bei minderjährigen Auszubildenden haben die jeweiligen Erziehungsberechtigten noch einen Teil der Verantwortung. So müssen sie zum Beispiel den Ausbildungsvertrag mit unterschreiben – gleiches gilt bei der Kündigung des Ausbildungsverhältnisses.
Ausbildung abbrechen: Diese Kündigungsfristen gelten
Die Gründe für den Ausbildungsabbruch sind verschieden. Mitunter sind die Bedingungen am Ausbildungsplatz anders als kommuniziert, es kommen private bzw. gesundheitliche Gründe dazwischen oder es ist einfach die falsche Berufswahl. Wenn Sie sich sicher sind, dass Sie die Ausbildung abbrechen möchten, haben Sie folgende Möglichkeiten und Kündigungsfristen:
- Ausbildungsvertrag kündigen während der Probezeit: Kann formlos und ohne Kündigungsgrund eingereicht werden. Die Kündigung Ihrer Ausbildung gilt ohne Frist noch am selben Tag.
- Ausbildungsvertrag kündigen nach bestandener Probezeit: Fristlos kann jetzt nur gekündigt werden, wenn ein schwerwiegender Kündigungsgrund – etwa ein Gesetzesverstoß des Betriebs - vorliegt. Ohne triftigen Grund beträgt die Kündigungsfrist für Azubis bei ordentlicher Kündigung vier Wochen.
Gut zu wissen: Die Probezeit für Auszubildende ist gesetzlich festgelegt. Sie muss mindestens einen Monat und darf maximal vier Monate dauern. Genaue Angaben sollten im Ausbildungsvertrag zu finden sein – falls nicht, gilt die gesetzliche Probezeit von einem Monat.
Die Ausbildung ordentlich kündigen
Während der Probezeit können Sie das Vertragsverhältnis ohne Angabe von Gründen jederzeit unkompliziert kündigen. Beispielsweise, wenn Sie sich mit Ihrem Ausbilder überhaupt nicht verstehen. Innerhalb der Probezeit muss keine Kündigungsfrist eingehalten werden. Anschließend ist eine ordentliche Kündigung nur noch für Sie als Azubi möglich: Laut Gesetz immer dann, wenn Sie Ihre Ausbildung aufgeben oder in eine andere Berufsausbildung wechseln wollen. In diesem Fall müssen Sie die gesetzlich vorgesehene Kündigungsfrist von vier Wochen einhalten.
Die Kündigung ist nur wirksam, wenn Sie schriftlich erfolgt. Auszubildende können allerdings nur selbst kündigen, wenn sie bereits volljährig sind. Bei Minderjährigen muss mindestens ein Erziehungsberechtigter sowohl den Ausbildungsvertrag als auch die Kündigung unterschreiben. Lassen sich Azubis nach Ihrer Kündigung für die restlichen Wochen krankschreiben, kann der Betrieb – sofern Zweifel an der Erkrankung bestehen – unter Umständen das Gehalt einbehalten.
Ordentliche Kündigung eines Auszubildenden durch den Arbeitgeber
Innerhalb der Probezeit muss auch Ihr Ausbildungsbetrieb keine Kündigungsfrist einhalten. Die Kündigung ist nur wirksam, wenn sie schriftlich erfolgt. Nach der Probezeit kann Ihr Arbeitgeber den Ausbildungsvertrag nicht mehr ordentlich kündigen, sondern nur fristlos, sofern dafür ein schwerwiegender Grund vorliegt.
Wie eine Rechtsschutzversicherung Ihnen helfen kann
Haben Eltern eine Rechtsschutzversicherung, gilt diese in der Regel auch für die Kinder bis zum 25. Lebensjahr. Wenn nicht, lohnt der Abschluss einer Arbeitsrechtsschutzversicherung bereits, wenn Sie den ersten Ausbildungsvertrag unterschrieben haben.
Fristlose Kündigung: Ausbildung sofort beenden
Bei der fristlosen Kündigung müssen Sie als Azubi keine Frist einhalten. Sie müssen aber einen schwerwiegenden Grund nachweisen können. Die Kündigung muss auch in diesem Fall schriftlich und unter Nennung der Kündigungsgründe erfolgen. Folgende Kündigungsgründe der Ausbildung wirken umgehend:
5 Gründe für eine fristlose Kündigung als Azubi
- Der Arbeitgeber verstößt häufig gegen das Arbeitszeitgesetz und das Jugendarbeitsschutzgesetz.
- Sie müssen in einem größeren Ausmaß ausbildungsfremde Tätigkeiten ausführen, die nichts mit Ihrem Beruf zu tun haben.
- Es kommt zu Gewalt oder sexuellen Belästigungen am Ausbildungsplatz.
- Sie müssen unbezahlte Überstunden ohne Freizeitausgleich leisten.
- Es ist kein zuständiger Ausbilder benannt oder die Inhalte der Ausbildung werden am Arbeitsplatz nicht oder nur schlecht vermittelt.
Fristlose Kündigung eines Auszubildenden durch den Arbeitgeber
Im Fall einer fristlosen Kündigung eines Auszubildenden muss der Arbeitgeber keine bestimmte Frist einhalten. Er muss allerdings einen schwerwiegenden Grund nachweisen können, warum das Arbeitsverhältnis einseitig aufgehoben werden soll. Die Kündigung muss auch in diesem Fall schriftlich und unter Nennung der Kündigungsgründe erfolgen. Die Einzelheiten dazu sind im Berufsbildungsgesetz geregelt.
Beispielsweise kann der Arbeitgeber Ihnen fristlos kündigen, wenn Sie kontinuierlich betriebliche Anweisungen ignorieren oder Betriebsmittel stehlen. Auch hier gilt: Sind Sie noch minderjährig, muss die Kündigung gegenüber den Erziehungsberechtigten erfolgen.
Aufhebungsvertrag & Ausbildung: Der einvernehmliche Weg zur Kündigung
Der Aufhebungsvertrag stellt für Lehrlinge die einfachste Lösung zum Beenden eines Arbeitsverhältnisses dar. Denn während eine Kündigung grundsätzlich immer einseitig erfolgt, wird die Aufhebung mit beiderseitigem Einverständnis geschlossen. Ein Aufhebungsvertrag hat für Lehrlinge mehrere Vorteile: Auch wenn Sie nicht verpflichtet sind, eine Kündigung im Lebenslauf zu erwähnen, sollten Sie eventuelle Lücken doch erklären. Schließen Sie einen Aufhebungsvertrag ab, wirkt dies auf spätere Arbeitgeber in der Bewerbung weit weniger abschreckend als eine erhaltene oder ausgesprochene Kündigung.
Darüber hinaus sind Sie bei einem Aufhebungsvertrag anders als bei einer Kündigung nicht an Fristen gebunden. Erhalten Sie beispielsweise ein Angebot für einen Ausbildungsplatz in Ihrem absoluten Wunschberuf, den Sie aber schon bald antreten müssen, sollten Sie in jedem Fall mit Ihrem Arbeitgeber sprechen und sich rechtzeitig einigen. In der Regel wird sich der Arbeitgeber diesem Wunsch nicht verweigern.
Haben Sie jedoch noch keine Alternative zur bisherigen Ausbildungsstelle, ist bei einem Aufhebungsvertrag Vorsicht geboten. Durch die Arbeitsagentur wird dies nämlich als freiwillige Aufgabe der Arbeitstätigkeit interpretiert, was sich negativ auf die Leistungen auswirkt. Sie müssen in diesem Fall mit einer Sperrfrist rechnen, bevor Sie Geld bekommen.
Etwas anders sieht die Lage aus, wenn der Arbeitgeber kündigen möchte, Ihnen als Lehrling stattdessen aber einen Aufhebungsvertrag anbietet. Sie sollten darauf achten, dass in diesem Vertrag auf die sonstige – nicht verhaltensbedingte – Kündigung hingewiesen wird. Dann entfällt die drohende Sperrfrist.
Duales Studium kündigen
Wenn Sie Ihr duales Studium abbrechen möchten, müssen Sie dabei zwei Dinge beachten: Zum einen müssen Sie dem Arbeitgeber fristgerecht kündigen und zum anderen müssen Sie sich von der Hochschule exmatrikulieren. Bei dualen Studiengängen ist darüber hinaus zwischen ausbildungsintegrierendem Studium und praxisintegrierendem Studium zu unterscheiden.
- Bei einem ausbildungsintegrierenden dualen Studium schließen Sie – neben der Einschreibung an der Hochschule - einen Ausbildungsvertrag mit dem Ausbildungsbetrieb und gelten als Azubi. Entsprechend gelten auch die gleichen Rechte und Pflichten wie für Azubis.
- Das praxisintegrierende duale Studium verbindet ein Bachelor-Studium mit Praxisphasen im Unternehmen. Je nach Vertrag gelten Sie dort meist als Arbeitnehmer oder Praktikant, schließen also einen Arbeitsvertrag.
Das duale Studium zu beenden, muss nicht zwangsläufig die beste Entscheidung sein. In einigen Fällen macht es Sinn, den Studiengang oder Partnerbetrieb zu wechseln. Diese möglichen Szenarien können bei der Kündigung des dualen Studiums eintreten:
- Studium und Arbeitgeber kündigen: Wer komplett unzufrieden mit Studiengang und Betrieb ist, sollte den Vertrag auflösen und sich an der Hochschule exmatrikulieren. Die Probezeit im Unternehmen beträgt bei einem praxisintegrierenden Studiengang in der Regel drei bis sechs Monate. Während dieser Zeit können Sie mit zweiwöchiger Frist kündigen. Beim ausbildungsintegrierenden Studium beträgt die Probezeit maximal vier Monate und Sie können einfach fristlos kündigen. Nach der Probezeit müssen Sie sich an die geltenden Kündigungsfristen halten. Für eine Exmatrikulation bei der Hochschule gibt es keine Frist.
- Studium abbrechen und Arbeitgeber behalten: Wenn der Studiengang doch nicht der richtige ist, der Betrieb aber schon, sollten Sie das Gespräch mit dem Ausbildungsbetrieb suchen. In einigen Fällen können Sie dann in eine reguläre Ausbildung wechseln. Es kann jedoch sein, dass Ihr Arbeitgeber das Beschäftigungsverhältnis ohne ein Studium nicht wünscht.
- Arbeitgeber kündigen und Studium behalten: Sobald Sie Ihren Arbeits- oder Ausbildungsvertrag kündigen, entfällt die Übernahme der Studiengebühren vonseiten des Arbeitgebers. Das Studium kann in der Regel – unter Voraussetzung eines neuen Partnerbetriebs – fortgesetzt werden.
Vorsicht: Wer seinem Ausbildungsbetrieb während des dualen Studiums kündigt, muss möglicherweise die angefallenen Studienkosten an selbigen zurückzahlen.
Ausbildungsvertrag kündigen vor Antritt
Im Normalfall können Sie Ihren Ausbildungsplatz auch dann kündigen, wenn Sie ihn noch gar nicht angetreten haben, sofern keine abweichende Regelung im Ausbildungsvertrag getroffen wurde. Ein Rücktritt vom Lehrvertrag vor Beginn der Ausbildung kommt etwa dann infrage, wenn Sie sich auf verschiedene Ausbildungsstellen beworben haben oder zu einem späteren Zeitpunkt doch noch einen Platz in Ihrem eigentlichen Wunschberuf erhalten haben. Informieren Sie in diesem Fall fairerweise den Ausbildungsbetrieb schnellstmöglich, damit jemand für Sie nachrücken kann.
Gut zu wissen: Etwaige Klauseln in Ausbildungsverträgen, die von angehenden Azubis eine Kostenerstattung bei Rücktritt verlangen, sind nicht rechtskräftig. Somit können Sie problemlos den Ausbildungsvertrag kündigen – auch vor Antritt.
Ausbildung gekündigt: Was nun?
Sobald Sie Ihren Ausbildungsvertrag kündigen, gilt es bestimmte Dinge zu erledigen. So sollten Sie zum Beispiel trotz frühzeitigen Beendens Ihre Ansprüche geltend machen. Auch wenn Sie die Ausbildung selbst abgebrochen haben, steht Ihnen ein faires Arbeitszeugnis für künftige Bewerbungen zu. Auch die Vergütung bis zum letzten Arbeitstag und möglicher Resturlaub dürfen seitens des Ausbildungsbetriebs nicht unter den Tisch fallen.
Auch ist es wichtig, dass Sie sich frühzeitig Gedanken machen, wenn Sie Ihre Ausbildung abbrechen, was dann geschieht:
- Beim Arbeitsamt melden: Falls Sie nicht direkt eine neue Ausbildung, ein Studium oder einen Job antreten, müssen Sie sich umgehend arbeitslos melden. Anspruch auf Arbeitslosengeld besteht jedoch nur, wenn Sie mindestens zwölf Monate in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt haben. Wer seine Ausbildung selbst abbricht, dem droht zudem eine dreimonatige Sperre vom Arbeitslosengeld.
- Neuer Ausbildungsplatz: Egal ob Sie im Beruf bleiben oder den Beruf wechseln wollen: In jedem Fall müssen Sie sich neu bewerben. Überprüfen Sie, ob Ihre Unterlagen noch auf dem aktuellen Stand sind. Beispielsweise können Sie bereits Gelerntes nun in Ihrem Lebenslauf ergänzen, um bessere Chancen bei einer anderen Ausbildung zu haben.
- Studium: Eine abgebrochene Ausbildung ist nicht das Ende der persönlichen Karriere – im Gegenteil. Es ermöglicht Ihnen, sich noch mal neu zu orientieren. Entscheiden Sie sich nun für ein Studium, setzt dies (mindestens) die Fachhochschulreife voraus. Falls Sie diese noch nicht haben, aber gerne studieren möchten, gibt es viele Möglichkeiten zum Nachholen.
Suche nach Ausbildungsplatz zählt für Rente
Wenn Sie nach einem Ausbildungsplatz oder einem neuen Ausbildungsplatz suchen, sollten Sie sich für die Zeit der Suche bei der Agentur für Arbeit "ausbildungssuchend" melden. Denn dann gilt die Zeit der Ausbildungsplatzsuche in der gesetzlichen Rentenversicherung als so genannte Anrechnungszeit. Das sind Zeiten, in denen zwar keine Beiträge in die Rentenkasse eingezahlt werden, die aber für die spätere Rente angerechnet werden. Diesen Vorteil nutzen können junge Menschen zwischen 17 und 25 Jahren. Voraussetzung: Die Suche muss mindestens einen Kalendermonat dauern. Über 25-Jährige können sich die Zeit der Suche anrechnen lassen, wenn sie vorher bereits Beiträge in die Rentenkasse eingezahlt haben, indem sie sozialversicherungspflichtig beschäftigt oder selbstständig gewesen sind.
Alternativen zur Kündigung der Ausbildung
Sie sind eigentlich glücklich mit dem gewählten Ausbildungsberuf, etwas stimmt aber trotzdem nicht? Mitunter haben Sie das Gefühl, dass der Betrieb Ihnen zu viel oder gar zu wenig zutraut und Sie deswegen über- bzw. unterfordert sind? In einigen Fällen geraten Azubis mit ihren Vorgesetzten auf persönlicher Ebene aneinander und fühlen sich schlichtweg unwohl bei der Arbeit. Egal ob man von Ihnen unberechtigterweise Überstunden verlangt oder Sie mit dem Team nicht zurechtkommen: Lassen Sie sich die Ausbildung nicht kaputtmachen!
Je nach Betrieb gibt es spezielle Beauftragte für Auszubildende, die Sie bei diversen Anliegen kontaktieren können. Suchen Sie das Gespräch mit der Jugend- und Ausbildungsvertretung (JAV) bevor Sie Ihren Ausbildungsvertrag kündigen. Hier unterstützt man Sie dabei, die Probleme zu lösen.
Manchmal hilft bereits ein regelmäßiges Mitarbeitergespräch dabei, Differenzen gar nicht erst zu Problemen werden zu lassen. Der beste Weg für eine angenehme und faire Arbeitsatmosphäre ist Ehrlichkeit und eine offene Kommunikation. Die Kündigung Ihrer Ausbildung sollte das letzte Mittel sein.
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