Pflegeleistungen beantragen
Sie möchten Leistungen beantragen? Wir sagen Ihnen Schritt für Schritt, wie das funktioniert.
13.06.2024
Was ist eigentlich Pflegebedürftigkeit?
Ganz einfach gesagt, ist ein Mensch pflegebedürftig, wenn er für mindestens 6 Monate oder dauerhaft Hilfe von anderen braucht. Ein Pflegebedürftiger hat körperliche, kognitive oder psychische Beeinträchtigungen oder gesundheitliche Belastungen, die er alleine nicht bewältigen kann. Gut zu wissen: Wer nur für kurze Zeit Hilfe braucht, beispielsweise aufgrund eines Unfalls, gilt offiziell nicht als pflegebedürftig und erhält keinen Pflegegrad.
Wie wird Pflegebedürftigkeit festgestellt?
Den Grad der Pflegebedürftigkeit beurteilt ein Gutachter des medizinischen Dienstes der privaten Krankenversicherungen „Medicproof“ bei einer Begutachtung vor Ort. Seine Einschätzung mündet in einem sogenannten Pflegegrad, der die Grundlage für die Leistung der Pflegeversicherung ist. Geprüft wird, wie selbstständig Sie im Alltag sind, also welche gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Abläufe Sie nicht mehr selbstständig allein bewältigen können.
Anhand eines Punktesystems prüft der Gutachter Ihren Bedarf in sechs verschiedenen Lebensbereichen. Immer die Frage im Blick: Wie selbstständig können Sie Ihren Alltag noch bewältigen?
Auf diese sechs Lebensbereiche kommt es bei der Begutachtung an
- Mobilität
- Kognitive und kommunikative Fähigkeiten
- Verhaltensweisen und psychische Problemlagen
- Selbstversorgung
- Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte
- Bewältigung von und selbstständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen oder Belastungen
Mehr Informationen zu den sechs Lebensbereichen finden Sie hier.
Was sind Pflegegrade?
Das Ausmaß der Pflegebedürftigkeit wird in fünf Pflegegraden abgebildet. Entscheidend für die Einstufung in einen Pflegegrad ist der Grad der Selbstständigkeit. Der Pflegegrad und somit auch die zur Verfügung stehenden Leistungen der Pflegeversicherung steigen, je geringer die Selbstständigkeit ist.
Bei der Einstufung fragt ein Gutachter Kriterien zu sechs Lebensbereichen ab. Je nach Schwere Ihrer Beeinträchtigung wird anhand einer Punkte-Skala Ihr persönlicher Pflegegrad ermittelt.
Die fünf Pflegegrade
- Pflegegrad 1: Leichter Pflegefall Geistige und körperliche Fitness sind gegeben. Patient ist geringfügig auf Unterstützung angewiesen.
- Pflegegrad 2: Mittlerer Pflegefall Die Selbstständigkeit ist erheblich eingeschränkt, z. B. durch eingeschränkte Mobilität oder verminderte geistige Fähigkeiten.
- Pflegegrad 3: Mittelschwerer Pflegefall Die Alltagskompetenz ist eingeschränkt, z. B. durch Demenz oder schwere motorische Beeinträchtigungen.
- Pflegegrad 4: Schwerer Pflegefall Die Alltags-Kompetenz ist stark eingeschränkt. Z. B. ist Pflege rund um die Uhr aufgrund fortgeschrittener Demenz ist nötig.
- Pflegegrad 5: Sehr schwerer Pflegefall An die pflegerische Versorgung werden besondere Anforderungen gestellt, darunter auch Grundpflege und Bettlägerigkeit.
Mehr Informationen zu den Pflegegeraden gibt es hier.
Wie beantrage ich Pflege?
Haben Sie das Gefühl, Sie selbst oder ein Angehöriger braucht Unterstützung bei der Pflege? Dann ist es an der Zeit, Leistungen aus der Pflegeversicherung zu beantragen. Wir sagen Ihnen Schritt für Schritt, wie das funktioniert.
Sie möchten einen Pflegegrad beantragen? Sie haben mit Ihrem Arzt gesprochen? Er unterstützt Sie, die bestmögliche Versorgung zu erhalten. Es kann hilfreich sein, alles zusammenstellen, was Ihren Pflegebedarf belegt – Arztbriefe, Befunde und Ihren Medikamentenplan. Liegen Sie bereits im Krankenhaus, fragen Sie den Sozialdienst nach Hilfe bei den Formalitäten.
Wir empfehlen Ihnen, sich unverbindlich beraten zu lassen. Zum Beispiel bei compass Private Pflegeberatung als neutrale, unabhängige und kostenlose Anlaufstelle:
0800 - 101 88 00.
Laden Sie das Formular zur Beantragung von Pflegeleistungen runter. Füllen Sie es vollständig aus und senden Sie es uns unterschrieben zurück ‒ postalisch oder digital über die ARAG GesundheitsApp. (Die Adresse für den Postversand finden Sie im Formular.)
Wir beauftragen Medicproof, den medizinischen Dienst der privaten Krankenversicherungen, mit einer Begutachtung. Ein Gutachter schlägt Ihnen telefonisch oder schriftlich einen Termin vor und besucht Sie dann zu Hause. Unter bestimmten Voraussetzungen kann das auch ein Telefontermin sein. Es wird dann ein Pflegegutachten erstellt.
Unser Tipp: Holen Sie sich für den Tag der Begutachtung Unterstützung von einer Ihrer Pflegepersonen oder Ihres Pflegedienstes. Bei der Vorbereitung hilft auch das folgende Pflegeprotokoll:
Wir informieren Sie über die Entscheidung in der Regel innerhalb von 25 Arbeitstagen nach der Antragsstellung.Sollten Sie inzwischen schon Pflege benötigen, sammeln Sie unbedingt die Belege über die Kosten. Fällt das Gutachten positiv aus, erstatten wir das Geld. Lehnen wir Ihre Einstufung oder Höherstufung ab, haben Sie vier Wochen Zeit für einen Widerspruch.
Wie können Sie Widerspruch einlegen?
Sie sind mit der Entscheidung des medizinischen Dienstes nicht einverstanden? Der Pflegebedarf wurde Ihrer Meinung nach nicht korrekt erfasst? Innerhalb eines Monats nach Erhalt des Gutachtens können Sie einen schriftlichen Widerspruch einreichen. Wir empfehlen, hierbei aussagekräftige Unterlagen und gegebenenfalls ärztliche Berichte einzureichen. Wir werden dann den medizinischen Dienst mit einer zweiten Begutachtung beauftragen.
Was tun, wenn Sie mehr Pflege benötigen?
Ihr Pflegebedarf kann sich im Laufe der Zeit verändern. Nehmen Ihre Fähigkeiten weiter ab und verringert sich Ihre Selbstständigkeit, sollten Sie bei uns eine Höherstufung Ihres Pflegegrades beantragen. Wir beauftragen dann im Rahmen einer erneuten Untersuchung ein neues Pflegegutachten.
Wie läuft die Begutachtung ab und wie kann ich mich vorbereiten?
Sobald uns Ihre Antragsunterlagen vorliegen, beauftragen wir Medicproof, den medizinischen Dienst, mit einem Besuch bei Ihnen zu Hause oder im Pflegeheim. Die Begutachtung kann auch telefonisch stattfinden. Der Gutachter vereinbart hierzu vorher einen Termin mit Ihnen oder einem Ansprechpartner. Er ermittelt bei der Untersuchung den individuellen Grad der Beeinträchtigung und erstellt ein Gutachten. Eine Kopie des Gutachtens erhalten Sie mit unserer Leistungszusage.
Weitere Information zur Begutachtung
Noch mehr Wissenswertes zum Begutachtungsverfahren lesen Sie hier.
Welche Pflegeleistungen gibt es in der häuslichen Pflege?
Pflegegeld
Ein Anspruch auf Pflegegeld besteht, wenn Ihre Pflege durch Verwandte, Bekannte oder nicht erwerbsmäßig tätige Pflegepersonen sichergestellt wird. Auch bei einer ausländischen Pflegefachkraft können Sie mit dem Pflegegeld unterstützt werden.
Pflegegrad |
Pflegegeld für häusliche Pflege |
---|---|
Pflegegrad 1 | – |
Pflegegrad 2 | 332 € |
Pflegegrad 3 | 573 € |
Pflegegrad 4 | 765 € |
Pflegegrad 5 | 947 € |
Pflegesachleistung
Pflegesachleistungen (zum Beispiel für die pflegerische Betreuung und/oder die Körperpflege) können bei nachgewiesenen Kosten eines ambulanten Pflegedienstes zur Verfügung gestellt werden.
Pflegegrad |
Pflegesachleistungen für häusliche Pflege |
---|---|
Pflegegrad 1 | – |
Pflegegrad 2 | 761 € |
Pflegegrad 3 | 1.432 € |
Pflegegrad 4 | 1.778 € |
Pflegegrad 5 | 2.200 € |
Kombinationsleistung
Eine Kombinationsleistung wird in Anspruch genommen, wenn Pflegegeld und Pflegesachleistung miteinander kombiniert werden
Beratungseinsatz
Pflegegeldempfänger sind verpflichtet, in regelmäßigen Abständen eine Beratung durch einen anerkannten Pflegedienst oder die compass Pflegeberatung in Anspruch zu nehmen. Bei Pflegebedürftigen mit Pflegegrad 2 und 3 muss die Beratung halbjährlich und bei Pflegegrad 4 und 5 vierteljährlich erfolgen.
Teilstationäre Pflege
Unter der Tages- und Nachtpflege (teilstationäre Pflege) versteht man die zeitweise Betreuung in einer Pflegeeinrichtung. Diese Leistung kann neben dem Pflegegeld bzw. der Pflegesachleistung in vollem Umfang in Anspruch genommen werden.
Entlastungsbetrag
Pflegebedürftige in häuslicher Umgebung können zur Unterstützung einen Entlastungsbetrag in Anspruch nehmen, z.B. für Hilfe bei der hauswirtschaftlichen Versorgung oder Begleitdienste.
Verhinderungspflege
Der Pflegeperson wird durch die Verhinderungspflege die Möglichkeit gegeben, sich eine Auszeit von der Pflegetätigkeit zu nehmen, z.B. bei Urlaub, Krankheit oder Arztbesuchen.
Kurzzeitpflege
Viele Pflegebedürftige sind nur für eine begrenzte Zeit auf Pflege in einer Einrichtung angewiesen. Die Kurzzeitpflege kann insbesondere zur Bewältigung von Krisensituationen bei der häuslichen Pflege oder übergangsweise im Anschluss an einen Krankenhausaufenthalt in Anspruch genommen werden.
Wohngruppenzuschlag
In ambulant betreuten Wohngruppen soll das Zusammenleben von Pflegebedürftigen so organisiert werden, dass vollstationäre Pflege vermieden werden kann. Die Bewohnerinnen und Bewohner einer Wohngemeinschaft leben in eigenen Zimmern, in die sie sich jederzeit zurückziehen können, haben zugleich aber auch die Möglichkeit, in Gemeinschaftsräumen gemeinsame Aktivitäten durchzuführen, wie beispielsweise zusammen kochen und essen. Es wird so viel Hilfe wie notwendig geleistet, aber im Vordergrund steht der Erhalt der Selbstständigkeit.
Pflegehilfsmittel
Die Verwendung von Pflegehilfsmitteln im Bereich der häuslichen Pflege, die vorrangig leihweise zur Verfügung gestellt werden, muss der Gutachter oder eine Pflegefachkraft vorab befürworten. Nach einem positiven Bescheid können wir die Hilfsmittelversorgung über unseren Kooperationspartner organisieren. Kontaktieren uns einfach unter 089 4124 8300.
Um Zuzahlungen zu vermeiden: Bitte kaufen oder mieten Sie Pflegehilfsmittel nicht selbst bzw. ohne Rücksprache mit uns.
Wohnumfeldverbesserung
Pflegebedürftige haben einen Anspruch auf diesen Zuschuss, damit die Pflege in häuslicher Umgebung ermöglicht werden kann oder um eine möglichst selbständige Lebensführung wiederherzustellen. Dazu gehören zum Beispiel Türschwellenentfernungen oder der Umbau des Badezimmers. Die Wohnumfeldverbesserung muss durch Medicproof befürwortet werden.
Welche Pflegeleistungen gibt es in der stationären Pflege?
Die pflegebedürftige Person ist dauerhaft in einer zugelassenen stationären Pflegeeinrichtung untergebracht.
Pflegegrade |
Leistungen bei stationärer Pflege |
---|---|
Pflegegrad 1 | 125 € |
Pflegegrad 2 | 770 € |
Pflegegrad 3 | 1.262 € |
Pflegegrad 4 | 1.775 € |
Pflegegrad 5 | 2.005 € |
Hilfe für Menschen mit einer Behinderung in einer vollstationären Einrichtung
Einrichtungen für Menschen mit Behinderung sind ebenfalls vollstationäre Einrichtungen und werden von der Pflegepflichtversicherung bezuschusst.
So werden pflegende Angehörige unterstützt
Die Pflege von Angehörigen kann emotional und körperlich kräftezehrend werden. Nehmen Sie Hilfen an. Hier finden Sie und pflegende Angehörige nützliche Informationen:
Renten- und Arbeitslosenversicherung für Pflegepersonen
Viele Pflegepersonen müssen aufgrund ihrer Pflegetätigkeit die bisherige Erwerbstätigkeit reduzieren oder gar aufgeben. Wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, beteiligen wir uns an der Rentenversicherungszahlung.
- Der Pflegeaufwand wurde bereits bei einer Begutachtung geschätzt.
- Sie dürfen neben Ihrer Pflegetätigkeit höchstens 30 Stunden wöchentlich beschäftigt oder selbstständig erwerbstätig sein.
- Sie müssen die pflegebedürftige Person an mindestens zwei Tagen in der Woche insgesamt wenigstens zehn Stunden in der häuslichen Umgebung pflegen.
Pflegezeit für Pflegepersonen
Die Pflegezeit soll Arbeitnehmern gestatten, sich für eine begrenzte Zeit (höchstens sechs Monate) von der Arbeit freistellen zu lassen oder in Teilzeit zu arbeiten, um Angehörige zu pflegen, ohne dadurch den Arbeitsplatz zu gefährden. Wir zahlen für diese Zeit Zuschüsse zur Kranken- und Pflegepflichtversicherung sowie Beiträge zur Arbeitslosenversicherung. Für nähere Informationen kontaktieren Sie uns bitte unter 089 4124 8300.
Pflegeunterstützungsgeld für Pflegepersonen
Wir zahlen ein Pflegeunterstützungsgeld als Lohnersatzleistung für eine zehntägige unbezahlte Freistellung vom Beruf für die Organisation und Pflege eines Angehörigen. Für nähere Informationen kontaktieren Sie uns bitte unter 089 4124 8300.
Noch mehr nützliche Informationen für Angehörige
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