Mangelware: Nacherfüllung, Rücktritt oder Selbstvornahme
Wie gewissenhaft Sie Ihre Waren auch auswählen oder fertigen: Es kann immer mal vorkommen, dass ein Produkt mit einem Mangel beim Kunden landet. Wie Sie dann vorgehen sollten.
04.05.2015 • 4 min Lesezeit
Ihr Kunde beklagt sich über den Flat-Screen, den er bei Ihnen gekauft hat und der keinen Ton ausspuckt. Definitiv ein Mangel. Doch was können oder müssen Sie in diesem Fall tun? Den Kunden zum Hersteller schicken? Das Gerät umtauschen? Das Geld zurückgeben? Wir verraten es Ihnen!
Eine Sache wird als mangelhaft bezeichnet, wenn sie nicht die vertraglich vereinbarte Beschaffenheit aufweist oder sich nicht für die vertraglich vorausgesetzte Verwendung eignet. Das ist in dem genannten Beispiel der Fall, aber auch, wenn sich beispielsweise die als wasserfest angepriesene Tapete beim Abwischen auflöst oder sich eine als Schlafsofa ausgewiesene Couch nicht ausziehen lässt.
Die fehlerhafte Montage durch den Verkäufer oder die mangelhafte Montageanleitung stellt ebenfalls einen Mangel dar – einen Sachmangel, auch bekannt als „Ikea-Klausel“.
Für Ihren Kunden sind Sie der verantwortliche Ansprechpartner – einen Verweis auf den Hersteller muss er nicht akzeptieren. Und zwar selbst dann nicht, wenn gegenüber dem Hersteller ein vertraglich eingeräumter selbständiger Garantieanspruch besteht.
Im Schadensfall
Kommt Ihr Kunde durch den Mangel jedoch zu Schaden – an Leben, Körper, Gesundheit oder anderen Sachen des Kunden außer dem fehlerhaften Produkt selbst – kann eine Prüfung ergeben, dass das Produkt an sich fehlerhaft ist. Es also nicht die Sicherheit bietet, die berechtigterweise erwartet werden kann. Damit kommt nach dem Produkthaftungsgesetz (ProdHaftG) der Hersteller in die Pflicht.
Verbrennt das neue Bügeleisen das teure Lieblingshemd, weil es einfach zu heiß wird, kann der leidtragende Käufer obendrein Schadensersatz verlangen. Dazu ist er berechtigt er, wenn es sich um einen nicht unerheblichen Mangel handelt, der den Schaden verursachte.
Unerheblich bedeutet, dass der Mangel optisch kaum wahrnehmbar und die Kaufsache uneingeschränkt gebrauchstauglich ist – was sie in diesem Fall nicht ist. Sie haften jedoch nur, wenn nachgewiesen werden kann, dass Sie den Schaden vorsätzlich oder fahrlässig, also ohne Einhaltung der erforderlichen Sorgfalt, verschuldet haben.
Hat Ihr Kunde außerdem Aufwendungen gehabt, die sich durch den Mangel an der Sache als vergeblich erwiesen, kann er diese ebenfalls zurückverlangen. Das können zum Beispiel die Kosten einer nutzlos gewordenen Finanzierung sein oder Frachtkosten und Zölle für die Einfuhr des Produkts. Dieser Anspruch besteht aber auch hier nur dann, wenn Sie nachgewiesen schuldhaft gehandelt haben.
Der Kunde teilt Ihnen mit, dass die gekaufte Sache Mängel aufweist.
Er setzt Ihnen eine angemessene Frist zur Nacherfüllung des Kaufvertrags – auf Ihre Kosten. Dabei kann er zwischen Neulieferung und Reparatur wählen. Diese Wahl ist bindend.
Sie können die gewählte Form der Nacherfüllung nur dann ablehnen und die andere wählen, wenn Sie den Kundenwunsch nur mit unverhältnismäßig hohen Kosten erfüllen könnten. So zum Beispiel, wenn die Reparaturkosten den Wert der Sache übersteigen. Bei einer Falschlieferung hingegen kann der Käufer bei rechtzeitigem Erkennen die Annahme verweigern und die Lieferung der bestellten Sache verlangen.
Setzen Sie die Nacherfüllung am Wohnsitz Ihres Kunden um – dort, wo sich der Kaufgegenstand mit Mangel befindet. Wenn er Ihnen die defekte Sache zusenden muss, etwa wegen einer Reparatur in Ihrer Werkstatt, tragen Sie die Versandkosten. Auch ein Gutachten, das klärt, wer für den Mangel verantwortlich ist, müssen Sie nach § 439 Abs. 2 BGB zahlen.
Rücktritt: Frist versäumen kann teuer werden
Tritt der Kunde zu Recht vom Kaufvertrag zurück, sollten Sie die vom Käufer gesetzte Frist zur Rückzahlung nicht versäumen. Sie würden sonst in Verzug geraten und Ihrem Kunden den dadurch entstandenen Verzugsschaden ersetzen müssen. Anwaltskosten beispielsweise, die im Zusammenhang mit der Durchsetzung des Rücktritts entstehen. Im Gegenzug ist der Käufer verpflichtet, Ihnen den erhaltenen Gegenstand herauszugeben. Für die durch die Nutzung eingetretene Verschlechterung der Kaufsache und den gezogenen Nutzen können Sie jedoch Wertersatz vom Kunden verlangen – sofern er den Gegenstand überhaupt nutzen konnte und dies auch übermäßig getan hat.
Selbstvornahme durch den Kunde
Handelt es sich nicht um einen Kauf-, sondern einen Werkvertrag – die Auftragsanfertigung eines Tisches zum Beispiel – hat der Käufer nach § 637 BGB alternativ das Recht auf Selbstvornahme. Hier gilt ähnliches wie beim Rücktritt: Die Reparatur kann Ihr Kunde selbst vornehmen, wenn Sie die Frist zur Nacherfüllung ungenutzt verstreichen lassen, eine Nacherfüllung für ihn unzumutbar ist oder die Nachbesserungsversuche erfolglos bleiben. Lässt der Kunde den Mangel durch einen Dritten beheben, kann er von Ihnen Ersatz für die dafür getätigten Aufwendungen verlangen.
So wie ein Kunde vom Kaufvertrag zurücktreten kann ...
... kann er auch den Werkvertrag mit Ihnen kündigen. Wenn etwa Ihre Anfertigung teurer wird als im Kostenvoranschlag angegeben. Der Kostenvoranschlag ist zwar grundsätzlich unverbindlich, doch wenn für Sie absehbar ist, dass die Kosten die zuvor genannte Summe maßgeblich überschreiten werden, müssen Sie Ihren Kunden unverzüglich informieren. Dieser entscheidet dann, die höheren Kosten entweder zu genehmigen oder eben den Vertrag zu kündigen. In diesem Fall muss er nur das zahlen, was Sie bis dahin geleistet haben. Sie dürfen somit ohne Ankündigung nicht unbegrenzt vom Kostenvoranschlag abweichen – als akzeptabel werden allgemeinhin 10 bis 20 Prozent erachtet.
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